Ödön von Horváth

Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth


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an der Wand. Hauptmann kommt. Sladek folgt ihm mit aufgepflanztem Seitengewehr und hält in der Türe als Wache. Endlich in Uniform.

      HAUPTMANN

      Sie haben also gestanden, daß Sie für fünfzig Dollar der französischen Spionagezentrale Material über geheime Rüstungen beschaffen sollten?

      FRANZ

      Sind Sie hier das Oberkommando?

      HAUPTMANN

      Ja.

      FRANZ

      Werde ich wieder geprügelt?

      HAUPTMANN

      Ich werde mich nicht entschuldigen, daß Sie mißhandelt worden sind, aber ich mißbillige es.

      FRANZ

      Ich verlange, vor ein ordentliches Gericht gestellt zu werden.

      HAUPTMANN

      Sie werden nach einem ordentlichen Gesetze bestraft.

      FRANZ

      Ich verlange, nach dem Strafgesetzbuch abgeurteilt zu werden.

      HAUPTMANN

      Solange das Strafgesetzbuch von der Interalliierten Militärkommission zensiert wird, solange bin ich das ordentliche Gericht im Namen des deutschen Volkes.

      FRANZ

      Dazu haben Sie kein Recht.

      HAUPTMANN

      Machen Sie sich nicht lächerlich.

      FRANZ

      So schlachten Sie mich doch ab. Was wollen Sie denn noch von mir?

      HAUPTMANN

      Sie werden nicht geschlachtet.

      FRANZ

      Nein. Totgeprügelt.

      HAUPTMANN

      Nein. Sie werden begnadigt. Unter einer Bedingung.

      FRANZ

      Es gibt keine Bedingung, unter der ich begnadigt werden könnte.

      HAUPTMANN

      Hier bin ich der Herr.

      FRANZ

      Machen Sie sich nicht lächerlich.

      HAUPTMANN

      Ich pflege mich nicht lächerlich zu machen, Sie! Ich verbitte mir jede Unverschämtheit. Hier bin ich der Herr.

      FRANZ

      Ich wollte Sie nur aufmerksam machen, daß Sie mich nicht begnadigen dürfen, weil Sie ja befürchten müssen, daß ich alle ihre Geheimnisse verrate, sobald ich frei bin.

      HAUPTMANN

      Sobald Sie frei sind, wird es keine Geheimnisse mehr geben. Ich warte nur auf das Signal der maßgebenden Stelle. Morgen oder übermorgen. Sobald ich marschiere, sind Sie frei. Auf mein Ehrenwort. Allerdings: Unter einer Bedingung.

      FRANZ

      Bitte?

      HAUPTMANN

      Ich weiß, wer Sie sind. Auch ich habe meine Spione. Es ist gelogen, daß Sie das Vaterland für fünfzig Dollar verkaufen wollten. Sie hätten es auch ohne einen Papierpfennig verraten, Sie sind Agent der dritten Internationale.

      FRANZ

      Nein.

      HAUPTMANN

      Doch! Sie spielen nur die Rolle des gemeinsten Verräters, um Ihre Genossen zu schützen! Meine Bedingung lautet: Lassen Sie mich die Waffenlager der Kommunistischen Partei erfassen, und Sie sind auf der Stelle begnadigt. Auf Ehrenwort.

      FRANZ

      Die Kommunisten haben keine Waffen mehr. Spartakus ist tot.

      HAUPTMANN

      Gibt es keine rote Armee?

      FRANZ

      In Rußland.

      HAUPTMANN

      Und in Deutschland.

      FRANZ

      Nein. Hier gibt es nur Schwarz oder Weiß. Ich bin kein Agent der dritten Internationale. Ich bekämpfe jeden Terror, auch den roten.

      HAUPTMANN

      Mit was denn?

      FRANZ

      Mit der Kraft der Idee.

      HAUPTMANN

      Idiot.

      FRANZ

      Danke.

      HAUPTMANN

      Sie sind sogenannter Pazifist?

      FRANZ

      Ja.

      HAUPTMANN

      Sie verraten aus Prinzip?

      FRANZ

      Aus Prinzip.

      HAUPTMANN

      Die eigene Armee.

      FRANZ

      Jede Armee.

      HAUPTMANN

      Nein! Nur die deutsche. Den Verbrechern von Versailles.

      FRANZ

      Ich hasse Versailles.

      HAUPTMANN

      Aber verraten den deutschen Soldaten der Kontrollkommission.

      FRANZ

      Nein! Ich kenne keine Kontrollkommission. Ich kenne auch keine deutschen Soldaten, ich kenne nur Landsknechte der Reaktion, deren Geheimnis ich enthüllen wollte – Sie zielen auf Versailles und treffen das deutsche Volk. Sie und Versailles erstreben dasselbe: Die ewige Entrechtung des vierten Standes.

      HAUPTMANN

      Sie Narr!

      FRANZ

      Sie haben nur fünftausend Mann. Glauben Sie, daß Sie ohne schwere Artillerie, ohne Flugzeuge, ohne Tanks und ähnliche Mordmaschinen, mit nur fünftausend Soldaten den Versailler Vertrag zerreißen können?

      HAUPTMANN

      Hätte ich nicht die schwarze Armee, wäre das ganze Vaterland längst vom Feinde besetzt.

      FRANZ

      Sie vergessen, daß Sie ein Geheimnis sind. Wie kann sich denn der Feind vor Soldaten fürchten, von deren Existenz er nichts wissen darf? Herr! Sie marschieren nur gegen das eigene Volk. Gegen die deutsche Republik.

      HAUPTMANN

      Was ist das: Deutsche Republik? Die Republik ist die Hure der Juden und Jesuiten. Sie sind sogenannter Pazifist. Das heißt: Ein Schuft ohne vaterländisches Verantwortungsgefühl.

      FRANZ

      Ich bin Pazifist. Das heißt: Stärkstes Verantwortungsgefühl für den einzelnen Menschen.

      HAUPTMANN

      schreit: Und Verrat am Vaterland! Der Einzelne ist eine Null!

      FRANZ

      schreit: Es geht um Millionen Einzelne! Das Volk ist das Vaterland, und Krieg ist das größte Verbrechen am Volk! Was das Volk aufbaut, wird zerstört durch den Größenwahn der Berufssoldaten und die rücksichtslose Kalkulation verrückter Aktionäre! Es ist falsch kalkuliert worden. Die Bücher wurden aber bereits überprüft und die Betrüger verurteilt. Bald wird das Urteil vollstreckt, im Namen des Volkes. Das ist noch keine Republik, das wird erst eine!

      HAUPTMANN

      Krieg