Günter Dönges

Butler Parker 118 – Kriminalroman


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führte.

      Sie waren nicht allein, was ihnen nicht ungelegen kam.

      Zwei Hotelhostessen marschierten mit gut zwei Dutzend munter plappernder Kinder hinunter zu den Schneemännern, um weitere Kunstwerke aus Schnee und Eis zu formen. In einigem Abstand folgten Eltern, die die künstlerischen Fähigkeiten ihrer Sprößlinge aus nächster Nähe begutachten wollten. Die beiden Mordschützen fielen überhaupt nicht auf. Eine bessere Tarnung hätten sie sich gar nicht ausdenken können.

      »Seit wann gibt’s Blasmusik, wenn die Bullen ’ne Leiche abholen?« wunderte sich der schlanke Hale und blieb plötzlich stehen.

      »Die Musik kommt unten vom Seeufer her«, staunte auch der rundliche Pete.

      »Die müssen Larry doch längst entdeckt haben.« Hale beschleunigte seine Schritte. Pete keuchte hinter seinem Partner einher und wurde von Schritt zu Schritt immer nervöser. Alles hatte er dort unten am See erwartet, nur nicht heitere Blasmusik.

      Und dann hatten die beiden Mordschützen die Schneemänner erreicht. Weit und breit war nichts von Polizei zu sehen. Friedlicher hätte kein winterliches Seeufer sein können.

      Zwischen den Schneemännern standen die Mitglieder einer kleinen Kapelle und spielten gerade einen zündenden Militärmarsch. Die Kinder rannten eifrig auf die Kapelle zu und begannen mit einer Schneeballschlacht.

      »Larry is’ weg«, stellte Hale verdutzt fest und deutete verstohlen auf den Schneemann, der vom Rodelschlitten Lady Simpsons gerammt und zerstört worden war.

      »Das gibt’s doch nicht!« Pete schnaufte und wischte sich einige Nachzüglertränen von den kalten Wangen. »Oder... Oder sollten die beiden Typen ihn weggeschafft haben?«

      »Wie denn? Und wohin?« Hale schüttelte den Kopf.

      »Über den See. Dort rüber in die Wälder.«

      »Weißt du, was das bedeuten würde, Pete?«

      »Im Moment nicht, Hale.«

      »Dann können das keine normalen Winterurlauber gewesen sein. Geht dir nicht ’n Licht auf? Dann sind die aus der Branche! Normale Urlauber verstecken doch keine Leiche, die rennen sofort zum nächsten Bullen.«

      »Da is’ was dran, Hale.«

      »Ich hab’s!« Hale hatte eine Erleuchtung. »Die haben Larry zurück in ’nen anderen Schneemann gesteckt. Das ist die Lösung! Auch für die beiden Typen wäre es zu riskant, ’ne Leiche durch diese belebte Gegend zu schleppen. Wir müssen uns die Schneemänner mal genauer ansehen. Ich wette, wir werden Larry in einem finden.«

      »Das wär’ ja glatt geistiger‘ Diebstahl«, erregte sich der rundliche Pete, der die Idee mit dem Schneemann gehabt hatte und stolz darauf war. Er setzte sich sofort in Bewegung und zuckte zusammen, als ein ziemlich hart zusammengepreßter Schneeball auf seinem Hinterkopf landete.

      Wütend fuhr er herum und sah sich einer Gruppe lachender und ausgelassener Kinder gegenüber. Pete rang sich ein Lächeln ab, um nicht aufzufallen, und nahm dann entschlossen die Parade der Schneemänner ab.

      Hale holte auf und präsentierte ihm einen Skistock. Er riß gerade den geflochteten Schneeteller unten vom Stock und zwinkerte seinem Partner dann zu.

      »Damit pieken wir in die Figuren, die uns verdächtig Vorkommen«, sagte er triumphierend.

      »Wo hast du denn das Ding her?« wollte der rundliche Hale wissen.

      »Geklaut, was sonst! Los, Hale. Wenn wir uns beeilen, wissen wir bald Bescheid.«

      Hale hatte keine Ahnung, auf welch unglückseligen Gedanken er da gekommen war. Er wußte nichts vom künstlerischen Stolz jener, die Schneemänner bauen.

      *

      Pete und Hale glaubten sich unbeobachtet, zumal sie weit hinten am Ende der »Schneemännerallee« mit ihrer Arbeit begannen. Hale hatte den ersten Schneemann angepiekt und schüttelte den Kopf in Richtung Pete, der die Sicherung dieses Unternehmens übernommen hatte.

      »Nichts«, sagte Pate. »Habe ich schon gesehen. Der Stock ging wie durch Butter.«

      »Irgendwo muß Larry sein.« Hale bohrte den zweiten Schneemann an, einen sehr hübschen Burschen, dessen Nase aus einer Rübe bestand. Hale drückte den Skistock in den dicken, runden Leib und stocherte herum.

      »Fehlanzeige«, meldete er Pete.

      »Macht ja nichts«, sagte Pete. »Sind ja noch genügend Schneemänner da.«

      Sie fühlen sich völlig unbeobachtet, doch eben darin täuschten sie sich gewaltig. Sie ahnten nicht, daß ihr Tun von einer Gruppe Halbwüchsiger verfolgt wurde. Es handelte sich um sechs etwa vierzehnjährige Knaben, die bereits miteinander Kriegsrat hielten.

      Hale befaßte sich gerade mit einem dritten und einem vierten Schneemann, als die Halbwüchsigen zur Attacke übergingen. Sie hatten sich einen ansehnlichen Vorrat an Schneebällen zugelegt. Sie pirschten sich im Schutze der Schneeflocken und Schneemänner an die beiden Mordschützen heran und eröffneten dann ein durchaus gekonntes Störfeuer.

      Hale kassierte den ersten Volltreffer. Ein Schneeball zerplatzte auf seiner Nase. Da die Halbwüchsigen ihre Wurfgeschosse ausgiebig zusammengeknetet hatten, war der Schneeball wirklich hart. Hales Nase legte sich ein wenig schief. Hale stöhnte auf und ließ den Skistock fallen. Er griff nach seiner sofort blutenden Nase und beugte sich unwillkürlich vor.

      Dadurch ließ er einem anderen Schneeball freie Fahrt. Das Geschoß zischte knapp über ihn hinweg und klatschte auf das rechte Auge von Pete, das sich sofort schloß. Pete gluckste, wischte sich den wäßrigen Schnee aus dem Gesicht und zuckte erneut zusammen, als ihn ein weiterer Schneeball traf.

      Diesmal wurde sein linkes Auge geschlossen.

      Hale hatte sich aufgerichtet, doch das hätte er besser nicht getan: Zwei, drei Schneebälle trafen in kurzen Abständen hintereinander auf seinem Gesicht ein. Die Nase legte sich in die andere Richtung und schmerzte noch mehr. Bevor Hale sich die weiße Pracht vom Gesicht fegen konnte, wurde er von einer Vielzahl von Schneebällen erwischt.

      Die Halbwüchsigen hatten sich eingeworfen und eröffneten nun das volle Bombardement. Hale und Pete fuchtelten mit ihren Armen in der Luft herum, verloren jede Orientierung und ergriffen jetzt sicherheitshalber die Flucht.

      Ihnen war allerdings entgangen, daß die Halbwüchsigen nach einer genau festgelegten Taktik vorgingen. Sie hatten die beiden Schneemannschänder eingekesselt und ließen sie im Kreis herumlaufen.

      Der rundliche Pete stieß wilde Verwünschungen aus, wollte den Sperrkreis durchbrechen und rutschte dabei auf dem glatten Boden aus. Im Fallen umarmte er einen Schneemann, der seinem Gewicht nicht gewachsen war. Zusammen mit dem auseinanderbrechenden Schneegebilde krachte der Rundliche zu Boden und wurde von Schneemassen begraben. Als er sich wieder hocharbeitete, standen drei Halbwüchsige knapp neben ihm und drückten ihn wieder zurück in den Schnee.

      Pete fluchte und schimpfte. Er schlug um sich und machte dabei alles nur noch schlimmer. Die Erwachsenen, die bisher in der Nähe der Blaskapelle gewesen waren, hörten natürlich den Lärm und hatten den Eindruck, daß ihren Kindern übel mitgespielt wurde. Zusammen mit den Mitgliedern der Kapelle eilten sie herbei, um eine weitere Lagebereinigung vorzunehmen.

      Hale war von den drei anderen Halbwüchsigen aufs Korn genommen worden. Sie beschäftigten sich fast »liebevoll« mit ihm. Sie hatten ihm bereits ein Bein gestellt und rücklings in den Schnee fallen lassen. Sie schmetterten ihre Schneegeschosse auf ihn hinunter und deckten ihn damit völlig ein. Hale hatte schützend die Arme hochgenommen und schirmte sein Gesicht ab.

      Dann aber schnellte er hoch. Er war ja schließlich ein sportlich durchtrainierter Mann. Er beging dabei den Kardinalfehler, nach einem der Halbwüchsigen zu schlagen. Er erwischte den Jungen an der Schulter, der darauf in hohem Bogen zurückgeworfen wurde.

      Das mißfiel einem der Blasmusiker, der eben noch Posaune geblasen hatte. Der Mann, ein stämmiger Einheimischer, langte mit seinem Musikinstrument