wurde er beliebt. Niemand verstand es wie er, das Programm für einen vergnügten Abend zu entwerfen; es gab keine Gesellschaft ohne ihn. Im Theater hatte er ganz selbstverständlich die Leitung übernommen, er wurde Regisseur und Hauptdarsteller, sodass er Fronas Partner werden musste.
Corliss kam einmal zu einer Probe; er war müde von einer Schlittenreise und blieb nicht lange. Vielleicht ärgerte es ihn auch, zu sehen, wie ihre Rollen die beiden zwangen, sich immer wieder zu umarmen. Die betreffende Szene war so schwierig, dass Gregory sie ein halbes dutzendmal wiederholen ließ. Jedenfalls kam Corliss nie wieder zu einer Probe.
Corliss hatte sehr viel Arbeit. Wenn er Geselligkeit suchte, tat er sich jetzt mit Jacob Welse und Oberst Trethaway zusammen. Er lernte ununterbrochen, auf seinen Schlitten reisend und im Gespräch mit den bewährten Pionieren, denn er hatte herausgefunden, dass sein ganzes Wissen bisher Theorie war. Seine große Gründung, an der Jacob Welse sich auch mit einigen Millionen beteiligte, bedingte praktische Grundlagen. Corliss wunderte sich selbst, dass es in London Leute gab, die ihm eine so verantwortliche Aufgabe und große Kapitalien anvertraut hatten, ehe er noch eine Ahnung gehabt, um was es sich eigentlich handelte.
»Sie haben Protektion, mein Junge!« lachte Trethaway. »Protektion ist ganz gut für den Anfang. Aber jetzt sollen die Kerls auch merken, dass Sie wirklich was leisten.«
Del Bishops Aufgabe bestand darin, nach den Anordnungen seines Chefs die verschiedenen Flüsse zu bereisen, wozu ihm die beste Ausrüstung und ein prachtvolles Hundegespann zur Verfügung standen. Er war ein hervorragender Kundschafter, aber vor allem vergaß er über den Interessen der Gesellschaft nicht, für sich privat Ausschau nach neuen Fundstellen zu halten. Sein Wissen sollte ihm zustatten kommen, wenn er im Sommer wieder auf eigene Faust auf die Goldsuche ging.
Frona hörte über Corliss nur das Beste. Dass er ein tüchtiger Arbeitgeber, ein unermüdliches Vorbild für seine Leute war, dass man in seinem Dienst entweder kräftiger und männlicher wurde oder ihn schimpfend verließ. Sie freute sich darüber, aber ihre ganze Zeit nahm Gregory St. Vincent allmählich in Anspruch. Anfangs hatte sie manchmal an seiner Wahrheitsliebe gezweifelt, aber jeder, der selbst von der Welt etwas gesehen hatte, musste zugeben, dass seine wunderbaren Berichte den Tatsachen entsprachen. Es gab Leute, die sich deutlich erinnerten, mit welch ungeheurem Aufsehen die zivilisierte Welt Gregory begrüßt hatte, als er der Gefangenschaft der Hirschmenschen entflohen war.
Dass Corliss Fronas neuen Freund ablehnte, war offensichtlich. Es gab noch ein paar andere Herren, die nichts von ihm wissen wollten. Aber von der Massenprügelei im Wirtshaus, bei der sie Misstrauen gegen den Welterforscher gefasst hatten, wurde nie gesprochen, und so erfuhr Frona nicht, was man gegen Gregory hatte. Einmal aber, als Corliss mit anhören musste, wie Gregory als ein zweiter Achill gepriesen wurde, wurde er so gereizt, dass ihm ein Wort über den Boxabend entfuhr. Es tat ihm sofort leid, sein Temperament war mit ihm durchgegangen, aber Frona schien gar nicht überrascht.
»Ich weiß«, sagte sie, »Herr Dr. St. Vincent hat mir davon erzählt. Sie und Oberst Trethaway, Sie sind ihm sehr tapfer zur Seite getreten. Ich kann sagen, dass er Ihnen dankbar ist.«
Corliss machte eine abwehrende Bewegung.
»Nein, nein, Vance, nach dem, was er sagte, müssen Sie sich fabelhaft benommen haben. Ich bin stolz auf Sie. Schade, dass ich kein Mann bin, da wäre ich gern dabei gewesen!«
Fronas Augen funkelten: »Und er selbst, Vincent? Hat er sich gut geschlagen?«
»Ach, ich glaube, sehr ehrenvoll … Eigentlich hatte ich zu viel mit mir zu tun, um auf die anderen zu achten.«
»Er ist so bescheiden, er erzählt nie von der Rolle, die er selbst gespielt hat. Aber man kann sich das ja alles vorstellen«, schloss Frona das Gespräch.
*
»Stellen Sie sich jetzt einmal so ein dickes, blutiges, ganz scharf gebratenes Beefsteak vor, natürlich in Butter gebraten, mit Zwiebeln und ganz fein geschnittenen Kartoffeln, Herr Corliss«, träumte Bishop im Zelt, das nach Petroleum und Speck stank. »Dazu – na, sagen wir, eine Flasche Porter und eine Flasche Ale, in einem Humpen zusammengemischt. Im Hintergrund – natürlich müssen Sie sich dann auch einen Speisesaal mit roten Plüschmöbeln denken –, im Hintergrund eine richtige Musik mit Schlagzeug und Blechinstrumenten. Und dann so was Weiches, Duftiges in Ihrer Nähe, so, was man ein richtiges Weib nennt … mit dicken Beinen, aber nicht zu dick, – also stellen Sie sich das vor. – Der Busen etwa so …«
»Und jetzt denken Sie, dass ich gar nicht weit von all dem bin. Nächsten Herbst spätestens will ich mir das in San Franzisko zu Gemüte führen, aber nicht einmal, sondern vier Wochen lang jeden Abend, meinetwegen auch in New York. Dann gehen wir zusammen ins Theater, und was dann kommt, das können Sie sich ruhig auch vorstellen. Und was es kostet, danach frag’ ich den Teufel.«
»Dann wird das Geld bald zu Ende sein, und Sie können wieder Gold suchen.«
»Das werden Sie nicht erleben!« grunzte Bishop. »Vorher hab’ ich mir natürlich meine Obstfarm in Südkalifornien gekauft und damit das Kapital in Sicherheit gebracht. Eine Prachtfarm habe ich schon lange auf dem Kieker. So an 40 000 Dollars werde ich wohl reinstecken müssen. Mit diesen beiden Händchen wird hienieden keine Arbeit mehr angefasst, das kann ich Ihnen schwören. Dazu hab’ ich meinen Verwalter und meine zwei Dutzend Knechte …, ich bin der Herr Chef, und wenn’s mal nicht ordentlich geht, dann können die Lümmels was erleben. Im Stall hab’ ich ein paar Gäule stehen, aber was für Gäule! Aus Stahl, und die Haut so zart wie Kinderpopos. Wenn mich die Unruhe packt, das Goldfieber soll ja nie ganz aufhören in einem Menschen, der einmal gegraben hat, dann werfe ich ihnen Sattel und Gepäck auf, und heidi, geht’s los!«
»Und wie denken Sie sich das Zuhause?«
»Das Gutshaus steht schon auf meiner Farm. Wicken und Kresse an den Mauern und davor ein Gemüsegärtchen, man kann schon sagen ein Gemüsepark. Da habe ich vorhin was vergessen, wie wir vom Beefsteak sprachen, na, das können wir ja nachholen. Also, denken Sie sich auch noch Spinat, Tomaten, Spargel, Karotten, Gurken, wissen Sie, auch alles in Butter und mit so ganz hellen Farben, das Rot, das Gelb, das Grün … das kommt gleich nach dem Gebratenen. Wie schmeckt der Speck, Herr Corliss? Das Gewisse, das Weiche und Runde, wissen Sie – das in San Franzisko –, das hab’ ich natürlich dort gelassen. In meinem Haus ist auch so was, nicht ganz so parfümiert und überhaupt mehr solid. Bei mir zu Hause muss es ordentlich zugehn, die Frau muss auch zugreifen, wissen Sie. Aber nachts ist es dann doch ganz schön