Alissa Stone

Im Zentrum der Lust | Roman


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Und mit jedem Mal, wo er sich mir aufs Neue entzog, stellte sich das Bangen ein, verknüpft mit der Gewissheit, dass es sich nur um Sekunden handeln konnte, bis die Strafe endlich meinen Körper traf. Mal dauerte es länger, mal kam sie unverzüglich. Mal fester, mal leichter. Mal waren es mehrere, schnell hintereinander, mal nur ein einziger.

      Eigentlich hätte es Panik und Abscheu in mir hervorrufen sollen, aber das tat es nicht. Es versetzte mich in einen Flow. Ich war so konzentriert auf diese Aufgabe, dieses Bangen, dass ich alle anderen Gedanken ausblendete. Die Schläge selbst waren erträglich, es war dieses Herbeisehnen des Schmerzes, das mich mit Adrenalin vollpumpte und ein Prickeln in mir entzündete, das mich zum Stöhnen und Seufzen brachte.

      Zum wiederholten Male glitt ich mit der Hand über seinen Phallus. Offenbar machte ich alles richtig, denn ich spürte plötzlich wieder seine Hände über meine Brüste streichen. Sacht küsste er meinen Nacken und die Schulter. Meine Scham schwoll an und begann heftig zu pulsieren. Es zeigte sich ein Gefühl, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Mit dem ich auch nicht rechnen wollte. Wie konnte ich in einer derartigen Situation erregt sein?

      Erschrocken über mich selbst löste ich die Finger von seinem erigierten Glied. Sofort entzog er mir seine Liebkosung und strafte mich für mein Vergehen.

      Das Prinzip war einfach: Tu, was ich will und du wirst belohnt, tust du es nicht, wirst du bestraft. So ging es weiter. Bis etwas Warmes meinen Hintern besudelte und zäh über meinen Schenkel kroch. Und doch hörte er nicht auf, zwirbelte weiter meine Warzen und stimulierte meine Klitoris. Gekonnt und gefühlvoll, als wüsste er um das Verlangen meines Körpers. Und ich ließ mich darauf ein. Weil mein Körper es wollte, weil er sich so sehr nach diesen Berührungen sehnte. Seine Finger wiegten mich in einen schwingenden Zustand. Ich dachte nicht mehr an das, was nicht sein dürfte, ich fühlte nur noch diese süßen Wellen, bis ein stürmisches Beben meinen Körper erfasste und mich seine Hände wie ein sicheres Netz auffingen.

      Eine Zeit lang lehne ich an ihm, gestützt von seinen Armen, die mich fest ummantelten. Ich fühlte mich vollkommen entspannt und in mir ruhend.

      Langsam kam mein Körper wieder zu Kräften, der Franzose stellte mich auf die Füße und nahm die Augenbinde ab. Mir wurde plötzlich bewusst, was eigentlich passiert war. Es war, als wäre ich aus einem Traum erwacht. Seine Schläge, die Lust, die mich schleichend überfallen hatte, ohne dass ich es gewollt hatte. Ich fühlte mich plötzlich so schuldig. Wie konnte ich mich nur so gehen lassen, wenn ich das alles doch gar nicht wollte?

      Er setzte sich auf den Diwan und schmiegte den Oberkörper an die Lehne. Während ich regungslos vor ihm stand – entsetzt über das, was an meinem Schenkel klebte und entsetzt über mich selbst.

      Mit unbewegter Miene sah er auf mich und zündete sich eine Zigarette an.

      »Du wirst noch lernen, schneller zu reagieren. Bisher haben es alle gelernt.«

      Mehr sagte er nicht. Genüsslich zog er am glühenden Stängel und stieß den Rauch in meine Richtung. Die Gedanken schossen durch meinen Kopf, doch ich konnte sie nicht greifen. Ich wusste nicht, was ich denken sollte, über seine Worte, über mich, über diesen Ort, über das, was geschehen war und noch geschehen würde.

      Er sah auf seine Armbanduhr und drückte den Stummel in den Aschenbecher. Dann befreite er mich vom Knebel und band mich an Hals und Füßen los. Nur die Hände ließ er auf dem Rücken gefesselt. Er brachte mich zur Tür, und als er sie öffnete, wartete Theo bereits im Flur auf uns. Der Franzose nickte ihm zu, woraufhin Theo grinste und mich von oben bis unten musterte. Obwohl ich nicht wusste, was das Nicken zu bedeuten hatte, schämte ich mich. Weil ich etwas zugelassen hatte, wogegen ich mich hätte sträuben sollen. Ich hatte meine Lust die Oberhand gewinnen lassen und stand nun als Verlierer da.

      Während der Franzose die Treppe nach oben ging, führte mich Theo zu meiner Zelle. Wie erwartet stand Mila in der Mitte des Raumes. Theo löste die Manschetten, stieß mich zu ihr ins Zimmer und verschloss von außen die Tür. Sie sah mich an, blickte auf das Sperma an meinem Schenkel und lachte. Schadenfreude funkelte in ihren Augen.

      »War’s schön?«, fragte sie mich.

      Ich gab keine Antwort. Denn ich wusste, es hätte sie nur noch mehr angespornt. Ich hatte mir vorgenommen, mich mit ihr gut zu stellen, damit ich sie für mein Ziel nutzen konnte. Auch wenn es mir schwerfiel, ich musste mich ihr gegenüber zurückhalten.

      »Ich gehe mich waschen«, sagte ich nur und ging an ihr vorbei.

      »Oh, dann war es wohl sehr schmutzig. Shazar mag es schmutzig und vor allem hingebungsvoll. Darum wundert es mich, dass er ausgerechnet dich gewählt hat.«

      Ich versuchte, ihren Kommentar zu ignorieren. Es gab andere Dinge, die mich im Moment mehr beschäftigten.

      ***

      Das Wasser prasselte auf meine Haut, während ich die Gedanken zu ordnen begann.

      Immer wieder stellte ich mir dieselbe Frage: Wie konnte es sein, dass ich unter diesen Umständen so viel Lust empfunden hatte? Es war mir unbegreiflich, weshalb mein Körper so reagiert hatte. Ich fühlte mich einerseits schäbig und benutzt, andererseits fand ich es unheimlich berauschend. Warum war das so?

      Hin und her gerissen zwischen richtig und falsch schaute ich aus dem Fenster und beobachtete die Vögel, wie sie unermüdlich die Baumwipfel umkreisten. Sie spielten mit der Leichtigkeit der Lüfte, genossen ihre Freiheit. Auch ich hatte ein Leben dort draußen. Ein Leben, bei dem ich bestimmte, was mit mir zu geschehen hatte. Bisher war ich es gewesen, die sich Männer aussuchte, nur um sie zu benutzen. Und ich hatte Verpflichtungen. Ich war eine gefragte Simultandolmetscherin. Wenn ich nicht mit Headset in irgendeiner Kabine saß, flog ich von einem Flughafen zum nächsten, quartierte mich in ein Hotelzimmer ein und bereitete mich für den nächsten Termin vor. Ich hatte mir diesen Status hart erarbeitet und wollte ihn nicht einfach so aufgeben müssen. Mir war schlecht. Ich würde hier nicht mehr rauskommen. Sie wollten mir mein Leben nehmen. Mich wie ein Vieh knechten und züchtigen. Ich wollte nicht, dass man meinen Willen brach. Und schon gar nicht wollte ich mich fügen, so wie Mila es tat.

      Mit dem Schwamm schrubbte ich die verräterischen Spuren der Lust von mir und fasste den Entschluss, mich künftig meinen Peinigern zu widersetzen und allen Strafen zu trotzen. Jeff würde erkennen, dass er sich geirrt hatte. Und mich hoffentlich gehen lassen.

       Kapitel 6

      Der Geruch von gebratenem Fleisch und Gemüse drängte sich mir entgegen, als ich die Schiebetür öffnete und mit noch nassen Haaren und einem Handtuch um den Körper aus dem Bad trat.

      Mila saß am Tisch und schnitt gerade ein Stück Schweinemedaillon, das neben Karotten und Mais auf ihrem Teller lag. Auf der anderen Seite des Tisches lag ein zweiter Teller, bedeckt mit einer weißen Haube. Roomservice, kam es mir in den Sinn, wie in einem Hotel.

      »Dein Essen wird kalt«, zischte sie in meine Richtung.

      »Ich hab keinen Hunger«, sagte ich und sah mich nach einer Uhr um. Ich schätzte die Zeit auf zwölf oder dreizehn Uhr.

      »Es ist deine Entscheidung. Wenn dir die Striemen des Rohrstocks lieber sind, dann lass es stehen.«

      Schockiert sah ich sie an. Spätestens jetzt war der Vergleich mit dem Hotel hinfällig.

      Ich ging zum Tisch und hob die Haube. Darunter befand sich das gleiche Essen, das auch Mila vor sich stehen hatte. Ich könnte es in die Toilette kippen und keiner würde etwas merken. Solange Mila mich nicht verpfiff. Ich setzte mich und verschränkte die Arme vor dem Handtuch, das meinen Körper umhüllte.

      Obwohl der Appetit zunahm je länger ich das Essen anstarrte und der Geruch mir in die Nase stieg, trotzte ich der Versuchung, mir die Karottenscheiben in den Mund zu schieben. Lieber würde ich die Strafe über mich ergehen lassen, als das zu tun, was die von mir verlangten.

      »Wie kommst du darauf, dass sie mich absichtlich ausgewählt haben?«, fragte ich Mila, die von ihrem Teller aufsah.

      »Weil es so ist«, sagte sie und betrachtete das Stück Fleisch, das sie auf ihre Gabel gespießt hatte.