Julia M. Flinck

Milena - Heart am Limit | Erotischer Roman


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Tage vorher sagte ich zu ihm: »Schade, dass du dir an deinem Geburtstag nicht freinehmen kannst.«

      »Warum?« fragte er.

      »Weil wir dann besser feiern könnten. Wenn du am nächsten Tag nicht arbeiten müsstest, könnte ich dich bis zwölf Uhr nachts verwöhnen, praktisch zum Reinfeiern. Aber wenn ich das tue, bist du freitags völlig fertig.«

      Er lachte. »Milena, du brauchst nicht bis zwölf Uhr, um mich fertigzumachen!«

      Das war gemein. Überhaupt tat er immer so, als sei ich absolut unersättlich. Was konnte ich dafür? Sollte er doch einmal an sich heruntersehen und mir dann ehrlich sagen, wie ich es schaffen sollte, den ganzen Abend sittsam neben ihm zu sitzen und meine Hände bei mir zu behalten! Jedes Mal nahm ich mir vor, ihn in Ruhe zu lassen. Hätten wir uns jeden Tag gesehen, wäre ich nicht immer so ausgehungert nach ihm gewesen! Dann hätte ich auch nicht immer Lust auf ihn gehabt. Vielleicht.

      Am nächsten Donnerstag lud ich ihn zum Essen ein, sozusagen als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk. Da ich mich bei ihm in der Gegend nicht auskannte, überließ ich ihm die Wahl, wohin wir gehen sollten. Er entschied sich für das »Senza Eguali«, ein beliebtes italienisches Restaurant in Stuttgart, wo er anscheinend schon öfter gewesen war.

      Das Wetter war nicht unbedingt das beste, aber es regnete immerhin gerade nicht. Also beschlossen wir, das Risiko einer eventuell recht nassen Heimfahrt in Kauf zu nehmen und mit dem Motorrad zu fahren. Nun denn, ich hatte ungefähr seit hundert Jahren nicht mehr auf einem Motorrad gesessen, außerdem war ich von Natur aus ein eher ängstlicher Mensch. Andererseits freute ich mich, wieder einmal die Gelegenheit zu einer kleinen Tour zu haben. Also gab mir Ben eine Lederjacke, die mir passte wie angegossen – wobei ich nicht wirklich wissen wollte, wem sie zuvor gehört hatte – und einen Helm, in dem ich Platzangst bekam. Entweder ich besaß einen noch größeren Dickschädel als er oder es lag an meinen Haaren. Wahrscheinlich waren es die Haare. Ich musste innerlich grinsen, als ich daran dachte, dass er sie sowieso nicht mochte. Wie oft hörte ich: »Immer ist dieser Wischmopp im Weg …!« Mir gefiel meine Frisur – meistens jedenfalls. Ich war gerade dabei, mein Haar wieder wachsen zu lassen, so wie früher. Ein paar Zentimeter mehr und die Locken würden sich etwas aushängen. Dann wäre es leichter, einen Zopf zu flechten. Wie auch immer – Ben konnte das doch völlig egal sein, er musste ja schließlich nicht damit herumlaufen!

      Er holte sein Motorrad aus der Garage. Irgendwie schaffte ich es sogar, meine langen Beine zu sortieren und hinter ihm auf die Sitzbank zu klettern. Vor lauter Begeisterung über diesen Erfolg vergaß ich leider, den Helm am Kinn richtig zu schließen.

      Ben drehte sich zu mir um und fragte: »Vertraust du mir?«

      Blöde Frage. Mit ihm wäre ich wahrscheinlich sonst wohin gefahren – mit dem Motorrad, dem Auto oder meinetwegen auch mit dem Tretroller. Ich war mir sicher, dass er gut fahren konnte. Und dass er garantiert kein unnötiges Risiko eingehen würde, wenn jemand hintendrauf saß. Außerdem wusste ich, dass er regelmäßig ein Fahrsicherheitstraining beim ADAC absolvierte.

      Ich sagte nur: »Ja.«

      Ben nickte mir zu, schaute wieder nach vorn und gab Gas.

      Am Anfang war es ganz lustig, ich freute mich wie ein Kind beim Karussellfahren. Das Beschleunigen fand ich absolut geil. Es war ein ähnliches Gefühl wie beim Reiten, wenn mein Pferd auf einer guten Geländestrecke beim Angaloppieren richtig durchstartete. Allerdings saß ich auf meinem Pferd wesentlich bequemer. Außerdem gefiel es mir nicht, wenn Ben bremsen musste oder wenn es bergab ging, denn dann rutschte ich immer nach vorn und hatte Angst, ihn beim Fahren zu behindern. Er nahm meine Hand und zeigte mir, wie ich mich bei Bedarf auf dem Tank abstützen konnte. Leider war die Landschaft recht hügelig, und so musste ich mich ziemlich oft abstützen. Die Handschuhe, die Ben mir gegeben hatte, waren mir ungefähr drei Nummern zu groß. Ich befürchtete, dass meine Hände herausrutschten, ich herunterkippte und er plötzlich mit meinen Handschuhen allein weiterfahren würde. Aber zum Glück achtete er äußerst sorgsam darauf, mich unterwegs nicht zu verlieren.

      Als es auf die Autobahn ging, hatte ich das Gefühl, mir würde gleich der Kopf wegfliegen. Das lag daran, dass ich den blöden Kinnriemen nicht zugemacht hatte. Mist, ich konnte ja schlecht bei der Geschwindigkeit mit zwei Händen an meinem Helm herumbasteln! Also duckte ich mich ganz hinter Ben und hielt den Kopf so weit wie möglich unten. Er dachte sicher, ich würde mich in meiner Panik verstecken und mich nicht einmal mehr trauen, nach vorn zu schauen. Ich konnte ihn ja nicht einfach antippen und bitten, mal eben kurz rechts ranzufahren. Es blieb mir nichts anderes übrig, als in dieser verkrampften Haltung auszuharren, bis wir in die Stadt kamen. Wahrscheinlich war ich weltweit der einzige Beifahrer, der nach einem halbstündigen Ausflug mit dem Motorrad einen ausgewachsenen zweitägigen Muskelkater davontrug.

      Irgendwann waren wir schließlich da, und ich schwor mir, nie wieder auf ein Motorrad zu steigen, ohne vorher mindestens drei Mal meinen Helm zu überprüfen. Wenigstens bot das Motorradfahren einen Vorteil bei der Parkplatzsuche: Eine kleine Parklücke, nahezu direkt vor dem Restaurant, reichte für uns. Ächzend ließ ich mich von der Sitzbank rutschen und nahm den Helm ab. Ich gab ihn Ben, der sich vor Lachen kaum einkriegte, als ich ihm den Grund für meine verkrampften Muskeln erläuterte.

      »Ha«, feixte er, »und ich dachte schon, du bist zu alt als Biker-Braut!«

      »Pass bloß auf, Kleiner!«, gab ich zurück und boxte ihn in die Seite. Ich beugte mich nach vorn und schüttelte meine Haare auf. Dann warf ich den Kopf schwungvoll nach hinten. Jetzt noch ein bisschen zurechtzupfen – fertig.

      »Was?«, fragte ich Ben, der mich grinsend beobachtet hatte.

      »Ich sag nur Wischmopp«, meinte er dreist. »Können wir jetzt endlich reingehen?«

      »Ja, können wir«, schnaubte ich, »und du kannst froh sein, dass der Wischmopp so pflegeleicht ist. Sonst müsstest du dich nämlich länger gedulden.«

      Eine Minute später betraten wir das »Senza Eguali«. Ich war angenehm überrascht, denn die edle, aber trotzdem gemütliche Einrichtung des Restaurants sorgte sofort für eine angenehme Atmosphäre. Ben hatte das Lokal als einen »guten Italiener, bei dem ich schon öfter gegessen habe« beschrieben. Ehrlich gesagt hatte ich daraufhin eine Pizzeria erwartet. Doch es handelte sich hier um ein richtiges italienisches Speiserestaurant. Ben steuerte einen freien Tisch an und zog mich an der Hand hinter sich her. Wir schälten uns aus unseren Lederjacken, hängten diese über die Lehne an unseren Stühlen und nahmen schließlich gegenüber voneinander Platz.

      Im ersten Moment kam ich mir ein bisschen seltsam vor. Zwar waren wir schon oft spazieren und hin und wieder im Autokino gewesen. Aber abgesehen davon war es das erste Mal, dass wir miteinander ausgingen. Das Andromeda zählte nicht, denn dort waren wir bisher nie als Paar aufgetreten. Ich war an den Wochenenden immer in Begleitung von Janine oder meiner Freundin Carolina unterwegs, während Ben ja meistens nur dort arbeitete.

      Doch schon ein paar Minuten später fühlte die Situation sich für mich fast normal an. Ein gutes Gefühl, wie ich fand. Bei Ben war ich mir nicht ganz sicher, ob er wirklich kein Problem damit hatte, hier mit mir gesehen zu werden. Ich wirkte neben ihm nicht unbedingt wie seine Großmutter, aber er sah so verdammt jung aus! Was ihn allerdings nicht davon abhielt, mit mir umzuspringen, als hätte er mich vollkommen unter der Fuchtel.

      Ich gebe zu: Er hatte mich vollkommen unter der Fuchtel. Das ging schon bei der Getränkeauswahl los. Zur Feier des Tages bestellte ich mir als Aperitif einen Prosecco und zum Essen einen sizilianischen Wein. Ben als Fahrer musste sich mit Cola und Tafelwasser begnügen.

      »Du trinkst zu viel Alkohol«, bemängelte er, kaum dass der Kellner sich von uns abwandte, um unsere Bestellung weiterzugeben.

      »Ich bin erwachsen und kann selbst entscheiden, wie viel ich trinken will«, gab ich genervt zurück.

      »Du musst aber später auch noch fahren«, beharrte er, »vergiss das nicht!«

      Ich verdrehte die Augen. Dann beugte ich mich vor und sagte halblaut: »Ich brauche es zwar nicht, dass du mich bevormundest. Aber du darfst gern dafür sorgen, dass ich den Alkohol gründlich ausschwitze, bevor ich nach