weinten.
Die Herzogin Gertrud sagte zu ihren Frauen: »Das sind Sprossen des ersten Geschlechtes des Landes.«
Dimut antwortete darauf: »Gott ist allmächtig und herrlich. Er hat mir die Worte eingegeben, die ich im Kampfe gesagt habe: Unsere Heiligtümer sind nicht verloren, wir werden sie wieder aufbauen, und sie werden schöner sein als früher, und hilfreich und gnadenreich. Und die an ihnen gefrevelt haben, werden mit zerrauften Haaren und mit entblößtem Armen auf der Erde liegen, und den Himmel um Barmherzigkeit anflehen. Und so ist es in Erfüllung gegangen.«
Der Herzog, die Männer der Kirche und des Landes, die Krieger und andere gingen an den Fürsten vorüber.
Dann verfloß eine Stunde.
Nach derselben saß der Herzog Wladislaw in dem Schmucke des herzoglichen Gewandes mit Kleinodien und Gold und Edelsteinen geziert auf dem Herzogstuhle vor der Hofburg. Der Kardinal Guido saß auf einem Throne, der für ihn errichtet worden war. Die Bischöfe, Äbte, Erzpriester, Pröpste und Priester und die Hofherren und die Lechen der Länder und die Führer des Heeres und Wladyken und Herren der Zupen standen um den Herzogstuhl und um den Thron, und hinter ihnen rings um sie war Volk, daß ein Mensch an den andern festgedrückt war. Die Herzogin saß in ihrem Schmucke mit ihren Frauen auf dem Söller, und auf anderen Söllern waren andere hohe Frauen mit ihren Gefolgen.
Es wurde nun mit Mühe in der Menge der Menschen eine Gasse gemacht, und durch diese Gasse gingen die mährischen Fürsten vor den Herzogstuhl. An den Seiten jedes Fürsten gingen zwei Männer, und hielten zwei Schwerter über dem bloßen Haupte des Fürsten gekreuzt.
Als die Fürsten auf den freien Raum vor dem Herzogstuhle gekommen waren, knieten sie in den Sand nieder, und hoben die Hände der nackten Arme aus der groben Leinwand empor. Die gekreuzten Schwerter wurden über ihren Häuptern gehalten.
Die Menschen waren alle still.
Da rief Konrad die Worte: »Ich, Konrad, der Sohn Liutolds, aus dem Stamme Premysl, bereue die Sünde, welche ich durch den Kampf gegen den rechtmäßigen Herzog von Böhmen und Mähren, Wladislaw, begangen habe, ich tue Buße, will Genugtuung leisten, und bitte den hocherlauchten Herzog und Herren des Stammes, daß er mir verzeihe, wie mir Gott verzeihen möge.«
Dann rief Wratislaw: »Ich, Wratislaw, der Sohn Ulrichs, aus dem Stamme Premysl, bereue die Sünde, welche ich durch den Kampf gegen den rechtmäßigen Herzog von Böhmen und Mähren, Wladislaw, begangen habe, ich tue Buße, will Genugtuung leisten, und bitte den hocherlauchten Herzog und Herren des Stammes, daß er mir verzeihe, wie mir Gott verzeihen möge.«
Und Otto, und Leopold, und Spitihnew und Wladislaw riefen nach einander die nämlichen Worte.
Als sie geendigt hatten, schwieg der Herzog eine kleine Zeit, und das Volk sah auf ihn.
Da öffnete er den Mund, und rief: »Entfernet die Schwerter.«
Die Schwerter wurden entfernt.
Dann rief der Herzog: »Stehet auf.«
Die Fürsten erhoben sich, und standen aus dem Sande auf.
Dann rief der Herzog: »Empfindet die Reue, tut Buße, und leistet Genugtuung vor Gott dem Richter, und er wird euch durch den Mund der Kirche verzeihen. Ich verzeihe euch, und verlange keine andere Genugtuung als künftig Treue gegen mich. Konrad, ich setze dich in dein Besitztum Znaim mit allen Gebühren und Bezügen wieder ein, wie es vor dem Kriege gewesen ist. Wratislaw, ich setze dich in dein Besitztum Brünn mit allen Gebühren und Bezügen wieder ein, wie es vor dem Kriege gewesen ist. Otto, ich setze dich in dein Besitztum Olmütz mit allen Gebühren und Bezügen wieder ein, wie es vor dem Kriege gewesen ist. Leopold, Spitihnew und Wladislaw, ich setze euch in alle eure Bezüge und Gebühren wieder ein, wie sie vor dem Kriege gewesen sind, und will sie vermehren. Jetzt gehet in eure Herbergen, kommt dann wieder, und teilet heute mein Brot mit mir an meinem Tische.«
Und wie es stille gewesen war, daß man die Worte aus dem Munde des Herzoges wie eine Glocke in klarer Luft vernommen hatte, so wurde jetzt ein Schrei, der durch die Wolken des Himmels drang. Nach dem Schrei kamen die Worte: »Heil, Segen, Glück, Freude Wladislaw, dem guten Herzoge.«
»Wladislaw, dem guten Herzoge«, tönte es immer fort, und »Glück«, »Segen«, »Heil« tönte es fort.
Frauen und Mädchen aus dem Volke lösten Schleifen oder Blumen aus ihren Gewändern, ließen sie durch Männer vorwärts geben, und vor den Herzogstuhl zu den Füßen des Herzoges werfen. Männer nahmen nun Federn oder Bänder oder anderen Schmuck von ihren Hauben und ließen sie auch vor die Füße des Herzoges legen.
Der Herzog winkte mit der Hand, und dankte mit der Hand.
Dann erst konnten die Fürsten reden.
Konrad sprach: »Ich hoffe, daß mir Gott verzeihen wird, ich danke dir, hocherlauchter Herzog, für deine Verzeihung, und ich werde dir treu sein, so lange ich lebe.«
Wratislaw rief: »Gott wird mir vergeben, wie mir der hohe Herzog vergeben hat, dem ich treu sein werde durch mein ganzes Leben.«
Und solche Worte riefen die übrigen Fürsten einer nach dem andern.
Dann tönte wieder ein Rufen des Volkes.
Dann sagte Wladislaw: »Seid treu, und wir gedenken alle in der Zukunft des heutigen Tages.«
Die Fürsten wendeten sich zum Gehen. Das Volk machte ihnen eine Gasse. Sie gingen in dieselbe, die Gasse schloß sich hinter ihnen wieder, und sie waren nicht mehr zu sehen.
Der Herzog stieg von dem Herzogstuhle, so stieg auch Guido von dem Throne, und beide und alle hohen und niederen Herren der Kirche und der Länder gingen der Hofburg zu. Da der Zug sich gegen die Burg bewegte, stimmte das Volk das Landeslied an, und der Gesang dauerte noch fort, da der Zug schon in die Burg eingegangen war.
Die Menschen zerstreuten sich. Viele gingen in die Kirche des heiligen Veit, die Kirche leerte sich nicht; wenn einige gingen, kamen wieder andere. Aus der Hofburg kam ein Mann, die Schleifen, die Bänder, die Sträuße, die Zierden, die man vor den Herzogstuhl geworfen hatte, zu sammeln, und in die Burg zu tragen.
Als der Mittag gekommen war, wurde ein Mahl in dem Herzoghofe gehalten. Die Zahl der Gäste war so groß, daß in dem Saale und in vielen Gemächern die Tische standen. Die Herren der Kirche waren in ihrer höchsten Zierde bei dem Mahle. Der Herzog und die hohen und niederen Herren der Länder hatten ihren größten Schmuck, und die Frauen und Jungfrauen prangten in den auserlesensten Gewändern und Kleinodien. Die Fürsten von Mähren saßen in Sammet und Seide, in Gold und Edelsteinen in der Nähe des Herzoges auf Ehrenplätzen. Posaunen und Flöten und Pfeifen erschallten zuweilen von den inneren Söllern, und zuweilen tönten von außen herein Gesänge.
Als das Mahl geendiget war, versammelten sich die Gäste in verschiedenen Abteilungen und sprachen mit einander, oder sie wandelten redend in verschiedenen Richtungen in den Gemächern.
Wratislaw kam mit dem Herzoge gegen Witiko, reichte ihm die Hand, und sagte: »Witiko, daß du uns verächtlich entrinnen ließest, hat mich mehr gekränkt als die tollen Worte des wilden Odolen. Rede nicht, du hast klug und rechtlich gehandelt. Wir haben Konrad geraten, die Belagerung aufzugeben. Wenn du ein Leche wirst, wie ich sagte, so wünsche ich dir alles Glück, du wirst ein hochgesinnter.«
»Witiko«, sprach der Herzog, »der Bund ist größer geworden, wie du in dem Lager in meinem Zelte damals zu mir geredet hast. Und dir, Wratislaw, sage ich, daß er mir an jenem Abende gestanden hat, daß er auch die Söhne Premysls vor Rache und Unbill habe sichern wollen.«
»Ich wußte es«, sagte Wratislaw, »und wenn uns Demütigung wurde, so haben wir die Demütigung gesucht. Wir konnten auf Feinde treffen, die anders gewesen wären. Wenn du nach Brünn kommst, so stehen dir die Tore der Burg offen, und es wird sie ehren, wenn du eingehst.«
»Und wenn wir alle, die jetzt vereint sind, in deine Nadelwälder jagen kommen, wie wir bei Chynow versprochen haben«, sagte der Herzog, »so wirst du uns Herberge und Bewirtung geben.«
»Ich kann auch