Adalbert Stifter

Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter


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geben, und Witiko wird ein Leche werden, das Waldland, das unter der sanften Hand der Herzoge war, als seinen Hof betrachten, der ihm Nahrung gibt, und wird es drücken und berauben.«

      »Odolen, rede«, sagte der Herzog.

      »Ich rede nicht«, antwortete Odolen.

      »Witiko, rede«, sagte der Herzog.

      Witiko sprach: »Ich rede, weil ich allein bei Pilsen eigenmächtig gehandelt habe, und ich rede aus Achtung vor der Abstammung von dem hochehrwürdigen Premysl. Wratislaw, ich habe euch bei Pilsen durch einen Fehler gegen die Oberhoheit des erlauchten Herzoges die Freiheit, die ihr vor der Überzahl unserer Männer schon verloren hattet, gegeben, um Blutvergießen im Kriege und anderes Unheil zu vermeiden. Der hohe Herzog hat mir den Fehler in Gnade verziehen. Welchen Sinn die Fürsten, die ich befreit habe, fortan gegen mich tragen werden, das habe ich damals nicht bedacht. Ob ich das Waldland bedrücken werde oder nicht, wird in der Zeit bekannt werden. Die Männer des Waldes sind durch keine andere Macht mit mir in den Krieg gegangen als durch mein Wort und ihren guten Willen gegen mich. So wird es bleiben, und sie werden eine Sache nicht verlassen, wenn ein Unglück kömmt, wie sie von dem Berge Wysoka, auf dem wir euch nicht besiegen konnten, nach Prag zur Verteidigung des Herzogstuhles gegangen sind. Wer durch Zwang folgt, verläßt im Unglücke den Zwinger, wie Tausende von Männern nach der Schlacht bei Znaim von den Mährern abgefallen sind.«

      »Wladislaw, du hast dem Manne zu reden erlaubt, nicht ich«, sagte Wratislaw, »ich spreche daher nur weiter zu dir. Du hast den Jüngling Welislaw als Zupan auf den heiligen Wyšehrad gesetzt, wohin ein edler gereifter Sohn des Landes gehörte.«

      »Welislaw, rede«, sagte der Herzog.

      Welislaw antwortete: »Wie Odolen nicht geredet hat, so rede ich auch nicht.«

      »Ich aber spreche zu dir, Wratislaw«, sagte der Herzog. »Wie in allen früheren Zeiten die Herzoge die, welche im Kriege, im Rate und in anderen Angelegenheiten und Fährlichkeiten des Landes Dienste getan haben, belohnt haben, so habe ich die, welche in den schweren Jahren, die jetzt vergangen sind, ihre Taten in Blut und Gut dargebracht haben, belohnt. Es sind die Hohen und die Niederen belohnt worden. Es ist gesetzt worden, daß Beschwerden in der Sache der Belohnungen in die Kammer des Herzoges kommen dürfen, und daß den Beschwerden abgeholfen werden würde, so es möglich ist. Es sind nur wenige Einwendungen gekommen, und diese sind gehoben worden, weil auch die Belohnungen früher in dem Rate beschlossen worden sind. Du hast wieder von einzelnen Dingen gesprochen, Wratislaw. Alle einzelnen Dinge sind den Männern, die in diesem Saale sitzen, bekannt. Die Forderungen, welche die Fürsten gestellt haben, sind den Männern bekannt, und es ist vor dieser Versammlung alles, was in euern Sachen aufgeschrieben worden ist, kund gemacht worden. Du hast Beschwerden gegen den Herzog, weil er der Herzog ist, nicht gemacht. So frage darum ich: Habe ich unschuldiges Blut vergossen? Habe ich einen Pfennig aus dem Lande gepreßt? Habe ich meinem Gerichtshofe die Urteile befohlen? Habe ich das Landesgut verschleudert? Habe ich der Trägheit gepflogen? Habe ich die Diener der Kirche und des Landes geschmälert, und gekränkt?«

      Alle schwiegen auf diese Worte des Herzoges.

      Dann sprach der Herzog Wladislaw wieder: »Weil wir die Söhne des Stammes Premysl, welche in den Waffen gegen uns gestanden sind, eingeladen haben, zu kommen, und ihre Klage zu sprechen, und weil sie gekommen sind, und gesprochen haben: so sagen nun die hohen und die niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren, welche in diesem Saale versammelt sind, ihre Meinung über das, was gesprochen worden ist. Otto, hochehrwürdiger Bischof von Prag, rede.«

      Otto, der Bischof von Prag, erhob sich von seinem Sitze, und sprach: »Wladislaw, erlauchter Herzog der Länder Böhmen und Mähren, du hast einen andern Weg nach den Herzogskämpfen der Landeskinder gegen die Landeskinder zu wandeln beschlossen, als manche Herzoge vor dir getan haben. Die Herzoge haben ihre Sippen, welche gegen sie die Waffen erhoben hatten, um die Nachfolge zu stören, nach der Besiegung gestraft. Sie mußten oft an der Freiheit und oft an ihrem Leibe büßen. Du wolltest deinen Sippen, wenn sie eine hinreichende Beschwerde haben, Recht widerfahren lassen, und hast deine Herren der Kirche und des Landes berufen, sie zu hören. Du hast deine Sippen berufen, und hast ihnen zugesichert, daß sie unbeschädigt kommen und wieder gehen dürfen. Sie sind gekommen, und haben gesprochen. Und weil ihre Beschwerden nicht hinreichend sind, so erkenne ich, daß sie gefehlt haben, und daß sie dich in der gebührenden Art um Verzeihung bitten sollen. Du, hoher Herr, wirst ihnen gnädig sein.«

      Nach diesen Worten setzte sich der Bischof wieder nieder.

      Der Herzog Wladislaw sprach: »Diepold, rede.«

      Diepold stand auf, und sprach: »Du bist der Herzog der beiden Länder und der Wladyk unseres Stammes. Einige deiner Sippen haben die Waffen gegen dich gekehrt, weil sie ihren Willen gegen den deinigen setzen wollten. Und hätten sie sonst was immer für Beschwerden, denen man gerecht werden müßte, so ist es doch an dem, daß sie ihres Aufruhres willen dich um Verzeihung bitten müssen. Du wirst mild sein und nicht Rache üben.«

      Er setzte sich wieder nieder.

      Der Herzog sprach: »Heinrich, rede.«

      Heinrich sprach: »Sie haben gegen dich, den Herzog und Wladyk, Krieg geführt, und müssen dieser Tat wegen um Verzeihung bitten. Du wirst sie ihnen aber auch gewiß gewähren.«

      Dann sprach der Herzog: »Silvester, ich habe dich bitten lassen, zu kommen, sage uns jetzt deine Meinung.«

      Silvester stand auf. Sein weißer Bart floß auf das Kleid seines Klosters hernieder, und seine blauen Augen blickten auf die mährischen Fürsten, die auf ihren Stühlen saßen. Einen Augenblick sagte er nichts. Dann aber sprach er: »Hocherlauchter Herr, als dich die Versammlung der hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren auf dem Wyšehrad zum Herzoge gewählt hatten, bin ich der Meinung gewesen, daß die Wahl nicht giltig ist, und daß du der Herzog nicht bist, weil in unseren Ländern überall kein Recht vorhanden ist, den Herzog zu wählen, und weil die hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren für den Tod des Herzoges Sobeslaw schon seinen Sohn Wladislaw als seinen Nachfolger mit ihrem Eide anerkannt hatten. Als aber Wladislaw, der Sohn Sobeslaws, sein Recht aufgegeben und sich unter Konrad von Znaim gestellt hatte, bist du in der Art der Herzog geworden, wie es alle vor dir seit der Aufhebung des Altererblichkeitsgesetzes geworden sind, durch die Tatsache und die Macht. Und es mußte so sein, weil sonst so lange kein Herzog möglich wäre, als bis ein Nachfolgegesetz gemacht wird. Alle Guten sind zu dir gegangen, und mein Sinn ist auch bei dir gewesen. Darum meine ich, daß der Krieg deiner Sippen gegen dich, als ihren Herzog, Aufruhr gewesen ist, und daß er Auflehnung gegen dich, als ihren Wladyk, gewesen ist. Sie müssen daher in der Demut, die in dem Lande gebräuchlich ist, um Verzeihung bitten. Wer deine Handlungen beobachtet hat, weiß, was du tun wirst. Ich danke dir, hocherlauchter Herr, daß du mich gerufen hast, meine Meinung in dieser großen Sache vor dieser hohen Versammlung zu sagen.«

      Nach diesen Worten setzte sich Silvester wieder auf seinen Sitz nieder.

      Hierauf sagte der Herzog: »Daniel, Propst von Prag, rede.«

      Daniel sprach: »Meine Rede ist kurz. Der Aufruhr deiner Sippen gegen dich, den Herzog und Wladyk, ist da gewesen, und die Sippen sollen in gebräuchlicher Art die Verzeihung erflehen.«

      Dann sagte der Herzog: »Gezo, Abt von Strahow, rede.«

      Gezo, der Abt von Strahow, aber sprach: »Ich rede, wie Daniel, der Propst von Prag, geredet hat.«

      Und wie Gezo sprachen auch die andern Äbte und Priester.

      »Und was sprichst du, Bolemil?« fragte der Herzog.

      »Ich spreche«, antwortete Bolemil, »machet ein Herzogs-Nachfolgegesetz, und macht Einrichtungen, daß es gehalten werden muß. Jetzt aber ist es das Recht und der Gang der Dinge wie immer, daß deine Sippen deine Verzeihung erflehen.«

      »Und was spricht Diwiš?« fragte der Herzog.

      Diwiš antwortete: »Ich spreche wie Bolemil.«

      »Und was spricht Lubomir?« fragte der Herzog.

      Lubomir antwortete: »Ich spreche,