Religionen bleiben auf der fünften stecken. Sie gehen nicht über das Spirituelle hinaus. Alle organisierten Religionen, die Kirchen, bleiben dort.
Die sechste ist das Spirituell-Transzendentale – Yoga und andere Methoden. Auf der ganzen Welt sind über die Jahrhunderte hin viele Methoden entwickelt worden, die weniger einer organisierten Kirche gleichen, die nicht dogmatisch sind, sondern erfahrungsbezogen: Du musst etwas mit deinem Körper und Geist anfangen, du musst eine gewisse Harmonie in dir herstellen, sodass du dich zu dieser Harmonie emporschwingen kannst, dich auf diese Wolke der Harmonie schwingen kannst und darauf weit weg von deiner gewöhnlichen Realität ziehen kannst. Yoga kann für alles das stehen; das ist die sechste.
Und die siebte ist transzendental: Tantra, Tao, Zen. Buddhas Haltung ist die der siebten – Prajnaparamita. Das bedeutet Weisheit, die transzendental ist, Weisheit, die nur zu dir kommt, wenn all die anderen Körper durchquert wurden und du zu purer Bewusstheit geworden bist, einfach nur Zeuge, pure Subjektivität. Solange der Mensch nicht zum Transzendentalen gelangt, wird der Mensch mit Spielzeug und Lutschern versorgt werden müssen. Er wird mit falschen Sinngebungen versorgt werden müssen.
Erst kürzlich stieß ich auf eine amerikanische Autowerbung. Da stand neben einem schönen Auto … über dem Auto stand: „Etwas, woran man glauben kann!“ Der Mensch ist noch nie so tief gesunken! „Etwas, woran man glauben kann …“ Ihr glaubt an ein Auto? Ja, die Leute glauben dran – die Leute glauben an ihre Häuser, die Leute glauben an ihre Autos, die Leute glauben an ihre Bankkonten.
Wenn ihr euch umschaut, werdet ihr überrascht sein – Gott ist verschwunden, aber das Glauben ist nicht verschwunden. Gott ist nicht mehr da: Jetzt ist da ein Cadillac oder ein Lincoln! Gott ist verschwunden, aber der Mensch hat neue Götter geschaffen–Stalin, Mao. Gott ist verschwunden, und der Mensch hat neue Götter geschaffen – Filmstars.
Dies ist das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass der Mensch so tief gesunken ist. Und selbst wenn ihr euch manchmal an Gott erinnert, ist es nur ein leeres Wort. Vielleicht wenn ihr Schmerzen habt, vielleicht wenn ihr frustriert seid, benutzt ihr Gott – als ob Gott ein Aspirin wäre. Genau das haben euch die sogenannten Religionen glauben gemacht; sie sagen: „Nehmt Gott dreimal täglich, und ihr werdet keine Schmerzen haben!“
Gott ist kein Aspirin, Gott ist keine Schmerztablette. Nur also wenn ihr Schmerzen habt, erinnert ihr euch an Gott. Ein paar Leute erinnern sich an Gott gewohnheitsmäßig, ein paar andere erinnern sich an Gott berufsmäßig. Ein Priester – er erinnert sich berufsmäßig. Er hat nichts mit Gott am Hut, er wird dafür bezahlt. Er ist Profi geworden. Ein paar Leute erinnern sich gewohnheitsmäßig, ein paar Leute berufsmäßig, aber kein Mensch erinnert sich offenbar in tiefer Liebe an Gott. Ein paar Leute rufen seinen Namen an, wenn sie unglücklich sind; kein Mensch erinnert sich seiner, wenn sie frohen Herzens jubeln. Und genau das ist der richtige Moment, sich zu erinnern – denn nur wenn du voll Freude bist, ungeheuer von Freude erfüllt, bist du Gott nahe. Wenn du im Unglück bist, bist du weit entfernt, wenn du im Unglück bist, bist du verschlossen. Wenn du glücklich bist, bist du offen, fließend, kannst du Gottes Hand halten.
Also denkt ihr gewohnheitsmäßig an ihn, weil man euch das von Kindesbeinen an beigebracht hat. Es ist eine Art Gewohnheit geworden wie Rauchen: Wenn ihr raucht, genießt ihr das nicht besonders; wenn ihr jeden Morgen, jeden Abend an Gott denkt, ist nichts damit gewonnen, weil dieses Drandenken nicht aus dem Herzen kommt – rein verbal, mental, mechanisch. Aber wenn ihr nicht an ihn denkt, habt ihr das Gefühl, es fehle etwas. Es ist zum Ritual geworden. Hütet euch, aus Gott ein Ritual zu machen, und hütet euch, professionell damit zu werden.
Ich habe eine sehr berühmte Geschichte gehört:
Die Geschichte handelt von einem großen Yogi – sehr berühmt –, der von einem König das Versprechen erhielt, dass wenn er in tiefes Samadhi gehen und ein Jahr lang unter der Erde bleiben könne, der König ihm das beste Pferd des Reiches zum Geschenk machen würde. Der König wusste, dass der Yogi eine Schwäche für Pferde hatte, ein großer Pferdenarr war. Der Yogi war einverstanden. Er wurde lebendig begraben – ein Jahr lang. Aber im Laufe des Jahres wurde das Reich erobert und niemand dachte daran, den Yogi auszugraben.
Etwa nach zehn Jahren fiel es irgendwem ein: „Was ist aus dem Yogi geworden?“ Der König schickte ein paar Leute, um nachzusehen. Der Yogi wurde ausgegraben, er war immer noch in seiner tiefen Trance. Ein Mantra, auf das man sich zuvor geeinigt hatte, wurde ihm ins Ohr geflüstert. Er wurde wach, und das erste, was er sagte, war: „Wo ist mein Pferd?“
Nach zehn Jahren tiefer Stille unter der Erde … aber der Geist ist völlig unverändert geblieben: „Wo ist mein Pferd?“ War dieser Mann wirklich in Trance, im Samadhi? Hat er an Gott gedacht? Er muss an das Pferd gedacht haben! Aber er war profimäßig bewandert, geschickt. Er hatte offenbar die Technik erlernt, wie man seinen Atem zum Stillstand bringt, und wie man in eine Art von Tod geht – aber es war technisch. Nach zehn Jahren in so tiefer Stille hat sich der Geist nicht im Geringsten verändert! Es ist genau so, als wären diese zehn Jahre nicht verstrichen. Wenn du dich technisch an Gott erinnerst, wenn du dich profimäßig, gewohnheitsmäßig, mechanisch an Gott erinnerst, dann wird nichts passieren.
Alles ist möglich, aber alle Möglichkeiten gehen nur durch das Herz. Daher der Name dieser Schrift: Das Herz-Sutra. Solange du etwas nicht mit großer Liebe tust, mit großer Anteilnahme, mit großem Einsatz, mit Aufrichtigkeit, mit Authentizität, mit deinem ganzen Sein, wird nichts passieren. Für manche Leute ist Religion wie eine Beinprothese – sie hat weder Wärme noch Leben. Und obwohl sie ihnen hilft herumzuhumpeln, wird sie nie Teil von ihnen, muss sie jeden Tag angeschnallt werden.
Vergesst nicht: Genau das ist mit Millionen Menschen auf der Welt passiert, das kann auch mit euch passieren. Macht keine Prothese daraus. Lasst euch echte Glieder wachsen. Nur dann wird euer Leben Wärme haben, wird euer Leben Freude haben – nicht ein falsches Lächeln auf den Lippen, nicht eine Art Pseudoglück, das ihr vorspielt, nicht eine Maske, sondern Wirklichkeit. Gewöhnlich setzt ihr euch immerzu alles mögliche auf: Der eine setzt ein schönes Lächeln auf, der andere setzt ein sehr mitleidvolles Gesicht auf, der dritte setzt eine sehr, sehr liebende Persönlichkeit auf – aber all diese Dinge sind wie Kleider, die ihr euch selber anzieht. Tief drinnen bleibt ihr die gleichen.
Diese Sutras können eine Revolution werden.
Das allererste, der Anfang, ist stets die Frage: „Wer bin ich?“ Und man muss immer weiterfragen. Wenn du das erste Mal „Wer bin ich?“ fragst, wird das Muladhar antworten: „Du bist der Körper! Was soll der Unsinn? Frag nicht so dumm – du weißt es längst!“ Dann wird das zweite sagen: „Du bist Sexualität.“ Dann wird das dritte sagen: „Du bist ein Power-Trip, ein Ego!“ – und so weiter und so fort.
Merkt euch: Anhalten dürft ihr erst, wenn keine Antwort mehr kommt, eher nicht. Wenn irgendeine Antwort kommt, wie: „Du bist dies, du bist jenes!“, dann wisst, dass irgendein Chakra euch mit einer Antwort beliefert. Erst wenn alle sechs Chakren durchlaufen und all ihre Antworten überholt sind …
Ihr fragt immer noch: „Wer bin ich?“, aber nirgendwoher kommt Antwort, es herrscht absolute Stille …. Eure Frage wird zu ihrem eigenen Echo – „Wer bin ich?“ – und es herrscht Stille; nirgendwoher, aus keiner Ecke kommt Antwort, ihr seid absolut präsent, absolut still, und es kommt nicht die leiseste Welle … „Wer bin ich?“ – und nur Stille, dann passiert ein Wunder: Ihr könnt nicht einmal die Frage formulieren. Antworten sind absurd geworden. Zuerst verschwinden die Antworten, dann verschwindet auch die Frage – denn sie können nur gemeinsam leben. Sie sind wie die zwei Seiten einer Medaille – wenn die eine Seite weg ist, kann man die andere nicht behalten. Erst verschwinden die Antworten, dann verschwindet die Frage. Und mit dem Verschwinden von Frage und Antwort kommst du zur Erkenntnis: Das ist das Transzendentale. Du weißt es, und doch kannst du es nicht sagen; du weißt es, und doch kannst du es nicht artikulieren. Du weißt aus deinem ganzen Sein heraus, wer du bist, aber es lässt sich nicht verbalisieren. Es ist gelebtes Wissen. Es kommt nicht aus irgendeiner Schrift. Es ist nicht geborgt, es stammt nicht von anderen. Es ist in dir aufgetaucht.
Und mit diesem Auftauchen bist du ein Buddha. Und dann fängst du an zu lachen, weil du