Mensch und er kann und will die BDSM-Welt auch nicht verstehen oder leiden. Als eine abgrundtiefe Perversion hat er diesen Fetisch tituliert. Er kann weder mit ihrem Wunsch umgehen noch ihn erfüllen. Im Gegenteil. Ihr Verlangen erfüllt ihn mit Zorn. Seine Abneigung davor erfüllt sie wiederum mit Hass. Und so stirbt jeglicher Versuch recht rasch und findet auch keine Erwähnung mehr.
Wer ein so ungezähmtes Sexleben genießt wie wir beide, der weiß, dass auf Dauer die Spuren dieser Liebesnächte nicht verborgen bleiben können. Von unserem zweiten Treffen sind deutliche Male zurückgeblieben. Sie liebt diese Zeichen unserer Leidenschaft. Es verbindet sie mit mir. Und so trägt sie diese auch mit Stolz. Sie ist natürlich darum bemüht, alle Merkmale auf ihrem Körper so gut als nur irgendwie möglich zu verbergen. Doch schon am zweiten Tag nach unserem letzten Treffen ist sie unvorsichtig und ihr Mann entdeckt die Striemen auf ihrer Haut.
»Wo hast du die her?«, zeigt er anklagend auf ihren Rücken.
»Das habe ich mir selbst angetan. Mich gegeißelt, da du ja dazu nicht bereit bist!«, lügt sie gut vorbereitet und klagt ihn zugleich an. Angriff ist die beste Verteidigung, davon ist sie überzeugt.
»Ich habe mir die Striemen und blauen Flecke selbst zugefügt, um dieses gute Gefühl zu erleben, nach dem ich mich sehne und das du mir verweigerst. Versteh es oder lass es bleiben. Mir egal. Ich werde jedenfalls nicht damit aufhören.«
Ihre Lüge ist von frecher Einfachheit. Sie hat mit dieser Ankündigung bereits allen Spuren, die er zukünftig noch entdecken sollte, sehr schlau vorgegriffen, ihnen ihr Geheimnis genommen.
Er glaubt ihr und lässt es sein. Verstehen kann er seine Ehefrau ohnehin in den letzten Wochen nicht mehr. Sie verändert sich immer mehr und wird zu einer Person, die er gar nicht mehr wiedererkennt. Zumindest denkt er das. Er glaubt ihr aber möglicherweise auch nur deshalb, weil es ihm zu mühsam ist, über all dies intensiv nachzudenken. Kopfschüttelnd verlässt er das Zimmer.
***
Ich stehe am Fenster meines Büros und schaue gedankenverloren in die Ferne. In meiner Hand halte ich eine Tasse heißen Kaffee, an der ich ab und zu nippe. Meine Assistentin kommt herein. Sie legt mir Unterlagen auf den Schreibtisch. Auch wenn ich es nicht sehen kann, so spüre ich dennoch, dass sie mich beobachtet. Ich stehe sonst nie am Fenster und starre nur so hinaus. Wozu auch.
»Ist etwas, Chef?«, fragt sie mich.
Ich drehe mich ihr zu, gucke sie an, nippe an der Tasse und gehe aus dem Zimmer.
Bislang konnte ich meine beiden Welten immer sehr gut voneinander trennen. Nun verhält es sich etwas anders. Dieses blonde Wesen hat mich tiefer berührt als alle zuvor. Aber will ich das auch?
ANILA
Anila ist eine wunderschöne, gut gebaute dunkelhäutige Schönheit. Ihr Vater stammt aus Indien, genauer gesagt, aus Mumbai. Sie hat sehr große Ähnlichkeit mit dem Star Freida Pinto. Die weibliche Hauptdarstellerin aus dem Kinohit Slumdog Millionaire. Pinto stammt, wie Anilas Vater, ebenfalls aus Mumbai. Aussehen, Alter und Wurzeln liegen bei diesen beiden Damen sehr nahe beieinander. Ansonsten gibt es kaum noch Gemeinsamkeiten.
Anila ist die beste Freundin der Dienerin. Mit ihr kann sie über alles sprechen und umgekehrt gilt dasselbe. Selbst die größten Geheimnisse wissen die zwei voneinander.
Die beiden Frauen brauchen sich. Sie können sich über alles austauschen und sind immer füreinander da. Sie kennen sich bereits eine halbe Ewigkeit und haben schon vieles gemeinsam durchgestanden. Es ist ihre besondere Art, miteinander umzugehen. Jede nimmt die andere so, wie sie ist. Selbst Eigenarten, die der anderen nicht passen, werden toleriert. Anila, obwohl nur wenige Kilometer von ihrer Freundin entfernt geboren, war Zeit ihres Lebens mit dem Makel, eine Ausländerin zu sein, behaftet. Und das, obwohl sie keine ist. Aber ihre dunkle Haut, die sie von ihrem Vater geerbt hat, die wunderschönen braunen Rehaugen und dieser seltene Name machten sie zu etwas, was sie niemals war. Jedenfalls in unserem Breitengrad war sie immer schon die Fremde. Nur für die blonde Freundin an ihrer Seite stellte sie immer nur eines dar: ihre Verbündete. Zwischen ihnen waren Name und Hautfarbe so unwichtig wie das, was die Leute um sie herum dachten.
Anila diente auch mehrfach schon als Alibi für diverse Seitensprünge ihrer besten Freundin, aber auch umgekehrt. Ihre Liebschaften hatten bisher jedoch keinen BDSM-Hintergrund. Bei niemandem. Die zwei sind schon lange nicht mehr glücklich in ihren Beziehungen und doch ist ihr Leben derart verstrickt, dass eine Trennung nicht ohne größere Probleme vonstattengehen würde. Für keine von ihnen. So helfen sie sich gegenseitig, wo es nur geht. Anila führt eine sehr unglückliche Ehe. Eine noch unglücklichere als ihre Leidensschwester. Sie ist auch die Einzige, die in unsere Beziehung eingeweiht ist. Durch die jüngsten Abenteuer ihrer Leidensgenossin inspiriert, begibt sie sich ebenfalls auf die Suche nach einem dominanten Mann. Und auch Anila kann auf keine Kinder zurückgreifen, die von der ehelichen Einöde ablenken könnten. Einzig ihr Bruder hat ein Kind, welches sie mitunter betreut. Aber das reicht nicht aus, um dieses Leben bunter zu gestalten.
Anila trägt, wie meine Dienerin, eine devote Ader in sich, allerdings bei Weitem nicht so ausgeprägt. Sie ist auch nicht so konsequent in der Umsetzung ihrer Fantasien. Es gibt bald viele Chatkontakte zu (angeblich) dominanten Herren, aber noch kein einziges Treffen. Die dunkelhäutige Venus ist eine jener devoten Frauen, die ihre Vorlieben gerne ausleben möchten, der aber die Konsequenz für eine reale Umsetzung fehlt. Und so gibt sie sich bei mehreren angeblichen Doms ihren Fantasien am Computer hin. Leider hat sie eine sehr unglückliche Hand, was die Auswahl ihrer Männer betrifft. Ihr ist das Aussehen viel wichtiger als der Mensch, der dahintersteckt, bzw. hinterfragt sie einen perfekt gebauten Männerkörper erst gar nicht. Es genügt ihr das Bild davon. Und weil Anila sich ja ohnehin zu keinem wirklichen Treffen durchringen kann, ist dieser oberflächliche Gedanke noch nicht einmal so verkehrt.
Nun ist es nicht so, dass sich diese hübsche Exotin nicht ein echtes Treffen herbeiwünscht. Und doch bleibt es bei der Tastenerotik am Computer.
Und das ist auch gut so, denn die meisten dieser angeblichen Tops entpuppen sich entweder als Fake oder angehende Psychopathen, mit denen man besser nicht alleine ist.
Anila tritt, über meine Dienerin, mit einer Bitte an mich heran. Sie sucht einen Despoten wie mich. Jemanden, dem ich eine devote Anfängerin für eine Knechtschaft anvertrauen würde. Der Anila in seine Obhut nimmt, sie in das Leben einer ergebenen Sklavin einführt. Langsam, geduldig und vorsichtig.
Natürlich kenne ich einige aus der Szene, jedoch niemanden, der eine junge Frau aufnimmt, die im Grunde gar nicht wirklich untertänig ist, sondern nur davon träumt, es zu sein. Anila hat ihre Traumvorstellung von einem Herrn aus erotischen Büchern und Filmen, die aber nichts mit der Realität zu tun haben. Fantasien, die nur unerfüllt bleiben.
Ich biete ihr einen Vertrag an. In dem Kontrakt ist zu lesen, dass sie sich mir gänzlich zu ergeben hat. Nicht körperlich, sondern in Bezug auf meine Entscheidungen. Ich werde die gesamte Korrespondenz, die sie mit den angeblichen Doms führt, zu lesen bekommen, und wenn nötig, sogar mit den Männern Kontakt aufnehmen.
Als Erstes werde ich dadurch herausfiltern, ob es sich bei diesen Männern um reale Doms, Fakes oder Spinner handelt. Bislang trafen immer die beiden letzten Punkte auf Anilas Männerauswahl zu.
Ich gebe ihr ein paar Tage Zeit, um über diesen Vertrag nachzudenken. Die Halbinderin lehnt letztendlich ab. Selbst diesen Anforderungen will sie sich nicht unterwerfen. Für mich ist es in Ordnung. Damit ist aber auch meine Bereitschaft, ihr zu helfen, beendet und Anila kontaktiert weiterhin sehr fragliche Typen.
Ich bin der Frau keineswegs böse. Es ist ihre Entscheidung und ich respektiere diese auch. Darüber hinaus mag ich dieses Braunauge von Beginn an. Ich mag ihre Art und ihre Freundschaft zu meiner Dienerin. Sie tut ihr gut!
DAMPF
Um sich die Zeit bis zum nächsten Treffen zu verkürzen, ist wieder ein Abenteuer via Skype angesagt. Meine Dienerin liebt den Saunabesuch und so etwas soll man nutzen. Gemeinsam mit einer anderen Freundin möchte sie einer beliebten Sauna, nahe ihres Wohnortes, einen Besuch abstatten. Mobiltelefone sind in dieser