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Josephine Siebe
Oberheudorfer Buben- und Mädelgeschichten: Sechszehn heitere Erzählungen
Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2020
EAN 4064066114428
Inhaltsverzeichnis
Oberheudorf, wo es liegt, und wie es darin aussieht.
Wie es Heine Peterle in der Stadt erging.
Das Vogelschießen in Niederheudorf.
Muhme Lenelis und ihre Freunde.
Die Prinzessin mit dem seltsamen Namen.
Die klugen Gänse von Oberheudorf.
Seite d Inhalt.
Seite
Oberheudorf, wo es liegt, und wie es darin aussieht 1
Wie es Heine Peterle in der Stadt erging6
Der Schulrat in Oberheudorf22
Zwei Feinde37
Ehrenjungfern und Buben49
Die Roggenmuhme65
Das besinnliche Trinchen75
Sommergäste in Oberheudorf92
Das Vogelschießen in Niederheudorf107
Muhme Lenelis und ihre Freunde125
Die Prinzessin mit dem seltsamen Namen143
Die klugen Gänse von Oberheudorf157
Das Glück im Suppentopf170170
Friederikes Abenteuer188188
Das Ständchen198
Es brennt überall215
Oberheudorf, wo es liegt, und wie es darin aussieht.
An einem Frühlingstage kamen drei junge Männer auf ihrer Wanderung durch das deutsche Land nach Oberheudorf, das zwischen Gebirg und Ebene liegt. Als sie in das Dorf einzogen, lief ihnen unversehens ein Schweinchen in den Weg. Da rief der erste, der sich leicht über jeden Quark ärgerte: „Pfui, ist das ein abscheuliches, schmutziges Dorf! Hier laufen ja die Schweine auf der Straße herum! Und was für häßliche, baufällige Häuser das Dorf hat!“ Er sah dabei immer nur des Schnipfelbauers alten Ziegenstall an, die andern Häuser würdigte er keines Blickes. Schnurstracks eilte er von dannen, und in sein Reisebuch schrieb er: „Oberheudorf ist klein, schmutzig und häßlich.“
Der zweite, der zu denen gehörte, die alles besser haben wollen, sah, als er durch das Dorf ging, immer in die Luft und rief: „Wie niedrig die Berge sind! Und wie weit der Wald entfernt ist! Auf einem der Berge müßte eine Burg stehen. Der Bach müßte breiter sein und brausend bergab stürzen. Ja, dann möchte mir das Dorf gefallen!“
Flugs lief auch er von dannen, und in sein Reisebuch schrieb er: „Es lohnt sich nicht, Oberheudorf anzusehen, es hat keine schöne Lage.“
Der dritte der jungen Leute aber blieb mitten im Dorf stehen und schaute sich um. Er sah die blühenden Fliederbüsche in des Schnipfelbauers Garten und übersah darüber den baufälligen Ziegenstall. Er sah die kleine weiße Kirche, deren spitzes Türmchen sich scharf von dem lichten Frühlingshimmel abhob. Er sah die roten Ziegeldächer der Bauernhäuser in der Sonne leuchten und sah, wie liebevoll der große Apfelbaum seine blütenschweren Zweige über Muhme Lenelis' Häuschen breitete. Wohl waren die Berge nicht allzu hoch, aber schöner, dichter Tannen- und Laubwald bedeckte sie, auf dessen Boden weiche Moosteppiche lagen und zarte, helle Blumen blühten. Wohl war das Bächlein schmal, aber es plätscherte und brauste vergnügt durch das grüne Wiesental und sah aus wie ein aus Silberfäden gesponnenes Gürtelband. Kein Winkelchen im Dorf ließ der junge Mann unbesehen. Er trat auch ein in die Häuser, und freundlich hießen ihn die Bauern willkommen. Er saß dann in den niedrigen, holzgetäfelten Stuben, freute sich über die alten, buntbemalten Truhen, über die großen Schränke mit den dunklen Schnitzereien und die grünen Kachelöfen in den Ecken. Er ließ sich die Milch und das Brot schmecken, das die Bäuerinnen ihm vorsetzten, und freute sich, wie sauber die Höfe und Ställe aussahen, und wie viele, viele Blumen in den winzigen Gärten blühten.
Er saß dann noch lange auf der grünen Bank vor Schuster Pechdrahts Haus unter dem dicken Pfingstrosenbusch und