Patricia Vandenberg

Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman


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gab Tatjana keck zurück. »Vielleicht darfst du mich ja hin und wieder besuchen kommen.«

      »Aber geschlafen wird in meinen heiligen Hallen.«

      »Das kommt ganz darauf an, ob wir ein schönes Bett finden«, erwiderte Tatjana mit einem vielsagenden Lächeln, das Danny fast sofort auf dumme Gedanken brachte. Schon wollte er die Arme nach seiner Freundin ausstrecken und sie an sich ziehen, als sie diesen Versuch im Keim erstickte.

      »Nichts da. Schließlich haben wir nicht ewig Zeit. Du musst heute Nachmittag in die Praxis, und ich habe später Vorlesung. Außerdem hat mich Frau Bärwald gefragt, ob ich gegen Abend ein, zwei Stunden im Café aushelfen kann.«

      Seufzend gab sich Danny geschlagen.

      »Also schön, Chefin. Wie gehen wir vor?«, fragte er ergeben, nachdem er Tatjana wenigstens einen Kuss geraubt hatte.

      »Die Maße der Wohnung haben wir ja schon«, dachte sie laut nach und steckte das letzte Stück Croissant in den Mund. »Deshalb können wir gleich loslegen und in den großen Möbelmarkt fahren. Du weißt schon, der, in dem man auch so gut italienisch essen kann.«

      Danny durchschaute sie sofort.

      »Aha, darum geht es also. Ums Essen.«

      »Irgendein Vorteil muss für mich ja rausspringen«, kicherte Tatjana. »Ich suche aus. Du bezahlst«, legte sie auch gleich die Konditionen fest und hob ihre Kaffeetasse wie ein Glas Sekt. Dabei grinste sie frech. »Auf dich und deine Kreditkarte!«

      Prinz Hasher hatte es etwas besser getroffen als Danny Norden. Nach den Feierlichkeiten des vergangenen Abends durfte er in aller Ruhe ausschlafen, ehe er sich nach einem herzhaften Frühstück von Lenni auf den Weg zu seinem Termin machte.

      Wie immer war Simone Kühn schon seit Stunden auf den Beinen, um sich um die Belange des Gestüts zu sorgen. Als gute Chefin kümmerte sie sich nicht nur um die Büroarbeiten, sondern war sich auch nicht zu schade dafür, zu Schaufel und Mistgabel zu greifen und einen Stall auszumisten. Als der große Geländewagen vorfuhr, lehnte sie die Schaufel an die Wand und ging ihrem Besucher interessiert entgegen.

      »Sie müssen Prinz Hasher sein!« Überwältigt vom Anblick dieses Mannes schnappte Simone nach Luft. Nach René hatte kein Mann mehr vermocht, ihr Interesse zu wecken. Der Prinz war der Erste seit vielen Jahren, und einen Augenblick lang verfluchte sich Simone dafür, sich nicht ordentlich frisiert und keine andere Kleidung gewählt zu haben. »Bitte entschuldigen Sie meinen Aufzug.« Verlegen sah sie an sich hinab. »Ich sehe aus wie ein Stallbursche.« Ihr Gesicht war heiß, und ihre Wangen waren von der anstrengenden Arbeit gerötet. Ein Strohhalm hing ihr im Haar, und eine Strähne ihres dunkelblonden Haares hatte sich aus dem Pferdeschwanz gelöst. Mit dem Handrücken strich sie sie aus der Stirn.

      »Sie sehen großartig aus«, gab Hasher mit glänzenden Augen zurück. Es war ihm anzusehen, dass das Kompliment ehrlich gemeint war. Er konnte der Versuchung nicht widerstehen und streckte die Hand nach dem Strohhalm aus. »Ich mag natürliche Frauen, die anpacken können.« Dabei lächelte er so hinreißend, dass Simones Wangen noch heißer wurden, als sie es ohnehin schon waren.

      »Nun ja, als zukünftige Chefin halte ich es für meine Pflicht, ein gutes Vorbild für meine Mitarbeiter zu sein«, erwiderte sie verlegen.

      »Ich teile diese Einstellung. Das Benehmen des Chefs prägt auch die Mitarbeiter.« Interessiert sah sich Hasher um. Der Besuch des deutschen Gestüts war für ihn auch in beruflicher Hinsicht spannend. »Sie haben einen sehr schönen Hof hier.«

      »Vielen Dank.« Simone atmete ein paarmal tief durch, um ihr aufgeregt schlagendes Herz zu beruhigen. »Aber das, was Sie hier sehen, ist nur ein kleiner Teil davon. Hinten liegen die Reitplätze und Außenboxen. Daneben gibt es eine Reithalle und weitläufige Weiden, damit sich unsere Tiere wohlfühlen.« Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. Augenblicklich dachte sie an den Grund, warum der Prinz hergekommen war.

      »Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, dass Sie sich Zeit nehmen, um sich mein Sorgenkind anzusehen.« Endlich war sie wieder ganz bei sich und warf einen raschen Blick auf die Uhr. Die Zeit war knapp. »Kommen Sie. Ich bringe Sie zu Aramis, bevor mein Vater zurückkommt.« Sie fasste Hasher leicht am Arm und führte ihn in Richtung des Stalls. »Paps hat einen auswärtigen Termin. Danach habe ich ihn noch unter einem Vorwand zu unserem Fachmarkt geschickt. Auf diese Weise gewinnen wir ein bisschen Zeit.«

      »Ganz schön raffiniert.« Amüsiert lächelte der Prinz auf Simone hinab und bewunderte insgeheim ihre aparte Erscheinung, der die Gummistiefel und engen Cargohosen, in denen ihre langen schlanken Beine steckten, keinen Abbruch taten. Wenn er nicht der schönen Kalila die Ehe versprochen hätte, wäre er durchaus in Versuchung geraten. So begnügte Hasher sich aber mit dieser wohlwollenden Betrachtung, ehe er an die Box des Araberhengstes trat.

      »Das ist Aramis!« Als Simone diesen Namen aussprach, bekam ihre ein wenig heisere Stimme einen warmen Klang, und ihre etwas herben Züge wurden weich. Ihr liebevoller Blick ruhte auf ihrem Lieblingspferd. »Das Wichtigste hab ich Ihnen ja schon erzählt.«

      Der grau schattierte Hengst stand in einer Ecke der Box und stampfte unruhig mit den Vorderbeinen auf. Als er die Besucher sah, warf er den Kopf in den Nacken und schnaubte unwillig.

      Hasher nickte und trat neben Simone an das massive Eisengitter, das die Box vom Gang abtrennte.

      »Hey, alter Junge, na, wie geht’s?«, begann er, beruhigend auf das sichtlich nervöse Tier einzureden. »Ich hab gehört, du bist ein toller Springer.«

      Aramis schüttelte unruhig den Kopf und wieherte, während Hasher weiter auf ihn einredete.

      »Ich wüsste zu gern, was in dir vorgeht. Willst du mir nicht verraten, warum du so wütend bist in letzter Zeit?«

      Simone lauschte den weichen Worten des Prinzen.

      »Drei Trainer haben ihn inzwischen unter die Lupe genommen. Aber keiner weiß, was mit ihm los ist«, seufzte sie mit traurigem Blick auf ihr Pferd. »Seit diesem Turnier vor ein paar Wochen ist er wie ausgewechselt. Normalerweise fahre ich immer mit. Nur dieses eine Mal nicht.«

      »Haben Sie mit den Leuten gesprochen, die dabei waren?«, erkundigte sich Hasher, beide Hände an die Eisenstäbe gelegt.

      »Natürlich. Jeden einzelnen ha­be ich mir vorgenommen. Aber alle Mitarbeiter sagen dasselbe. Es ist nichts vorgefallen, was sein Verhalten auch nur annähernd erklären könnte.«

      »Haben Sie versucht, mit ihm zu arbeiten?«, forschte der Prinz, selbst erfahrener Pferdezüchter und äußerst versiert im Umgang mit den stolzen Tieren. Er liebte sie genauso, wie Simone es tat, und konnte ihre Sorgen nachvollziehen.

      Sie nickte bekümmert.

      »Ich darf ihn noch nicht mal mehr anfassen und hätte abgesehen davon auch gar keine Kraft, ihn zu halten.«

      Hasher nickte nachdenklich.

      »Ein Pferd spürt genau, ob man Kraft und Durchsetzungsvermögen hat. Auch und vor allen Dingen mental.«

      Erstaunt horchte Simone Kühn auf.

      »Ich war in letzter Zeit mental wirklich nicht besonders stark. Diese Sache mit meiner Schilddrüse hat mich doch sehr durcheinandergebracht. Zwischendurch war ich so verzweifelt, dass ich fast den Glauben an Aramis verloren hätte.«

      »Man darf niemals den Glauben verlieren. In diesem Moment hat man sich selbst verloren«, erwiderte Hasher ernst, und Simone biss sich verlegen auf die Unterlippe.

      Während dieses Gesprächs hatte sich der Hengst in seiner Box kein bisschen beruhigt. Er lief von Wand zu Wand, warf den Kopf in den Nacken, blähte die Nüstern und riss gefährlich die Augen auf, dass das Weiße darin zu sehen war.

      »Fürs Erste reicht das«, beschloss Hasher daher, den Rückzug anzutreten.

      »Glauben Sie, Sie können ihm helfen?«, fragte Simone, während sie den Prinzen nach draußen begleitete.

      »Ich werde es auf jeden Fall versuchen. Es gibt verschiedene Methoden, um das Vertrauen eines