dachte, wie viel sie für die kleinen Bedürfnisse des Hauses und ihrer Person opferte. Dazu war es das erstemal, dass sie das Geld eines anderen verbrauchte. Seit ihrer frühesten Jugend war sie gewohnt gewesen, nur ihr eigenes Geld zu verbrauchen, und jetzt hatte sie dank Mercedes wieder Geld zur Verfügung und konnte sich von ihrem Verdienst noch teurere und herrlichere Wäsche leisten.
Mercedes machte Vorschläge, und Saxon verfertigte die hübschen Dinge aus leichten Stoffen und Spitzen, zuweilen sogar mit gewissen Verbesserungen, die sie selbst erfand. Sie nähte feine Batisthemden mit ihren eigenen feinen Spitzen und französischer Stickerei auf Brust und Schultern; sie verfertigte handgenähte Kombinations, auch aus Batist, und Nachthemden, so leicht und fein wie Spinnweben, gestickt und mit Besatz aus irischen Spitzen. Auf Mercedes’ Vorschlag nähte sie ferner ein ganz entzückendes, sehr kompliziertes Morgenhäubchen, für das die alte Frau ihr zwölf Dollar bezahlte.
Sie war glücklich und arbeitete jeden Augenblick des Tages eifrig, und auch die Ausstattung des Kindes wurde nicht versäumt. Die einzigen Kleidungsstücke, die sie fertig kaufte, waren drei feine kleine Strickjacken. Alles andere verfertigte sie mit eigenen Händen – kleine Windeln versah sie mit Hexenstich, sie strickte ein Jäckchen und ein Häubchen und Fäustlinge, nähte Mützchen, glatte Prinzeßkleidchen von sehr vernünftiger Länge, Hemdchen mit winzigen Passen, mit Seide gestickte Flanellröcke; sie strickte Strümpfe und häkelte Schuhe, die sie bei der Arbeit ausgefüllt sah von den kleinen unruhigen, rosigen Zehen und den runden Schenkelchen, und verfertigte schließlich viele herrliche, weiche, viereckige Mullstücke. Etwas später lieferte sie ihr Meisterstück, ein Mäntelchen aus weißer Seide mit Stickerei. Wenn sie sich aber recht bedachte, wusste sie gut, dass die Liebe, die sie in alles einnähte, eher Billy gehörte als diesem verschwommenen, unfassbaren kleinen neuen Leben, das sich trotz all ihren Versuchen, es vor sich zu sehen, doch nie fassen lassen wollte.
»Hm«, sagte Billy, als er die ganze Garderobe des kleinen Geschöpfes untersucht hatte und auf die gestrickten Jäckchen zurückkam, »die sehen mehr als alles nach einem richtigen Jungen aus. Ich kann ihn schon in richtigem Männerzeug sehen.«
Saxon, deren Augen sich plötzlich mit Freudentränen füllten, drückte eines der Jäckchen an seine Lippen. Er küsste es feierlich, aber sein Blick ruhte in dem Saxons.
Saxons Wohlstand sollte jedoch bald aufhören, und zwar auf eine sehr traurige und demütigende Art. Eines Tages, als eines der großen Warenhäuser Ausverkauf hatte, fuhr sie über die Bucht nach San Franzisko, um Einkäufe zu machen. Als sie durch die Sutter Street ging, wurde ihr Blick von einigen Waren gefesselt, die in einem kleinen Ladenfenster ausgestellt waren. Sie wollte zuerst ihren Augen nicht trauen, denn dort, auf dem Ehrenplatz, stand das herrliche Morgenhäubchen, für das Mercedes ihr zwölf Dollar gegeben hatte. Der Preis, der daran stand, betrug achtundzwanzig Dollar. Saxon ging hinein und sprach mit der Geschäftsinhaberin, einer mageren Frau mittleren Alters mit einem scharfen Blick und von fremder Abstammung.
»Es ist nicht meine Absicht, etwas zu kaufen. Aber ich mache feine Handarbeiten von der Art, wie Sie sie haben, und ich möchte gern wissen, was Sie dafür bezahlen – zum Beispiel für das Morgenhäubchen im Fenster.«
Die Frau warf einen hastigen, prüfenden Blick auf Saxons linke Hand, bemerkte die vielen kleinen Stiche der Nähnadel in ihrem Zeigefinger und betrachtete dann forschend ihre Kleidung und ihr Gesicht.
»Können Sie so etwas machen?«
Saxon nickte.
»Ich habe der Frau, die das gemacht hat, zwanzig Dollar bezahlt.«
Saxon schnappte unwillkürlich nach Luft, bezwang sich aber und dachte einen Augenblick über die Sache nach. Mercedes hatte ihr zwölf Dollar gegeben, Mercedes hatte also acht Dollar in die eigene Tasche gesteckt, während sie, Saxon, Material und Arbeit geliefert hatte.
»Wollen Sie so freundlich sein und mir andere Handstickereien zeigen – Nacht- und Taghemden und dergleichen und mir sagen, was Sie dafür bezahlen?«
»Können Sie so etwas machen?«
»Ja.«
»Und wollen Sie es mir verkaufen?«
»Selbstverständlich«, antwortete Saxon. »Deshalb bin ich ja hier.«
»Wir berechnen uns eine kleine Provision von dem, was wir verkaufen«, fuhr die Fremde fort. »Wir müssen ja Licht und Miete und dergleichen bezahlen und schließlich auch etwas daran verdienen – sonst könnten wir das Geschäft nicht betreiben.«
»Das ist nicht mehr als billig«, räumte Saxon ein.
Unter den schönen Dingen, die Saxon jetzt sah, fand sie ein Nachthemd und eine Kombination, die sie selbst verfertigt hatte. Für das Nachthemd hatte Mercedes ihr acht Dollar gegeben, während es hier achtzehn kostete und die Ladeninhaberin vierzehn bezahlt hatte; für das andere Stück hatte Saxon sechs Dollar bekommen, es war mit fünfzehn ausgezeichnet und mit elf bezahlt.
»Danke sehr«, sagte Saxon und zog sich die Handschuhe an. »Ich werde Ihnen gern etwas von meiner Arbeit zu den Preisen verkaufen.«
»Und es wird mir ein Vergnügen sein, es zu kaufen – wenn es gut genug ist.« Die Fremde sah sie streng an. »Aber vergessen Sie nicht: es muss ebenso gut sein wie dies hier. In diesem Fall kann ich Ihnen oft Bestellungen zukommen lassen.«
Mercedes war nicht im geringsten verlegen, als Saxon ihr Vorwürfe machte.
»Sie sagten, dass Sie sich nur eine Provision berechneten«, sagte sie anklagend.
»Das sagte ich, und das habe ich auch getan.«
»Aber ich leistete alle Arbeit, kaufte das ganze Material, und Sie haben noch mehr daran verdient als ich. Sie haben sich den Löwenanteil genommen.«
»Ja, warum sollte ich das nicht, Kindchen? Ich war Zwischenhändler. So ist nun mal der Gang der Welt. Der Zwischenhändler bekommt den Löwenanteil.«
»Das finde ich sehr ungerecht«, sagte Saxon, mehr, weil es sie schmerzte, als weil sie böse darüber war.
»Beklagen Sie sich über die Welt, nicht über mich«, antwortete Mercedes scharf, schlug aber wie gewöhnlich ebenso plötzlich um und fügte sanfter hinzu: »Wir wollen uns nicht streiten, Kindchen, dazu habe ich Sie viel zu gern. La la, was bedeutet das für Sie, die Sie jung und stark sind und einen jungen und starken Mann haben. Und der alte Barry