Frank Maschmann

Total Compensation


Скачать книгу

Crowdworker mit ihren Auftraggebern gemacht haben und wie fair bzw. unfair sich der Crowdsourcer verhalten hat. Darüber hinaus wird versucht werden, insbesondere international tätige Unternehmen auf die Einhaltung der Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) und auf die Orientierung der Entgelte am jeweiligen nationalen Einkommensniveau und an den jeweiligen nationalen Mindestlöhnen zu verpflichten, indem Betriebsräte und Gewerkschaften die Einhaltung dieser Standards durch entsprechende Abkommen bei den Auftraggebern absichern.19 Da die derzeit rechtlich schwache Position der externen Crowdworker mittelbar auch Druck auf reguläre Beschäftigungsverhältnisse ausüben kann, werden die Betriebsräte ihre Informations- und Beratungsrechte intensiv wahrnehmen, um ein genaues Bild zu haben, welche Arbeiten über externes Crowdsourcing vergeben werden. Hier wird dann verstärkt versucht werden, analog zu Leiharbeit und Werkverträgen, mit den Arbeitgebern Mindestbedingungen für externe Crowdworker auszuhandeln.

      37

      38

      Wird der Crowdsourcing-Ansatz unternehmensintern angewendet (internes Crowdsourcing), etwa in der Entwicklung, ergeben sich Möglichkeiten, quasi virtuelle Akkordzettel zu erstellen, die nicht nur eine virtuelle Einsatzsteuerung der Mitarbeiter in relevanten Projekten erlauben, sondern – insbesondere wenn dies mit einem Punktesystem verbunden wird – ebenso ein entsprechender (Leistungs-)Vergleich der internen Crowdworker, etwa über die Kriterien Termintreue, Zeit, Aufwand und Qualität des Arbeitsergebnisses. Im Falle des internen Crowdworkings bleibt das Arbeitsverhältnis und damit der bisherige Arbeitnehmerstatus des Crowdworkers bestehen, insofern kann der Arbeitgeber hier die Vergütung nicht in toto von der Zahl der erfolgreichen Bewerbungen auf der internen Crowdplattform und der dabei erzielten Arbeitsergebnisse und anderer Kriterien wie Termintreue etc. abhängig machen, weil dem der Beschäftigungsanspruch entgegen steht. Jedoch lässt sich (entsprechend automatisiert) ein Datensatz zu den Leistungsbeiträgen des Mitarbeiters auf der internen Plattform jederzeit auswerten und kann so in eine Leistungsbewertung einfließen. Ist diese mit dem Entgeltsystem verbunden, wäre damit die direkte Verknüpfung zur variablen Vergütung, wie auch für den leistungsbezogenen Gehaltsüberprüfungsprozess, möglich.

      39

      Schließlich ergeben sich Anforderungen an die Ausgestaltung der Anreizsysteme aus den unterschiedlichen Protagonisten in der sich ändernden Arbeitswelt. Dabei geht es zum einen um die Gruppe der Arbeitnehmer, deren aktueller Arbeitsplatz und damit verbundene Arbeitsinhalte und Anforderungen vom Wandel zur „Arbeitswelt 4.0“ betroffen sein werden. Will der Arbeitgeber die vorhandenen Potenziale seines internen Arbeitsmarktes weiterhin nutzen, so ergibt sich das Erfordernis, frühzeitig gegenzusteuern. Mit integrierten Entwicklungsmaßnahmen sind die Mitarbeiter auf neue Aufgaben und geänderte Anforderungen vorzubereiten. Hier bedarf es einerseits einer Integration der qualitativen Personalplanung in die Unternehmensplanung und andererseits der bereits skizzierten Integration von spezifischen Weiterbildungs- und Trainingsangeboten und -budgets in ein ganzheitliches Anreizsystem.

      40

      Zum anderen wird aus unternehmerischer Gestaltungssicht insbesondere die Gruppe relevant sein, die als freiwillig selbstständig anzusehen ist. Diese plant ihre Karriere unabhängig von spezifischen Unternehmenszugehörigkeiten. Größte Bedeutung hat hier das Element Barvergütung, wenn möglich in Verbindung mit Formen der (aktienbasierten) Unternehmensbeteiligung. Damit können aus einer Gesamtvergütungssicht klassische Zusatzleistungsbestandteile substituiert werden, die für Selbstständige keine Rolle spielen (z.B. Firmenwagen) bzw. in deren Eigenverantwortung (z.B. Altersversorgung) liegen.

      41

      Abschließend ist festzuhalten, dass sich die Unternehmen ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung nicht entziehen können. Das heißt, neben der Konzentration auf die sich aus dem Wandel in der Arbeitswelt ergebenden Implikationen auf die internen Prozesse müssen sich die Unternehmen und ihre Verbände einerseits aktiv an dem gemeinsamen Dialog mit den Verbänden der Sozialpartner und den politisch Verantwortlichen über die Zukunft der überbetrieblichen Parameter der Arbeitswelt beteiligen. Andererseits müssen den Unternehmen die Handlungsspielräume zur flexiblen Gestaltung ihrer Entgeltsysteme zurückgegeben werden, wollen sie den vielfältigen Anforderungen gerecht werden. Zaghafte Tendenzen der Tarifpartner, die derzeit bestenfalls mit Blick auf potenzielle Unternehmenskrisen eine unternehmensnahe Ausgestaltung betrieblicher Entgeltfindung erlauben, greifen zu kurz und fokussieren lediglich auf Volumen- und Ausschüttungsparameter. Stattdessen ist ein proaktives, antizipatives Verständnis von Entgeltflexibilisierung als Leitlinie notwendig, was in der Lockerung der Gestaltungsrestriktionen auf der tarifvertraglichen Regelungsebene und einer insgesamten Neuordnung des Verhältnisses von Tarif- und Betriebsebene seinen Niederschlag finden muss.

      10 Vgl. dazu und zum Folgenden Wiskemann, Personalführung 04/2016, 28. 11 Vgl. Peridis/Wade, Rewarding good behavior – Does your company have the right incentive schemes?, 2013 (http://www.imd.org/challenges/rewarding-good-behaviourgovernance-michael-wade-theodore-peridis.cfm, abgerufen am 6.6.2014). 12 Vgl. Faller/Otto, Industrie 4.0 gelingt nur mit aktivem Personalmanagement (http://www.maschinenmarkt.vogel.de/industrie-40-gelingt-nur-mit-aktivem-personalmanagement-a-463653/, abgerufen am 13.1.2016). 13 Vgl. Faller/Otto, Industrie 4.0 gelingt nur mit aktivem Personalmanagement (http://www.maschinenmarkt.vogel.de/industrie-40-gelingt-nur-mit-aktivem-personalmanagement-a-463653/, abgerufen am 13.1.2016). 14 Vgl. für einen Überblick zu externen Crowdsourcing-Plattformen Däubler/Klebe, NZA 2015, 1032. 15 Vgl. http://idguzda.de/forschungsreisen/marktplaetze-fuer-arbeit-disruptiver-wandelin-der-organisation-hochqualifizierter-arbeit/ (abgerufen am 10.11.2015). 16 Vgl. zu Beispielen zur Entlohnung von Crowdworkern Benner-Leimeister/Zogaj/Blohm, S. 29 f. 17 Vgl. Benner-Cherry, S. 239. 18 Vgl. Däubler/Klebe, NZA 2015, 1032. 19 Vgl. Benner-Rio Antas, S. 330. 20 Zur Schwierigkeit der rechtlichen Bestimmung des Status des Crowdworkers (selbstständig vs. Arbeitnehmer) vgl. beispielhaft Benner-Rio Antas, S. 327 f.

      42