Gewissen, wenn ich dich nach den Tagen hier in der Miniklinik mit zu mir nach Freiburg nehmen werde.«
*
Angela konnte ihr Glück kaum fassen. Obwohl ihr Kopf trotz des Schmerzmittels dröhnte, die genähte Wunde zwickte, die blauen Flecken an ihrem Körper bei jeder leichten Bewegung schmerzten und sie Christians Stimme nur gedämpft wahrnahm, begriff sie, dass diese Nacht eine Wende in ihrem Leben darstellte.
Tränen der Erleichterung und Dankbarkeit, dass das Leben sie so reich beschenkte, liefen ihr aus den Augenwinkeln, obwohl sie gar nicht weinen wollte. Sie drückte Christians Hand, hielt sie fest.
»Ich kann noch gar nicht glauben, dass du da bist. Dass du und ich uns wiedergefunden haben. Dass sich auch dieser Traum für mich erfüllt hat.«
»Es ist aber so.« Sein verschmitztes Lächeln ließ sie leise lachen.
Da war sie wieder, seine knappe trockene Art, die sie so mochte. Er rückte noch ein Stück näher an sie heran, beugte sich zu ihr hinunter und fragte: »Darf ich dich in die Arme nehmen?«
Da schlang sie ihre um seinen Nacken und zog den geliebten Mann zu sich herunter.
Ganz vorsichtig, als könnte sie unter ihm zerbrechen, legte Christian seinen Oberkörper auf ihren. Wange an Wange, Herz an Herz lagen sie so eine Weile zusammen, genossen die Wärme des anderen.
Da war Angela zumute, als wäre sie nach einer langen Odyssee endlich in einem sicheren Hafen angekommen, in dem sie für immer vor Anker gehen konnte. Christian streichelte ihr übers Haar und verteilte zärtliche Küsse auf ihren Lidern, bevor sich ihre Lippen fanden und miteinander verschmolzen.
»Danke für das neue Leben«, flüsterte sie zwischen ihren Küssen.
»Dafür danke ich auch dir«, erwiderte er ernst. »Es wird unser gemeinsames Leben sein. Und das bis ans Ende aller Zeiten.«
An dem sonnigen Sommertag klang ein feierliches Geläut durch das Ruhweiler Tal, das alle Dorfbewohner zusammenrief. Die kleine weiße Kirche konnte die Gäste und Zuschauer kaum fassen. Niemals zuvor war die Kapelle so üppig geschmückt gewesen. In allen Leuchtern brannten Kerzen. Der feierliche Duft von Weihrauch durchströmte das kleine Kirchenschiff, und die Sonnenstrahlen ließen das Gold am Altar besonders leuchtend schimmern. Ein Murmeln und Raunen hing in der Luft.
Was mochte die Braut tragen?, fragten sich die Frauen. Und die Männer rätselten über das Festessen im Gartenlokal der Rottwälder Brauerei, wo die Feier stattfinden sollte.
Christian Kofler stand vor dem Altar und wartete mit den Gästen zusammen auf seine Braut. Er trat von einem Fuß auf den anderen, zog die weiße Seidenweste glatt, strich sich immer wieder übers Haar.
Wie würde Angela gekleidet sein?, fragte er sich aufgeregt.
Selbst wenn sie in Lumpen käme, würde sie die schönste Braut sein, die die Leute je gesehen hatten.
Endlich öffnete sich knarrend das Kirchenportal, das Raunen verstummte. Christian straffte sich. Als er seine zukünftige Frau sah, wurde ihm der Hals eng.
Angela trug ein bodenlanges schlichtes weißes Seidenkleid, das ihre zarte Figur modellierte. Ihre langen blonden Locken, die ihr bis tief in den Rücken rieselten, waren ihr schönster Schmuck. Auf ihnen saß ein geflochtener Kranz aus weißen Rosen. Am Arm ihres Vaters, der vor Stolz ein paar Zentimeter gewachsen zu sein schien, schritt sie durch den Mittelgang auf ihn zu. Ihre Wangen waren gerötet, ihre wunderschönen nebelgrauen Augen leuchteten wie zwei Sterne, und in ihrem Lächeln lag alles Glück dieser Welt.
Mit verschleiertem Blick legte Axel Häferle die Hand seiner Tochter in seine. Ein paar Atemzüge lang ließ er seine auf ihren beiden liegen, als wollte er mit dieser Geste ihren Bund fürs Leben verfestigen. Dann drehte er sich um und nahm in der ersten Reihe neben seiner Frau Monika Platz, der jetzt schon Tränen der Rührung über die Wangen liefen.
Christian wechselte einen tiefen Blick mit seiner zukünftigen Frau, legte den Arm und ihre Taille und zog sie fest an sich.
Durch eine Seitentür betrat der Pfarrer mit seinen Ministranten das Kirchenschiff. Der Organist begann zu spielen. Es folgte eine berührende Ansprache, die mit den Worten endete: »… verbunden, bis der Tod euch scheidet.« Das beseelt klingende Ja der Brautleute war bis in die hinterste Bank zu hören. Während Christian seine frisch angetraute Frau zärtlich küsste, brauste die Orgel auf, und von der Empore erklang, von einem Mitglied des Kirchenchors gesungen, das Ave Maria. Die glockenhelle Stimme der Sängerin bescherte allen eine Gänsehaut. Nachdem das Lied zu Ende war, hätte man die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören können. Die Frauen wischten sich die Tränen ab. Die Männer betrachteten mit gesenkten Köpfen angelegentlich ihre Hüte im Schoß. Dann schritt die schöne Braut am Arm ihres Mannes durch den Mittelgang.
»Ich bin so glücklich. So glücklich, dass mir fast schwindelig wird«, flüsterte sie Christian ins Ohr, woraufhin dieser sie noch fester umfasste und leise erwiderte: »Ich halte dich fest, mein ganzes Leben lang.«
Nach einer langen Odyssee waren die beiden endlich im Bund der Ehe vereint.
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Vor der Kirche wartete bereits das halbe Dorf darauf, den Frischvermählten seine Glück- und Segenswünsche auszusprechen. Das Paar musste immer wieder Hände schütteln und in Kameras lächeln. Unter den Gratulanten befanden sich natürlich auch Dr. Matthias Brunner und seine Frau Ulrike. Sie kannten den holprigen Weg, den das Brautpaar hatte gehen müssen bis zu dem heutigen Tag.
»Schön, dass Sie gekommen sind«, bedankte sich Monika Häferle bei dem Arztehepaar. Sie tupfte sich eine Träne aus dem Augenwinkel, schniefte leise und sagte mit schiefem Lächeln: »Mein Mann, Jenny und ich haben viel gutzumachen an unserer Ältesten. Leider ist es so, dass manche Menschen erst einen Tritt in die Kehrseite brauchen, damit sie mit der Nase dorthin fallen, wo sie hingehören. Diesen Tritt brauchten wir alle drei. Dummerweise hat uns diesen das Schicksal viel zu spät versetzt, aber es ist ja noch einmal alles gut gegangen«, fügte die Brautmutter mit erleichterter Miene hinzu.
»Wie haben Sie jetzt Ihr Leben geregelt, nachdem Angela in Freiburg lebt?«, erkundigte sich der Landarzt interessiert. »Ich meine, wer wird die Tankstelle führen? Und wer Ihren Haushalt?«
»Der Neffe meines Mannes beendet in einem Monat seine Kfz-Lehre und wird unsere Tankstelle übernehmen. Mein Mann will ihm jedoch in den ersten Jahren noch tatkräftig zur Seite stehen. Und ich …« Monika lachte ihn und seine Frau an. »Tja, und ich habe eingesehen, dass ich noch zu jung bin, um den ganzen Tag im Sessel zu sitzen und Fernsehsendungen zu sehen. Wie haben Sie gesagt, Herr Doktor? Durch Bewegung kann ich meiner Arthrose im Knie entgegenwirken. Wo habe ich diese Bewegungsmöglichkeit besser als bei der Hausarbeit? Und unsere Jenny kann ich dabei auch gleich anlernen. Das schadet der kleinen Göre nicht. Im Gegenteil.«
»Das hört sich ja alles bestens an«, sagte Ulrike Brunner erfreut.
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Die Hochzeitsfeier fand unter strahlend blauem Himmel statt. Angelas Eltern hatten sich nicht lumpen lassen. Die Tische bogen sich unter dem Büffet. Eine Kapelle spielte zum Tanz auf, und jeder Gast vergnügte sich.
»Darf ich Ihnen meine beste Freundin Claudia Koch vorstellen?«, sagte Angela während des Nachmittags zu dem Arztehepaar.
Dr. Brunner und seine Frau hatten die große schlanke Frau mit dem pfiffigen Kurzhaarschnitt bereits während der Trauungszeremonie gesehen.
»Claudia ist Christians Cousine und seit Jahren meine Freundin«, fuhr die frisch vermählte Braut fort. »Wir haben in Freiburg in der gleichen Apotheke gearbeitet. Jetzt will Claudia sich hier in Ruhweiler oder in der Umgebung als Kräuterpädagogin niederlassen.«
»Als Kräuterpädagogin?«, fragte Ulrike Brunner mit hochgezogenen Brauen sofort interessiert. »Gehört habe ich schon einmal davon, aber Genaues …«
»Kräuterpädagogen widmen sich der Tradition der Herstellung von Heilmitteln,