Джек Лондон

Gesammelte Werke


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da­hinglei­ten­den Strom. Dort hat­te ge­ra­de eine große Schol­le sich mit dem vor­de­ren Ende in das Fluss­bett hin­ein­ge­jagt, und nun rich­te­te sie sich senk­recht em­por. Rings um sie kräu­sel­te sich trei­ben­des Eis wie Pa­pier, dann kipp­te die fest­ge­ra­te­ne Schol­le plötz­lich hoch, bohr­te sich mit dem Schwanz­stück in den Grund und reck­te die schmut­zi­ge Schnau­ze in die Luft. Wei­ter ab­wärts prall­te sie auf die trei­ben­de Mas­se, zer­schell­te zu tau­send Trüm­mern, und los­ge­ris­se­ne Eis­stücke flo­gen wie aus ei­ner Ex­plo­si­on bis zu den Fü­ßen der Men­schen­grup­pe.

      »Sie abbe rekt!« Tie­fe An­dacht vor die­sem un­ge­heu­ren Schau­spiel lag in der Stim­me des Barons.

      Die gan­ze Flä­che des un­ge­heu­ren Stro­mes bog und bäum­te sich jetzt, als sei­en rie­si­ge Mi­nen auf sei­nem Grun­de zur Ent­la­dung ge­kom­men. Es war wie ein Kampf zwi­schen den Eis­ber­gen und Eis­klöt­zen, ein Kampf, in dem je­des Par­ti­kel Na­tur ge­gen das an­de­re wü­te­te, und je­des or­ga­ni­sche We­sen, das in die­ses Ge­wühl ge­riet, muss­te ver­lo­ren sein.

      Je hö­her der Tag stieg, umso ma­je­stä­ti­scher wur­de das Bild. Fro­na war hin­ge­ris­sen:

      »Ich hät­te nie ge­ahnt, dass es auf Er­den so et­was Herr­li­ches gibt!«

      St. Vin­cent war noch im­mer nicht ein­ge­trof­fen.

      »Jetzt fällt der Fluss!« ver­kün­de­te Wel­se eine gute Stun­de spä­ter. Die Eis­schicht war ge­fal­len, sie lag jetzt zwei Me­ter tief un­ter dem Hang, und Baron Cour­ber­tin zeich­ne­te die Stel­le mit sei­nem Stock an. Nun war es auch hell ge­nug, um wie­der mit dem Feld­ste­cher das fer­ne Dickicht ab­zu­su­chen. Dort lag der Ver­wun­de­te, der si­cher ver­lo­ren war, wenn nicht heu­te noch Ret­tung kam.

      »Er liegt noch da, aber er be­wegt sich nicht mehr.«

      Zwei Stun­den spä­ter war un­ter der Ge­walt ei­nes Son­nen­lich­tes, wie die­se Brei­ten es nur sel­ten kann­ten, das Eis in Mas­sen ge­schmol­zen, und nun lag die Ober­flä­che des Flus­ses schon sechs Me­ter tiefer als beim Er­wa­chen. Aber aus dem Stuart stie­ßen sich im­mer noch Eis­bar­ren vor, dräng­ten in die Kanä­le zwi­schen dem Sp­lit-up-Is­land und fuh­ren mit Kra­chen in­ein­an­der. Del Bi­shop er­schi­en zum zwei­ten Mal an die­sem Tage, in flie­gen­der Eile und schweiß­über­strömt, aber im­mer noch die gute Lau­ne selbst. Er hör­te, wie Fro­na und Cour­ber­tin sich auf fran­zö­sisch von Din­gen un­ter­hiel­ten, die weit­ab von die­sem Schau­platz la­gen, vom Thea­ter in Pa­ris, dem letz­ten Ro­man von Ana­to­le Fran­ce.

      »Wür­den die hoch­ge­bil­de­ten Herr­schaf­ten nicht in die­ses ro­man­ti­sche Tal zu­rück­keh­ren?« frag­te er. »Kom­men Sie mit mir! Es lie­gen ein paar Schwer­kran­ke in der Hüt­te dort un­ten.«

      Im Lauf­schritt ver­schwand er zwi­schen den Bäu­men, und alle folg­ten ihm, so rasch sie konn­ten. Im Ren­nen stie­ßen sie auf drei ty­pi­sche »Chechaquos«, die in ei­nem Tal­kes­sel über­win­tert hat­ten. Ihr La­ger­platz war über­schwemmt, hilf­los stan­den sie vor ih­rem Zelt, um ein Boot her­um, das sie noch nicht flott krie­gen konn­ten. Der Eiss­toß war jetzt kaum fünf Me­ter von ih­nen ent­fernt, er konn­te plötz­lich über die In­sel her­ein­bre­chen und al­les zer­stamp­fen.

      »Schert euch hier weg, ihr Dumm­köp­fe!« brüll­te Ja­cob Wel­se und rann­te wei­ter. Auch Del Bi­shop rief ih­nen zu: »Ein biss­chen dal­li!«

      Sie ver­stan­den ihn nicht. Sie hör­ten kaum. Ei­ner sah sie mit ganz ver­ständ­nis­lo­sen, ver­schreck­ten Au­gen an. Ein an­de­rer lag un­be­weg­lich bäuch­lings quer über dem Steu­er­sitz des Boo­tes, sei­ne Kräf­te schie­nen völ­lig er­schöpft. Ein drit­ter, der wie ein Bü­roschrei­ber aus­sah, schwank­te hin und her und jam­mer­te ein­tö­nig: »Mein Gott! Mein Gott!«

      Der Baron blieb eine Se­kun­de ste­hen, um ihn zu schüt­teln. Fro­na rief: »Las­sen Sie Gott aus dem Spiel, und neh­men Sie sich auf Ihre Bei­ne! Weg vom Ufer! Lauft in den Wald, zwi­schen die Bäu­me! Ir­gend­wo­hin, nur weg!«

      Man ver­such­te, ihn mit­zu­zie­hen, aber der Mann schlug um sich und woll­te nicht fol­gen. Sie eil­ten wei­ter und ka­men an einen ge­ro­de­ten, aber ganz über­schwemm­ten Platz, auf dem eine Hüt­te stand. Auf dem fla­chen Ra­sen­dach la­gen zwei in De­cken ge­wi­ckel­te Män­ner. Ja­cob Wel­se, Cour­ber­tin und Bi­shop stürz­ten sich in die Hüt­te, in der die Flut wog­te, um her­aus­zu­fi­schen, was von der Habe die­ser Män­ner noch brauch­bar war.

      »Pas­sen Sie auf, zum Teu­fel, dass mein Ta­bak nicht nass wird«, bat ei­ner der kran­ken Män­ner mit schwa­cher Stim­me vom Da­che.

      »Was an dei­nem Dreck­ta­bak schon liegt!« flüs­ter­te sein Ka­me­rad. »Aber mein Mehl und mein Zu­cker, das ist wich­tig!«

      »Weil der Bur­sche Nicht­rau­cher ist, Fräu­lein«, er­klär­te der ers­te Mann. »Aber die an­de­ren Bur­schen sol­len doch auf mei­nen Ta­bak acht ge­ben.«

      »Da hast du ihn, und da­mit Maul ge­hal­ten«, rief Del und warf dem Kran­ken sei­nen Ta­baks­beu­tel hin, der da­nach griff, als wäre es ein Beu­tel mit Gold­staub.

      »Was kann ich für euch tun?« frag­te Fro­na. »Wir ha­ben so ei­ni­ge Me­di­zin mit uns, viel­leicht ha­ben wir das Rich­ti­ge.«

      »Uns kann nichts hel­fen, Fräu­lein, als das Land Got­tes und rohe Kar­tof­feln. Wir ha­ben Skor­but.«

      »Aber was wollt ihr ei­gent­lich hier? Marsch, aufs Tro­cke­ne!«

      In die­sem Au­gen­blick wur­de mit Stöh­nen und un­ge­heu­rem Kra­chen eine Eis­schol­le ge­gen die Hüt­te ge­schleu­dert. Die vor­sprin­gen­den Eck­pfäh­le zer­split­ter­ten, die Hüt­te schwank­te. Cour­ber­tin und Ja­cob Wel­se wa­ren dar­in. Dem Dröh­nen folg­te eine Se­kun­de tiefs­te Stil­le. Dann hör­te man aus dem In­nern die Stim­me des Barons:

      »Nach Ih­nen, wenn ich bit­te darf, Mon­sieur!«

      Wel­se er­schi­en mit ver­gnüg­tem La­chen; ihm folg­te der höf­li­che Fran­zo­se, als sie sich zwi­schen der Eis­schol­le und den Pfäh­len ins Freie zwäng­ten.

      »Noch ein sol­ches Os­te­rei, und wir zwei sind er­le­digt, Bil­li!« sag­te der Mann mit dem Ta­bak zu sei­nem Ka­me­ra­den.

      »Lan­ge kann’s nicht dau­ern«, ant­wor­te­te Bill. »Nicht weit von hier, bei Nu­lat­to, hab’ ich mal ge­se­hen, wie eine In­sel rein­ge­fegt wor­den ist, rat­ze­kahl, wie der Kü­chen­fuß­bo­den bei mei­ner al­ten Mut­ter.«

      »Ret­ten müs­sen wir die Leu­te.«

      »Wo ist Phil­lips?«

      »Der sitzt seit ei­ner Stun­de wie ver­stei­nert auf sei­nem Zelt.«

      Wel­se sah von sei­nem Dach wie von ei­nem Aus­sichtsturm auf die Flä­che des Stroms. Der Stuart hat­te neue Eis­mas­sen als eine Re­ser­ve­ar­mee ins Ge­fecht ge­wor­fen, der Yu­kon stieg wie­der, und rings an der Küs­te war­fen sich Schol­len ge­gen den Wald. Mit Kra­chen und Knir­schen wur­den die Bäu­me zer­malmt oder samt der Wur­zel aus­ge­ris­sen.

      Fro­na und Bi­shop pack­ten Bill an Schul­tern und Bei­nen und schlepp­ten ihn ab, in der Rich­tung von Phil­lips Hüt­te. Ja­cob Wel­se