Verrrin sein. Muß noch ein bißchen schlafen.«
Vor dem Hotel Mirabeau verabschiedete sie sich. Thorsten küßte Andrea die Hand, er wagte es nicht, sie noch einmal in seine Arme zu nehmen.
»Auf Wiedersehen in Frankburg, Andrea, ich komme bald«, sagte er.
»Nein, bitte nicht, leb wohl«, flüsterte sie und sah ihn mit Augen an, die denen eines verwundeten Tieres glichen, erschrocken und voll Abwehr. Dann glitt sie durch die Drehtür und entschwand Thorstens Blicken.
Er sprang wieder in das wartende Taxi und ließ sich zum Zentralpostamt fahren, dessen Schalter rund um die Uhr geöffnet waren.
Hastig riß er ein Telegrammformular vom Block und füllte es aus. Es ging an Elena Dumont, Regency Hotel, Hamilton, auf einer der Bermudainseln:
Stoppe geplanten Hauskauf – Aussprache dringend nötig – mein Kommen unmöglich – jedoch kein Grund zur Besorgnis.
Herzlichst Thorsten.
Thorsten las das Telegramm dreiviermal durch, dann gab er es dem Schalterbeamten, der gleichgültig die Worte und Buchstaben zählte und dann den fälligen Betrag nannte.
Als er aus dem Postamt trat, fuhr ihm ein kühler Windstoß entgegen und zerzauste sein üppiges dunkles Haar. Thorsten Hallberg dehnte die Arme. Er wollte zu Fuß zu seinem Hotel zurücklaufen. Er fühlte sich unbeschwert, als wäre eine große Last von ihm genommen worden, und er fühlte sich frei.
Doch er war nicht frei!
*
»Am-dam-des,
disse-male-pless,
disse-male-pumperness,
am-dam-des!«
sang ein helles Kinderstimmchen auf einem blumengeschmückten Balkon hoch über der Stadt Frankburg.
Dann nahm der kleine, gerade dreijährige Georgy Groß die Gießkanne, die seine Mutter auf ein kleines Tischchen gestellt hatte, und war sehr stolz darauf, daß er unter Aufbietung aller Kräfte sich so auf die Zehen stellen konnte, daß er sie erreichte. Glücklich lachend und vor sich hin schwätzend, begann Georgy, die Blumen zu gießen.
Hella Groß, seine Mutter, hatte sie in zwei Reihen aufgestellt. Auf dem Boden standen die Hängegeranien und Petunien und fielen mit ihren fröhlichen Blütenkaskaden zwischen den Stäben über den Balkon. Die oberen, in Drahtgestellen befestigten Kästen konnte der kleine blondlockige Junge beim besten Willen nicht erreichen, auch wenn er sich so anstrengte, daß er puterrot anlief.
»Am-dam-des,
disse-male-pless«,
sang er dabei laut und vergnügt vor sich hin, bis sich unter ihm eine giftige Stimme empörte.
»Wirst du wohl sofort aufhören, du mißratener Bengel, immer dieses blöde Lied, kein Kind singt das hier! Außerdem sollen Kinder überhaupt nicht singen, sondern den Mund halten und ruhig sein, hast du mich verstanden?«
Georgy hielt ein, schnaufte, verzog den Mund, als wolle er weinen, entschloß sich dann aber, nur die Unterlippe trotzig vorzuschieben. Die Tränen hielt er eisern zurück. Aber sein Kinderherz war verängstigt. Was hatte denn die böse Frau Lundholz nur immer? Tagaus, tagein schimpfte sie, er durfte sich kaum rühren, schon ging das Gezeter unter ihm los. Immer mußte er auf Socken laufen, und auch seine liebe Mami zog sofort ihre Schuhe aus, wenn sie die Wohnung betrat. Wenn eine der Dielen knarrte, klopfte Frau Lundholz gleich mit einem Stock an die Decke und dazu kläffte der Goldi, ihr Dackel, gleich so böse, als hätte er sich vervielfältigt.
Jetzt wurde dem Kleinen doch mulmig zumute, und er wollte schon in die Wohnung zu seiner Mami laufen, als ihm etwas anderes einfiel. Er kniete sich auf den Boden und schaute, so gut er konnte, auf den darunterliegenden und etwas vorspringenden Balkon. Den Kopf durch die Gitterstäbe hindurchzuzwängen, hatte die Mami ihm verboten, und Georgy hielt sich daran, weil sie ihm deutlich veranschaulicht hatte, was dann passieren konnte.
Nun sah der kleine Junge den kläffenden Hund und hörte immer noch die zeternde Stimme der Frau Lundholz. Da nahm Georgy die Gießkanne – und schwupp! – goß er den ganzen Inhalt hinunter.
Jaulend sprang der Hund zurück, und Frau Lundholz schrie, als stecke sie am Spieß. Georgy mußte zuerst lachen, doch dann war ihm nicht ganz geheuer und er zog es vor, vom Balkon zu verschwinden.
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