an war der Kampf ein Orkan, und Glendon hatte Mühe zu vermeiden, dass er ernstlich getroffen wurde. Er blockte, clinchte, duckte sich und tanzte seitwärts, wurde rückwärts gegen die Seile gestoßen und begegnete, als er wieder vorrückte, neuen wilden Attacken.
Mehr als einmal sah er, dass Powers sich eine Blöße gab, aber er unterließ es, den Blitz zu schleudern, der seinen Gegner niedergestreckt hätte. Er hielt den Schlag zurück in der Absicht, ihn erst zwei Runden später auszuteilen. Während des ganzen Kampfes hatte er noch nicht ein einziges Mal gezeigt, was er konnte, oder mit seiner ganzen Kraft geschlagen.
Zwei Minuten lang ließ Powers unaufhörlich seine Schmiedehammerfäuste auf ihn niederprasseln. Noch eine Minute, und das Wettsyndikat hatte eine empfindliche Niederlage erlitten!
Aber der Kampf sollte nicht bis zum Ende dieser Minute dauern.
Sie standen mitten im Ring, in einem ganz gewöhnlichen Clinch, nur dass Powers immer noch auf seine brutale Art und Weise auf ihn losschlug. Glendon führte einen leichten Schlag mit dem gebeugten linken Arm seitwärts gegen das Gesicht seines Gegners, einen Schlag, wie er ihn ähnlich schon mehrmals im Laufe des Kampfes erteilt hatte.
Da merkte er zu seinem Erstaunen, dass Powers in seinen Armen erschlaffte. Die Beine vermochten das Gewicht des Mannes nicht mehr zu tragen, und er sank, wie von einer schweren Last niedergedrückt, zu Boden.
Er fiel schwer auf den Boden, rollte halb auf die Seite und blieb unbeweglich und mit geschlossenen Augen liegen.
Der Schiedsrichter beugte sich über ihn und zählte. Bei »neun« durchfuhr ein Zittern den Körper Powers, und es hatte den Anschein, als versuche er vergebens, wieder auf die Füße zu kommen. »Zehn – aus!« rief der Schiedsrichter.
Er ergriff die Hand Glendons und hob sie hoch, um dem tosenden Publikum zu zeigen, dass er der Sieger war.
Zum ersten Mal in seinem Leben stand Glendon ganz betäubt im Ring.
Es war kein entscheidender Schlag gewesen, darauf hätte er seinen Kopf setzen können. Der Schlag hatte nicht einmal das Kinn, sondern nur die Backe getroffen, er konnte genau die Stelle angeben. Und doch war der Mann erledigt.
Er hatte eine schändliche Komödie aufgeführt und war ausgezählt worden. Wie er zu Boden gegangen war, das hatte er meisterhaft und überzeugend gemacht. Für das Publikum gab es keinen Zweifel, dass es ein richtiger Knockout gewesen war, und die Filmkamera würde die Lüge fortführen. Der Redakteur hatte also den Schwindel vorausgesagt, und ein gemeiner Schwindel war es wahrhaftig.
Glendon warf einen schnellen Blick über die Seile hinweg auf das Gesicht Maud Sangsters. Sie sah ihn gerade an, aber ihr Blick war kalt und hart, verriet kein Wiedererkennen und war völlig ausdruckslos. Während er sie noch ansah, wandte sie sich zu ihrem Nachbarn und sagte etwas zu ihm.
Powers wurde von seinen Sekundanten in seine Ringecke getragen, scheinbar das kraftlose Wrack eines Menschen.
Glendons Sekundanten kamen, um ihn zu beglückwünschen und ihm die Handschuhe auszuziehen. Aber Stubener kam ihnen zuvor. Sein Gesicht strahlte, als er Glendons Rechte mit seinen beiden Händen umschloss und rief:
»Sie sind ein Prachtjunge, Pat! Ich wusste ja, dass Sie es tun würden.«
Glendon zog die Hand im Handschuh zurück. Und zum ersten Mal in all den Jahren, die er ihn kannte, hörte sein Manager ihn fluchen.
»Gehn Sie zum Teufel!« sagte er, kehrte ihm den Rücken und hielt seinen Sekundanten die Hände hin, um sich die Handschuhe ausziehen zu lassen.
VIII
An dem Abend, als Maud Sangster den Redakteur so entschieden hatte aussprechen hören, dass es nicht einen anständigen Berufsboxer gäbe, saß sie einen Augenblick still weinend auf ihrem Bettrand, dann wurde sie zornig und legte sich nieder, wütend auf sich selbst, auf alle Boxer und die ganze Welt.
Am nächsten Nachmittag begann sie ein Interview auszuarbeiten, das sie mit Henry Addison gehabt hatte, das sie aber nie fertigschreiben sollte.
Sie saß in dem Zimmer, das ihr in der Redaktion des »Kurier-Journal« angewiesen worden war, als es geschah. Sie hatte gerade eine Pause im Schreiben gemacht, um eine Überschrift in der Nachmittagsausgabe zu betrachten, die besagte, dass Glendon jetzt mit Tom Cannam kämpfen sollte, als einer von den Laufjungen ihr eine Karte brachte. Es war die Glendons.
»Sag ihm, dass ich nicht zu sprechen bin«, sagte sie zu dem Jungen.
Eine Minute später war er wieder da.
»Er sagt, er würde auf jeden Fall hereinkommen, aber lieber mit Ihrer Erlaubnis.«
»Hast du ihm nicht gesagt, dass ich keine Zeit habe?« fragte sie.
»Ja, Fräulein, aber er sagte, er käme doch herein.« Sie antwortete nicht, und der Junge, dessen Augen vor Bewunderung für den aufdringlichen Gast funkelten, redete weiter:
»Ich kenne ihn. Er ist ein mächtiger Kerl. Wenn er richtig loslegt, jagt er die ganze Redaktion zum Teufel. Es ist der junge Glendon, der gestern Abend den großen Boxkampf gewann.«
»Also gut. Lass ihn kommen. Wir wollen ja nicht, dass er die ganze Redaktion zum Teufel jagt, nicht wahr?«
Sie begrüßten sich nicht, als Glendon eintrat. Sie war kalt und unfreundlich wie ein Regentag und bot ihm weder einen Stuhl an, noch schien sie ihn überhaupt zu erkennen. Halb von ihm abgewandt, saß sie an ihrem Schreibtisch und wartete, dass er sagen sollte, was er wünschte.
Er ließ sich nicht merken, wie diese hochmütige Behandlung ihn berührte, sondern ging gleich auf die Sache los.
»Ich möchte mit Ihnen reden«, sagte er kurz. »Über den Kampf. Er endete nicht in der Runde, die ich Ihnen gesagt hatte.«
Sie zuckte die Achseln.
»Das wusste ich.«
»Das taten Sie nicht«, erwiderte er. »Das taten Sie nicht. Und ich auch nicht.«
Sie drehte sich um und sah ihn offensichtlich gelangweilt an.
»Wozu das?« fragte sie. »Boxen ist Boxen, und wir wissen alle Bescheid damit. Der Kampf endete ja in der Runde, die ich Ihnen vorausgesagt hatte.«
»Das ist richtig«, stimmte er zu. »Aber das konnten Sie nicht wissen. In der ganzen Welt gab es nur zwei Menschen – die wussten, dass Powers nicht in der sechzehnten Runde erledigt werden würde.«
Sie schwieg.
»Ich sage, Sie wussten,