Günter Dönges

Butler Parker Jubiläumsbox 4 – Kriminalroman


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      »Norman, hol’ Harris …!« Hayes hatte sich an den Messerwerfer gewendet, der inzwischen das Messer aus dem Hemd gezogen und wieder eingesteckt hatte. Norman Culler zuckte zusammen, als er seinen Namen hörte. Er hatte bisher unentwegt auf den Butler gestarrt.

      Er konnte es wohl noch immer nicht fassen, daß auch Parker nicht gerade ungeschickt war, was den Umgang mit einem Wurfmesser anbetraf.

      Als er das Zimmer verlassen hatte, kam Hayes um den Schreibtisch herum. Er baute sich vor dem sitzenden Parker auf.

      »Wir wollen mal offen miteinander reden«, sagte er dann. »Sind Sie scharf darauf, mit mir anzubandeln, Parker? Wenn Sie unbedingt Streit haben wollen, werden Sie ihn bekommen. Jede Menge davon. Sie haben es nicht mit ’nem Anfänger zu tun.«

      »Ich kenne Ihren Ruf, Mr. Hayes«, erwiderte Parker. »In Rauschgift und Gangsterkreisen haben Sie sich unzweifelhaft einen gewissen Namen gemacht.«

      »Das ist ’ne Falle, ’ne verdammte Falle«, murmelte Hayes und sah den Butler erneut mißtrauisch an. »Sie müssen irgendeine Trumpfkarte in der Hand haben, sonst wären Sie nicht hierher ins Büro gekommen.«

      »Den Grund meines Kommens habe ich Ihnen offen und ohne Hehl genannt«, meinte Parker höflich, aber bestimmt. »Ich möchte, um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu wiederholen, den Grund erfahren, warum Ihre Leute Messer nach uns werfen.«

      »Sie sind verrückt, Parker. Jetzt geht mir ein Licht auf. Sie haben nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ah … da ist ja Harris …!«

      Lee Harris betrat das Büro.

      Es handelte sich um einen Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Er war etwas über mittelgroß, stämmig und sah recht gut aus. Die schwarzen Haare waren leicht gewellt. In den ebenfalls schwarzen Augen glomm ein gefährliches Leuchten. Lee Harris schien sehr wütend zu sein.

      »Was ist los, Chef?« wandte er sich an Hayes.

      »Was ist mit Rita?« fragte Hayes ungeniert. Er störte sich nicht daran, daß er eben erst abgestritten hatte, Rita Malcona zu kennen.

      »Was soll mit der sein, Chef?« Lee Harris zuckte verständnislos die Schultern. »Rita hab’ ich seit Monaten nicht mehr gesehen.«

      »Sie fühlt sich von dir bedroht. Behauptet Parker hier.«

      »Wer ist schon Parker …!« Lee Harris kam mit schnellen, geschmeidigen Schritten auf den Butler zu und holte tief Luft. »Wer mich anödet, lernt mich kennen …!«

      Möglich, daß er nicht die Absicht hatte, Parker einen Schlag zu versetzen. Möglich, daß Lee Harris sich nur am Kinn kratzen wollte. Doch diese Bewegung konnte durchaus mißverstanden werden. Und Parker entschloß sich, sie mißzuverstehen.

      Er stieß die Spitze seines Universal-Regenschirms auf die linke, dicke Zehe des Mannes, der daraufhin einen Laut ausstieß, der an den Klageruf eines hungrigen Wolfes erinnerte. Dann knickte Harris in der Leibesmitte ein und wollte nach seinem mißhandelten und schmerzenden Zeh greifen.

      Dabei verrechnete er sich sehr gründlich.

      Er übersah nämlich den bleigefütterten Griff des Regenschirms und schlug mit dem Kinn auf. Daraufhin verdrehte er stumm die Augen und rutschte groggy in sich zusammen. Er blieb müde und schlaftrunken auf dem schmuddeligen Fußboden liegen.

      Norman Culler, der mitgekommen war und an der Tür stand, fühlte sich veranlaßt, nach seinem Wurfmesser zu greifen und es auf den Butler zu schleudern, eine Affekthandlung, die sich, wie er bald merken sollte, bestimmt nicht auszahlte.

      Parkers Universal-Regenschirm aber schnellte hoch.

      Der Schirmstock fing die Klinge mitten in der Luft ab und schlug sie zu Boden. Klirrend landete das Messer auf dem Boden.

      Glenn Hayes kochte vor Wut. Seine beiden Männer waren außer Gefecht gesetzt worden.

      Er glaubte, besonders günstig zu stehen. Hayes war schnell und geschmeidig.

      Er warf sich auf den Butler und wollte ihn mit seinem angespitzten Ellbogen niederschlagen.

      Um ein Haar wäre ihm das sogar gelungen.

      Wenn Parker nicht noch schneller reagiert hätte.

      Der Butler hielt plötzlich eine flache schwarze Automatik in der Hand, deren Lauf auf das Gesicht des Gangsters gerichtet war. Doch damit nicht genug. Parker hatte keine Bedenken, den Stecher dieser Waffe durchzuziehen …!

      Glenn Hayes brüllte wie ein verwundeter Stier auf.

      »Sie haben mich getroffen, Blut!« Hayes rieb sich das Gesicht.

      »Es hat sich um einen rot gefärbten Wasserstrahl gehandelt«, erwiderte Parker trocken. Hayes starrte ihn an.

      Er faßte sich ein zweites Mal ins Gesicht und wischte die tatsächlich rote Flüssigkeit ab, die er bisher für Blut gehalten hatte. Dann entdeckte er den Wahrheitsgehalt von Parkers Worten.

      Es handelte sich tatsächlich nur um Wasser, das Parker aus einer geeigneten Pistole auf ihn abgefeuert hatte.

      Der berufsmäßige Messerwerfer Norman Culler rüstete inzwischen zu neuen Taten, zumal er nun wußte, daß sein Boß nicht tödlich verwundet worden war.

      Da Culler im Augenblick kein weiteres Messer zur Hand hatte, warf er sich auf den Butler, um ihn mit einigen geeigneten Fausthieben zu Boden zu schicken.

      Es paßte ihm ausgezeichnet in den Kram, daß Parker nicht reagierte, ja, daß Parker ihn möglicherweise sogar übersah.

      Norman Culler holte mit seiner Rechten aus. Dann schlug er kurz und trocken zu. Das Ziel seiner Faust war die Magenpartie des Butlers. Der Treffer war unabwendbar. Er mußte zu einer Katastrophe führen.

      Was durchaus eintraf.

      Cullers Faust knallte auf Parkers Magen.

      Während Parker jedoch völlig unbeeindruckt stehen blieb und keine Wirkung zeigte, brüllte nun auch Norman Culler auf. Er schlenkerte die gestauchten Finger in der Luft umher und verzog weinerlich sein Gesicht. Viel sehen konnte er im Moment nicht, da der stechende Schmerz in seinen Fingern ihm das Wasser in die Augen trieb.

      Culler konnte unmöglich wissen, daß Parker seinen stählernen Magenschützer mit auf diesen Besuch genommen hatte. Und Cullers Faust war nun mit dieser handlichen Stahlplatte in innige Berührung gekommen.

      »Sie sollten Ihre Hand kühlen, bevor sie allzusehr anschwillt«, riet Parker seinem Gegner. Dann wandte er sich wieder Glenn Hayes zu, der keine Lust verspürte, diesen Kampf fortzusetzen. »Sind Sie jetzt in der Stimmung, Mr. Hayes, einige klärende Worte mit mir zu wechseln?«

      »Ich bring’ Sie um … ich bring’ Sie glatt um …!« schnaufte Hayes aufgebracht. »Das hat noch keiner mit mir gemacht …!«

      »Vielleicht ist es angebracht, diesen Zeitpunkt noch etwas hinauszuschieben«, meinte Parker höflich und gemessen. »Ich fürchte, Sie neigen zu jähen und unüberlegten Schlüssen …!«

      Lee Harris war inzwischen wieder zu sich gekommen, doch sein Blick war noch leicht verglast. Er rieb sich nachdenklich das mißhandelte Kinn, wollte dann aufspringen, sackte aber wieder in sich zusammen.

      »Sie unterschätzen den Griff meines Regenschirms«, meinte Parker höflich zu dem Gangster. »Überstürzen Sie nichts, junger Mann! Lassen Sie sich nur etwas Zeit!«

      Lee Harris nickte zerstreut und blieb auf dem Boden sitzen. Norman Culler befühlte vorsichtig seine schmerzenden Finger und hatte ebenfalls keine Lust mehr, sich als Kämpfer zu betätigen. Glenn Hayes tastete sich zurück zu seinem Schreibtisch und ließ sich in den Sessel fallen.

      »Wenn Sie erlauben, Mr. Hayes, kommen wir wieder auf unser Thema zurück«, begann Parker höflich. »Vor dieser kleinen Auseinandersetzung hatten Sie also keineswegs die Absicht, Mr. Rander und meine bescheidene Wenigkeit umbringen zu lassen?«

      »Jetzt ja …!« brüllte Hayes.

      »Ihren