Julia M. Flinck

Milena - Heart am Limit | Erotischer Roman


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tat und einen Streit riskierte. Meist war es ja auch gar nicht so, dass wir uns ernsthaft stritten. Nur wurde Ben immer ziemlich schnell ziemlich laut. Wobei er das stets vehement abstritt: »ICH SCHREIE NICHT! ICH REDE NUR MIT ERHOBENER STIMME! DU HAST MICH NOCH NICHT SCHREIEN HÖREN!«

      Zum Glück beherrschte er sich jetzt und sprach auch nicht mit »erhobener Stimme«. Dafür packte er meinen aus Leder geflochtenen Halsschmuck und zog mich daran fast über den Tisch. »Ich weiß ganz genau, was du brauchst«, zischte er direkt vor meinem Gesicht, »nämlich, dass du dich so von mir bumsen lässt! – Also pass du lieber auf, was du dir wünschst!«

      Die Gäste an dem Tisch schräg hinter ihm starrten uns entgeistert an.

      Ich schluckte und sagte betont ruhig: »Ben, die Leute sehen schon her …«

      Er ließ mich sofort los.

      Ansonsten fielen wir (hoffentlich) nicht weiter auf. Es dauerte eine Weile, bis der Kellner uns das Essen brachte – ein Indiz dafür, dass hier alles frisch zubereitet wurde. Ben ließ sich sein »Scaloppine al limone« schmecken, ich hatte mich für »Paccheri con straccetti di manzo« entschieden, eine Art Riesen-Rigatoni mit Rinderfilet-Streifen. Beides war unheimlich lecker, trotzdem machten wir uns schon bald nach dem Essen auf den Weg nach Hause, das heißt zu Bens Wohnung. Schließlich hatten wir wie immer noch etwas anderes vor … Bevor ich dieses Mal allerdings aufs Motorrad kletterte, schloss ich sehr sorgfältig den Kinnriemen an meinem Helm. So war die Rückfahrt wesentlich angenehmer für mich als die Hinfahrt.

      Später, als wir nach diesem anderen »Vorhaben« entspannt im Bett lagen, sagte Ben plötzlich aus heiterem Himmel: »Du hast mich von Anfang an belogen.«

      »Wie bitte?«, fragte ich erschrocken.

      »Es stimmt nicht, dass es dir nur um Sex geht. Du liebst mich. Und du würdest alles für mich tun.«

      Ich schluckte und erwiderte, so sachlich es ging: »Ich habe dich nicht belogen. Ich habe nie behauptet, dass es mir nur um Sex geht. Und: Ich würde nicht alles für dich tun!«

      Zumindest würde ich es nicht darauf ankommen lassen, was ich für ihn tun würde und was nicht …

      »Du weißt, dass das mit uns nicht geht.« Mein Gott, jetzt kam der übliche Vortrag, den ich schon auswendig kannte. Ben hätte Prediger werden sollen. Für wie beschränkt hielt er mich eigentlich? Natürlich wusste ich, dass »das mit uns« nicht ging, er hatte es mir ja schon oft genug gesagt. Aber warum musste er uns damit den Abend verderben? Jetzt war ich hier bei ihm und jetzt ging es. Alles andere war doch völlig egal! Zum Glück war es dunkel, denn ich hasste es, wenn mir die Tränen kamen und er das sehen konnte. Schließlich änderte es nichts an unserem Dilemma, wenn mich hier bei ihm das Elend packte. Heulen konnte ich auch zu Hause.

      Es gelang mir, dem sich anbahnenden Drama auszuweichen und irgendwie das Thema zu wechseln. Was »das mit uns« betraf, hatte ich mittlerweile die Technik des Verdrängens richtig ausgefeilt. Das Gleiche tat ich zu Hause – ich lebte praktisch zwei Leben. Wenn ich Bens Wohnung betrat, konnte ich mein anderes Leben komplett ausblenden. Nur andersherum funktionierte das nicht ganz so gut, denn ich konnte es mir kaum abgewöhnen, an ihn zu denken, wenn ich nicht bei ihm war. Aber ich arbeitete schwer daran …

      ***

      Im Auto auf der Heimfahrt überlegte ich mir ständig, wie es so weit hatte kommen können. Warum war das alles überhaupt passiert? Und warum waren wir uns über den Weg gelaufen? War Ben zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen? Oder ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort? Oder war bei ihm die Zeit richtig gewesen und nur der Ort falsch? Oder bei mir die Zeit falsch, aber der Ort richtig? Es musste doch eine Erklärung geben, wieso die Dinge sich so entwickelt hatten. Ich machte mir einen Knoten ins Gehirn und mir platzte fast der Schädel. Aber es wollte mir einfach keine plausible Erklärung einfallen.

      Die nächsten Tage vergingen Gott sei Dank ohne großartige Grübelei, denn dafür ließ mir der ganz normale Alltagswahnsinn gar keine Zeit. Mein Chef und ich waren mit den Vorbereitungen für eine wichtige Veranstaltung am kommenden Samstag beschäftigt. Als Franchisegeber eines langsam, aber stetig wachsenden Unternehmens lud Herr Abel einmal im Jahr all seine Franchisenehmer zu einem großen Fest ein. Dieses Event dauerte das ganze Wochenende und fand in seinem Ferienhaus im Schwarzwald statt. Dabei sollten sich die neuen Mitarbeiter vorstellen. Gleichzeitig konnten alle Unternehmensangehörigen wichtige Informationen und Erfahrungen untereinander austauschen. Dieses Jahr wollten mehr als zwanzig Franchisenehmer aus dem ganzen Bundesgebiet anreisen. Ich sah schon meinen freien Freitag in Gefahr, aber zum Glück kam ich mit ein paar Überstunden an den anderen Tagen davon. Ich musste eben beim Haushalt ein paar Abstriche machen, einen Zahnarzttermin verschieben und die Besuche im Reitstall auf abends verlegen – was den Bedürfnissen meines Vierbeiners sicher entgegenkam. Monamour war ein sehr liebes Pferd, aber nicht unbedingt sehr arbeitswütig. Seiner Meinung nach konnte bei Zeitmangel das anstrengende Training gern ausfallen und gleich übergangslos das Monamour-Verwöhnprogramm gestartet werden. Was bedeutete: bürsten, massieren, schmusen und natürlich fressen.

      Obwohl die Woche also randvoll mit Tätigkeiten war, lief erstaunlicherweise alles reibungslos, und so konnte ich am Donnerstag pünktlich Feierabend machen und mich in aller Ruhe auf mein Date mit Ben vorbereiten. Ich hatte sogar Glück und kam so früh auf die Autobahn, dass ich nicht einmal im Stau stehen musste. Wahrscheinlich war ich dabei, einen neuen Rekord aufzustellen, denn ich schaffte die Strecke trotz des beginnenden Feierabendverkehrs in knappen siebzig Minuten. Wie gesagt, das funktionierte natürlich nur ohne dicken Stau. Manchmal brauchte ich auch über zwei Stunden. Doch an diesem Abend war ich schon gegen fünf da. Ich hörte Ben in der Küche werkeln, als ich meine Sachen in der Diele abstellte und meine Schuhe auszog. Barfuß tappte ich hinüber in die Küche.

      Ben stand am Herd. Vor ihm in der Pfanne brutzelte schon das Fleisch fürs Abendessen. Ich stellte mich hinter ihn und fragte: »Kann ich dir helfen?«

      Er antwortete: »Nein. Aber du kannst deine Hände bei dir lassen.«

      Ich nahm meine Hände von seiner Hose und verschränkte sie hinter meinem Rücken. Selbst schuld. Was musste er auch unbedingt so kochen, wenn ich in der Nähe war. Nur in Jeans. Und mit nacktem Oberkörper.

      Meine Hände hielten sich gegenseitig ganz fest. Doch ich konnte nicht auch noch gleichzeitig meine Zunge beaufsichtigen … Ich drückte mich leicht an ihn und küsste ihn auf den Hals. Ließ meine Zunge in seinem Nacken kreisen. Sich genüsslich an seiner Wirbelsäule entlangtasten. Er seufzte resigniert, drehte sich blitzschnell zu mir um, schob mir seine Zunge in den Mund und drängte mich zum Küchentisch. Er hob mich auf die Tischplatte, wobei mein Rock von allein hochrutschte, und zog mir den Slip aus. Ich lehnte mich stöhnend zurück, während er meine Beine hochhob, meine Fersen auf der Tischkante abstellte und mir dabei die Knie auseinanderdrückte. Bevor ich richtig Luft holen konnte, hatte ich ihn bereits tief in mir. Die Welt um mich herum hörte auf zu existieren, ich fühlte nur noch Ben, wie er sich in mir bewegte, alles andere war weit weg. Er drückte meine Knie noch mehr auseinander, denn so konnte er genau sehen, was er mit mir tat: Wie er ganz in mir verschwand, dann wieder fast aus mir herausglitt, um gleich darauf erneut in mir zu versinken …

      Der Geruch nach zu stark gebratenem Fleisch holte uns plötzlich und sehr unsanft zurück in die Gegenwart.

      »Oh Scheiße!«, fluchte Ben.

      Er löste sich ziemlich ernüchternd von mir, zog eilig seine Hose hoch und die Pfanne vom Herd. Ich rutschte von der Tischplatte, und zwar ganz langsam und vorsichtig. Wie immer nach solchen Aktionen hatte ich ein kleines Problem mit meinem Kreislauf. Wahrscheinlich lag das daran, dass ich Ben im wahrsten Sinne des Wortes umwerfend fand.

      Ich sah ihm über die Schulter und sagte: »Jetzt sind sie wenigstens schön knusprig.«

      Er sagte gar nichts. Denn was sein Abendessen betraf, verstand er absolut keinen Spaß. Er ging zum Kühlschrank, um noch etwas Pflanzenfett zu holen. Die Schnitzel waren nämlich nur auf einer Seite angebraten – eine Seite angekokelt, die andere roh. Das machte nichts, denn momentan interessierte mich das Essen nicht die Bohne. Im Gegensatz zu Ben konnte ich nicht einfach einen Schalter umlegen und meine Erregung ausblenden.