Thomas Röper

Spieglein, Spieglein in der Hand


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dann einige Informationen über Geografie, Bevölkerung und Sprachen in Afghanistan geliefert wurden, kommt wieder der politische Teil, der damit beginnt, dass Russland im 20. Jahrhundert ein Auge auf Afghanistan geworfen hatte. Nun war das natürlich nicht Russland, es war die Sowjetunion, die genau wie die USA auf die an sie angrenzenden Länder einen gewissen Einfluss ausüben wollte.

      In der Sendung heißt es dann, dass die Briten Afghanistan 1919 anerkannt hätten. Kein Wort aber darüber, dass es die Sowjetunion war, die Afghanistan als erstes Land überhaupt anerkannt hat. Umgekehrt übrigens das Gleiche: Afghanistan hat als erstes Land überhaupt die Sowjetunion nach der Revolution anerkannt. Und auch danach waren die Beziehungen zwischen den Ländern knapp 70 Jahre lang bestens, und die Sowjetunion unterstützte Afghanistan wirtschaftlich massiv – auch bereits in den 60 Jahren, in denen Afghanistan kein Teil der sozialistischen Welt war.

      Dann lernen wir bei Arte Folgendes:

      „Mitten im Kalten Krieg beschloss die Sowjetunion im Dezember des Jahres 1979, Afghanistan zu besetzen, um dem kommunistischen Regime in Kabul zur Hilfe zu eilen. Aber das brutale Regime wurde von mehreren afghanischen Widerstandsgruppen bekämpft.“

      Hier haben wir nun die erste Lüge der Sendung, denn die Sowjetunion beschloss nicht einfach aus einer Laune heraus, Afghanistan zu besetzen. Sie musste von der afghanischen Regierung monatelang dazu überredet werden, die sich einem islamistischen Aufstand gegenübersah. Die Sowjetunion, die zur muslimischen Welt traditionell gute Beziehungen hatte, setzte auf Dialog, doch die afghanische Regierung wollte den Konflikt gewaltsam lösen.

      Und dieser Aufstand war das Werk der USA. Die CIA hatte in der „Operation Cyclone“ die islamistischen Gegner der afghanischen Regierung mit dem Ziel unterstützt, die Sowjetunion in einen Krieg zu locken. Das ist nicht etwa eine Verschwörungstheorie, sondern eine gesicherte geschichtliche Tatsache. Zbigniew Brzezinski, damals Nationaler Sicherheitsberater von US-Präsident Carter, sagte dazu in einem Interview im Jahre 1998:1

      Brzezinski: In der offiziellen Version der Weltgeschichte begann die Unterstützung der Mudschaheddin durch die CIA in den 1980er Jahren, sprich nach dem Einmarsch der Sowjet-Truppen in Afghanistan [am] 24. Dezember 1979. Die bisher gut behütete Realität dahinter sieht jedoch völlig anders aus. Tatsächlich unterzeichnete Präsident Carter den ersten Befehl zur verdeckten Unterstützung der Gegner des pro-sowjetischen Regimes in Kabul bereits am 03. Juli 1979. Am gleichen Tag schrieb ich dem Präsidenten eine Nachricht, in der ich ihn darauf hinwies, dass meiner Ansicht nach diese Unterstützung unweigerlich zu einer sowjetischen Militärintervention führen würde.

      Frage: Aber trotz dieses Risikos waren Sie ein Befürworter dieser verdeckten Operation. Vielleicht wünschten Sie sich ebenfalls eine Kriegserklärung der Sowjetunion und wollten diese provozieren?

      Brzezinski: Das ist so nicht ganz richtig. Wir haben die Russen nicht gedrängt, zu intervenieren, wir haben nur absichtlich die Wahrscheinlichkeit dafür erhöht.

      Frage: Als die Sowjets ihre Intervention mit der Bekämpfung einer verdeckten Einmischung der Vereinigten Staaten in Afghanistan begründeten, glaubte ihnen niemand, obwohl diese Aussage im Grunde genommen richtig war. Bereuen Sie diesen Schritt aus heutiger Sicht nicht?

      Brzezinski: Was soll ich bereuen? Diese verdeckte Operation war eine hervorragende Idee. Sie bewirkte, dass die Russen in die afghanische Falle tappten, und Sie erwarten ernsthaft, dass ich das bereue? Am Tag, an dem die Russen offiziell die Grenze überschritten, schrieb ich Präsident Carter: Jetzt haben wir die Möglichkeit, der UdSSR ihren Vietnamkrieg zu liefern. Und tatsächlich sah sich Moskau während der folgenden 10 Jahre gezwungen, einen Krieg zu führen, den sich die Regierung nicht leisten konnte, was wiederum die Demoralisierung und schließlich den Zusammenbruch des sowjetischen Herrschaftsgebiets zur Folge hatte.

      Frage: Und Sie bereuen es also auch nicht, den islamischen Fundamentalismus unterstützt und somit Waffen und Know-how an zukünftige Terroristen weitergegeben zu haben?

      Brzezinski: Was ist wohl bedeutender im Lauf der Weltgeschichte? Die Taliban oder der Zerfall des sowjetischen Reiches? Ein paar verwirrte Moslems oder die Befreiung Mitteleuropas und das Ende des Kalten Krieges?

      Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die USA haben die islamistischen Terroristen, mit denen wir seit 2001 angeblich Krieg führen, selbst erst geschaffen und bewaffnet. Und wie hieß einer ihrer Anführer mit besten Verbindungen zu CIA? Richtig: Osama bin Laden.

      Aber bei Arte finden wir natürlich kein Wort dazu – bei dieser Sendung über Geopolitik werden die entscheidenden Informationen einfach weggelassen. Ist das Inkompetenz oder bewusste Täuschung der Zuschauer? Ganz gleich, für welche Antwort Sie sich entscheiden, es wirft einmal wieder kein gutes Licht auf die Macher dieser Sendung.

      Die Sendung berichtet dann über den Kampf der Mudschaheddin gegen die Sowjetunion, den die Sowjetunion verlor. Die Rechnung der USA war aufgegangen, man hatte der Sowjetunion „ihr Vietnam“ bereitet. Die Sendung bei Arte erwähnt zwar die US-Unterstützung für die Mudschaheddin, vermeidet es aber, in diesem Zusammenhang Osama bin Laden oder die Taliban zu anzusprechen.

      Auch der Drogenanbau, der in den 1980er Jahren in Afghanistan unter der Schirmherrschaft der CIA begann, wird erst ganz am Ende der Sendung kurz erwähnt – dazu kommen wir später, obwohl es zum Verständnis der Sachverhalte der Sendung an dieser Stelle hätte erwähnt werden müssen.

      In der Sendung geht es dann um den Bürgerkrieg der 1990er Jahre, den die Taliban schließlich für sich entscheiden konnten und darum, dass die Taliban radikalen Islamisten Zuflucht gewährten, „darunter Osama bin Laden, dem Kopf der Anschläge von September 2001“. Hier also die erste Erwähnung von bin Laden, jedoch ohne auf seine Verbindungen zur CIA hinzuweisen.

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