Frank Maschmann

Total Compensation


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Dienst auf die Bewertung derjenigen Tätigkeit an, die den überwiegenden Teil der Gesamtarbeitszeit des Arbeitnehmers in Anspruch nimmt. Aber dem voran geht eine Aufteilung der gesamten Arbeit in die genannten Arbeitsvorgänge. Macht einer der gebildeten Arbeitsvorgänge einen Zeitanteil von „mindestens zur Hälfte“ der Gesamtarbeitszeit aus,41 so ist seine tarifliche Bewertung allein entscheidend für die Gesamtbewertung. Das Besondere daran ist, dass der Arbeitsvorgang selbst in seiner Gänze einheitlich bewertet wird und gewissermaßen den „Stempel“ der ihm zugeordneten Tarifgruppe aufgedrückt bekommt. Welcher das ist, bestimmt sich nach der am höchsten bewerteten Einzeltätigkeit innerhalb des Arbeitsvorgangs, die ihrerseits nicht die dort zeitlich überwiegende Einzeltätigkeit sein oder den Arbeitsvorgang als solchen „prägen“ muss. Es genügt, dass sie innerhalb des Arbeitsvorgangs in einem „tariflich relevanten Ausmaß“ auftritt.42 Daraus erhellt, dass die Bestimmung des Arbeitsvorgangs einen großen Einfluss auf das Ergebnis der Gesamtbewertung der Tätigkeit hat.

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      Dabei sind die vorangegangenen Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers natürlich von großer Bedeutung. Im Allgemeinen wird man sagen können: je flacher die Hierarchie ist, desto tiefer und differenzierter ist die dem Mitarbeiter übertragene Tätigkeit. Definiert der Arbeitgeber in seiner Organisation das angestrebte Arbeitsergebnis umfassend, hat das zur Folge, dass der Arbeitsvorgang in der Regel „größer“ wird und eine höhere tarifliche Wertigkeit aufweist.

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      Beispiele:

       – Aufnahme von Beschwerden und Organisation der Abhilfe, statt nur: Aufnahme und Ordnung von Beschwerden, Weiterleitung an die für die Abhilfe zuständigen Stellen;

       – Umfassende Betreuung einer Pflegefamilie durch einen Sozialarbeiter (incl. Entscheidungen über Hilfeplanmaßnahmen, Inobhutnahme von Kindern, Anfertigung von Gutachten für das Familiengericht), statt nur: Betreuung von Pflegekindern, mit der Pflicht zur Information in Krisensituationen an andere zuständige Stellen des Jugendamtes, die die weitere Bearbeitung übernehmen;

       – Bearbeitung aller Wohngeldakten eines Bezirks vom Antrag bis zum rechtskräftigen, ggf. gerichtlichen Abschluss, statt nur: Bearbeitung von Wohngeldanträgen bis zum ersten Bescheid, Durchführung des Widerspruchs- und Klageverfahrens durch andere Mitarbeiter.

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      Die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt grundsätzlich ohne Heranziehung der tariflichen Merkmale. Er ist allein aufgrund der für ihn maßgebenden Tatsachen zu bestimmen. Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt die Praxis oft zu dem Ergebnis, dass nur wenige Arbeitsvorgänge vorliegen. Es ist – insbesondere im Bereich von Funktionszuweisungen (z.B. Kassenleiter) – nicht selten, dass die gesamte Tätigkeit des Arbeitnehmers als ein einziger großer Arbeitsvorgang angesehen wird, da alle einzelnen Arbeitsschritte demselben Arbeitsergebnis dienen und deshalb die Tätigkeit insgesamt einheitlich zu bewerten ist. Das ist in der Regel für den Arbeitnehmer vorteilhaft, weil die beim Arbeitsvorgang anfallenden höchsten Anforderungen für die Gesamtbewertung des Arbeitsvorgangs maßgebend sind.

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      Erst wenn dieser Vorgang abgeschlossen ist, erfolgt die tarifliche Bewertung (dazu unten Rn. 56 ff.). Liegen mehrere Arbeitsvorgänge vor, die jeweils einem anderen Arbeitsergebnis dienen, sind sie jeweils in ihrer tariflichen Wertigkeit für sich genommen zu bestimmen.

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      In der Praxis der Eingruppierung in der Privatwirtschaft werden sich diese Probleme nicht in jedem Fall stellen, weil durch Gepflogenheiten der Branche oder eindeutige Zuordnungen jeweils hinreichend klar und deutlich ist, um welche „Kern-Tätigkeit“ es geht, und auch Konsens über die Zuordnung von weiteren Arbeitsschritten zu dieser Tätigkeit besteht. Das weist darauf hin, dass es sich bei der konkreten Anwendung deshalb nicht um ein praktisches Problem handelt, weil die notwendige Zuordnung und Zusammenfassung sich ohne weiteres erschließt. Dies ist aber keineswegs immer der Fall, weshalb dieser Punkt bei der Prüfung nicht ausgelassen, sondern allenfalls seine unproblematische Handhabung konstatiert werden darf.

       a) Die Anwendung der Tätigkeitsmerkmale

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