Генри Филдинг

Tom Jones


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      HIER RUHEN IN GOTT

      UND IN ERWARTUNG EINER

      FROEHLICHEN AUFERSTEHUNG

      DIE GEBEINE DES

      HOCHWOHLGEBOHRENEN KAPITAIN

      HERRN JOHN BLIFIL.

      LONDON

      WAR STOLZ AUF SEINE GEBURT,

      OXFORD

      AUF SEINE ERZIEHUNG.

      SEINE GEISTESGABEN

      WAREN EINE EHRE SEINES STANDES

      UND SEINER NATION,

      SO WIE SEIN LEBEN DER RELIGION

      UND DER MENSCHLICHEN NATUR.

      ER WAR EIN PFLICHTVOLLER SOHN,

      EIN ZAERTLICHER GATTE,

      EIN LIEBEVOLLER VATER,

      EIN AUFRICHTIGER FREUND,

      EIN FROMMER CHRIST,

      UND EIN WOHLTHAETIGER MANN.

      SEINE UNTROESTLICHE WITTWE

      SETZTE DIESEN STEIN

      ZUM ANDENKEN

      SEINER TUGENDEN

      UND

      IHRER EWIGEN LIEBE.

      Drittes Buch.

      Worin die merkwürdigsten Begebenheiten enthalten sind, welche in der Familie des Herrn Alwerth von der Zeit an vorfielen, da Tom Jones sein vierzehntes Jahr erreicht hatte, bis dahin, daß er neunzehn alt wurde. Aus diesem Buche kann der Leser einige Fingerzeige behufs der Kinderzucht aufsammeln.

      Enthält wenig oder nichts.

      Der Leser wird so gefällig sein, sich zu erinnern, daß wir ihm zu Anfang des zweiten Buches dieser Geschichte einen Wink von unserem Vorsatze gegeben haben, daß wir verschiedene lange Zeitperioden, in welchen nichts vorgefallen, das in unserer Chronika aufgezeichnet zu werden verdiente, völlig überschlagen würden. Bei dieser Verfahrungsart ziehen wir nicht nur unsere eigene Würde und Bequemlichkeit zu Rate, sondern auch den Nutzen und Vorteil des Lesers, denn überdem, daß wir ihn dadurch abhalten, seine Zeit beim Lesen solcher Dinge wegzuwerfen, die ihm weder Nutzen noch Vergnügen schaffen können, geben wir ihm bei allen solchen Lücken eine Gelegenheit, seinen erstaunlichen Scharfsinn zur Ausfüllung dieser leeren Zeiträume mit seinen eigenen Konjekturen anzuwenden, und wir sind besorgt gewesen, ihn in den vorhergehenden Blättern zu diesem Unternehmen tüchtig zu machen.

      Wo ist zum Exempel der Leser, welcher nicht wisse, daß Herr Alwerth über den Verlust seines Freundes jene Bewegungen der Traurigkeit fühlte, welche bei solchen Gelegenheiten alle Menschen ergreift, deren Herzen nicht aus Kieselsteinen, oder deren Köpfe nicht aus ebenso harter Materie gemacht sind? Ferner, welcher Leser weiß nicht, daß Philosophie und Religion mit der Zeit die Traurigkeit mäßigt und endlich gar hinwegnimmt? Die erste dieser beiden, indem sie die Thorheit und Eitelkeit derselben lehrt, und die letzte, indem sie solche, als unserer Pflicht entgegenlaufend, bestrafet und zu gleicher Zeit durch solche Hoffnungen und Zusicherungen besänftigt, welche ein starkes und frommes Gemüt fähig machen, von einem Freunde auf seinem Sterbebette mit etwas minderer Gleichgültigkeit Abschied zu nehmen, als wenn er zu einer langen Reise Vorkehrungen träfe, und freilich auch mit etwas weniger Hoffnung, ihn wiederzusehen.

      Ebensowenig kann auch der verständige Leser in Ansehung der Frau Brigitta Blifil in Verlegenheit sein, welche, wie er ihr nur dreist glauben mag, die ganze Zeit hindurch, welche sie in äußerlicher Traurigkeit des Körpers zu erscheinen hatte, sich nach den strengsten Regeln der Gewohnheit und des Wohlstandes betrug und die Veränderung ihrer Mienen genau nach der Aenderung in den Trauerkleidern einrichtete. Denn sowie diese von der dichten Florkappe bis zur schwarzen Kreppe, von der Kreppe zum Grauen, vom Grauen zum Weißen, und endlich von Franzen zu Spitzen sich abändert, ebenso veränderten sich ihre Mienen und ihr Gesicht vom Untröstlichen zum Gram, vom Gram zur Betrübnis, von der Betrübniß zum Traurigen, vom Traurigen zum Ernsthaften, bis der Tag ankam, da es ihr erlaubt war, zu ihrer vormaligen Heiterkeit zurückzukehren.

      Wir haben dieser beiden Exempel bloß als solcher Aufgaben erwähnt, die man den Lesern von der niedrigsten Klasse vorlegen kann. Von den höher Graduierten in der edlen Kunst der Kritik kann man nach aller Billigkeit weit schwerere und mühsamere Uebungen der Beurteilungskraft und des Scharfsinns erwarten. Von solchen werden, wie ich nicht zweifle, manche merkwürdige Entdeckungen gemacht werden über die Begebenheiten, welche in der Familie unseres würdigen Mannes alle die Jahre hindurch vorfielen, die wir für ratsam erachtet haben, zu überschlagen. Denn obgleich während dieser Zeit nichts vorging, welches einen Platz in dieser Geschichte verdiente, so ereigneten sich doch verschiedene Zufälle von gleicher Wichtigkeit mit denen, welche die täglichen und wöchentlichen Geschichtschreiber unserer Zeit zu Papiere bringen, bei deren Lesung eine große Anzahl Menschen einen wichtigen Teil ihrer Zeit hinbringen und zwar, wie ich fürchte, mit gar geringem Nutzen. Nun kann man aber bei den hier vorgeschlagenen Konjekturen einige der vortrefflichsten Geistesfähigkeiten mit vielem Vorteil üben, indem es eine weit nützlichere Kunst ist, die Handlungen der Menschen unter allerlei Umständen aus ihrem Charakter vorherzusagen, als ihre Charaktere aus ihren Handlungen zu beurteilen. Das erste, gesteh' ich, erfordert tiefere Einsichten, ist aber bei wirklichem Scharfsinn mit so großer Gewißheit thunlich, als das letzte.

      Da wir einsehen, daß der ungleich größeste Teil unserer Leser diese Eigenschaft in einem sehr hohen Grade besitzt, so haben wir ihm einen Zeitraum von zwölf Jahren überlassen, woran er solche üben kann, und wollen nun unsern Helden in einem Alter von ungefähr vierzehn Jahren auftreten lassen, nicht zweifelnd, daß schon manche mit Ungeduld die Gelegenheit erwartet haben, mit ihm etwas nähere Bekanntschaft zu machen.

      Der Held dieser großen Geschichte erscheint unter sehr schlimmen Vorbedeutungszeichen. Eine kleine Erzählung von so niedriger Gattung, daß einige meinen werden, sie hätte wohl wegbleiben können. Ein paar Worte über einen Landjunker und mehrere über einen Wildmeister und über einen Schulmeister.

      Da wir uns, sowie wir uns niedersetzten, diese Geschichte aufzuschreiben, alsobald vornahmen, keinem Menschen zu schmeicheln, sondern unsere Feder durchgängig nach Anweisung der Wahrheit zu führen, so sind wir genötigt, unsern Helden auf eine viel nachteiligere Weise auf die Bühne zu bringen, als wir wohl gewünscht hätten, und selbst bei diesem ersten Auftritte ganz ehrlich und redlich zu gestehen, daß alle Hausgenossen des Herrn Alwerth der einstimmigen Meinung waren, er sei gewiß zum Galgen geboren.

      In der That, es thut mir leid, es zu sagen! es waren nur zu viele Gründe für diese Ahnung vorhanden. Der Bursche hatte von seinen frühesten Jahren an einen Hang zu manchen Lastern geäußert, und besonders zu einem, welches ebenso geraden Weges als alle übrigen zu diesem Ende führt, das, wie wir eben bemerkt haben, ihm in prophetischem Geiste vorher verkündigt ward. Er war bereits dreier Verbrechen wider das siebente Gebot überwiesen worden, nämlich der Beraubung eines Obstgartens, des Diebstahls einer Ente vom Hofe eines benachbarten Pächters, und der Mauserei eines Balls aus der Tasche des kleinen Blifil.

      Die Laster dieses Jünglings bekamen dabei noch eine häßlichere Gestalt durch das nachteilige Licht, in welchem sie erschienen, wenn sie den Tugenden des jungen Herrn Blifils, seines Spielkameraden, entgegengestellt wurden: ein Jüngling von einer so verschiedenen Gemütsart von Jones, daß nicht nur die Leute des Hauses, sondern die ganze Nachbarschaft ihn lobpreiseten. Er war in der That ein Knabe von hervorstechendem Charakter, eingezogen, klug und fromm über sein Alter. Eigenschaften, welche ihm die Liebe eines jeden gewannen, der ihn nur kannte; währenddessen den Tom Jones niemand leiden mochte, und mancher seine Verwunderung äußerte, wie Herr Alwerth zugeben könnte, daß ein solcher Junge mit seinem Neffen erzogen würde,