er gesagt«, bestätigte Shultz.
»Darf ich Mr. Shelbys Worte so verstehen, daß Mr. Culler ein erstklassiger Messerwerfer ist?«
»Genau das«, meinte Ray Shelby und nickte bestätigend. »Er könnte heute noch in einem Varieté auftreten, wenn er nicht das steife Knie hätte. Aber selbst das würde nicht stören. Er ist gefährlich gut …!«
»Dann wundert es mich in der Tat«, sagte Parker würdevoll und nachdenklich zugleich, »warum dieser Norman Culler in zwei Fällen sein Ziel verfehlte …!«
*
Glenn Hayes, der Inhaber des Installationsgeschäftes mochte zwar zweiundfünfzig Jahre alt sein, wie Ray Shelby angegeben hatte, in Wirklichkeit aber sah er wesentlich älter und verbrauchter aus. Tiefe Falten durchschnitten sein fleischiges Gesicht, dicke Tränensäcke hingen unter den trübgrauen Augen.
Glenn Hayes sah nicht wie ein Gangster aus. Auch seine Umgebung deutete nicht daraufhin, daß er illegale Geschäfte machte. Hayes saß hinter einem ziemlich verschrammten Schreibtisch in seinem nüchtern eingerichteten Büro. Er kaute auf einer Zigarette und schluckte deutlich, als Josuah Parker höflich das Büro betrat.
Hayes war derart beeindruckt, daß er die Zigarette aus dem Mund nahm. Sein Unterkiefer klappte herunter, und er schluckte erneut. Dies alles hing sehr wahrscheinlich mit Parkers Aussehen zusammen. Rein äußerlich wirkte er schließlich wie eine Kreuzung aus Leichenbitter und Haushofmeister.
»Bin ich richtig in der Annahme, mit Mr. Glenn Hayes zu sprechen?« erkundigte sich Josuah Parker. Er nahm seine schwarze, steife Melone ab und hakte seinen Universal-Regenschirm vom Unterarm los.
»Wie …? Ob ich Hayes bin …? Klar! Und wer sind Sie?«
»Parker ist mein bescheidener Name«, stellte der Butler sich vor. »Ich komme, um Ihre Hilfe zu erbitten.«
»Moment mal, den Namen Parker hab’ ich doch schon mal gehört«, versuchte Hayes sich laut zu erinnern.
»Ein durchschnittlicher Allerweltsname«, meinte der Butler milde lächelnd. »Zu Ihrer Erklärung möchte ich aber hinzufügen, daß ich die Ehre habe, der Butler Mr. Mike Randers sein zu dürfen.«
»Ach nee …!« Glenn Hayes schien ein Licht aufgegangen zu sein. Plötzlich erinnerte er sich, wo und unter welchen Vorzeichen er diese beiden Namen schon gehört hatte. Er stand unwillkürlich auf und beugte sich über den Schreibtisch. Seine Augen verengten sich zu schmalen, prüfenden Schlitzen.
»Und was wollen Sie von mir?« fragte er dann.
»Unsere Wasserleitung ist undicht«, behauptete Parker unverfroren.
»Dann tun Sie was dagegen«, gab Hayes zurück.
»Deshalb bin ich ja hier bei Ihnen, Mr. Hayes. Sie sollen tatsächlich ein Installationsgeschäft betreiben.«
»Wer behauptet das Gegenteil? Worauf spielen Sie an?«
»Nun, bestimmt nicht auf gewisse Gerüchte, die im Umlauf sind«, erwiderte Parker höflich und gemessen. »Wenn Sie gestatten, nehme ich Platz. Ein alter und verbrauchter Mann sollte seine Beine schonen.«
»Setzen Sie sich von mir aus, Parker, aber rücken Sie endlich mit der Sprache heraus. Sie sind doch niemals wegen ’nem tropfenden Wasserhahn gekommen, oder?«
»Der Wahrheit die Ehre, ich komme aus anderen Gründen.«
»Lassen Sie endlich die Katze aus dem Sack!«
»Warum sind Sie daran interessiert, Mr. Rander und meine bescheidene Wenigkeit umbringen zu lassen?«
»Wollen Sie das noch mal wiederholen? Ich soll hinter Ihnen und Ihrem Boß her sein?« Hayes sah den Butler ungläubig und mißtrauisch an.
»Gewisse Tatsachen sprechen dafür«, gab Parker zurück.
»Unsinn, Parker. Wer behauptet denn das?«
»Zwei Messer, die auf Mr. Rander und auf meine bescheidene Wenigkeit geschleudert wurden. Ich glaube nicht, daß ich mich deutlicher ausdrücken muß.«
»Sagen Sie mal, wollen Sie mich auf den Arm nehmen oder nur provozieren?«
»Weder, noch, Mr. Hayes. Um noch deutlicher zu werden möchte ich mich auf einen Ihrer Mitarbeiter beziehen, der im Werfen und Schleudern von mehr oder weniger scharfen Messern besonders geschickt sein soll.«
»Meinen Sie Norman Culler?« entrutschte es Hayes ungewollt.
»In der Tat, Norman Culler. Vielleicht hat er privat etwas gegen Mr. Rander und gegen meine Wenigkeit.«
»Das ist doch … Moment mal …!« Hayes drückte auf einen auf dem Schreibtisch angebrachten Klingelknopf. Dann ließ er sich in seinen Sessel zurückfallen und kaute nervös auf seiner Zigarette herum. Dabei beobachtete er den Butler.
Schon nach wenigen Sekunden öffnete sich eine zweite Tür des Büros. Ein schmaler, schlanker Mann von etwa vierzig Jahren trat ein. Er trug einen angeschmutzten blauen Overall und hatte ölverschmierte Hände.
»Was ist, Chef?« fragte er.
»Culler, hier beschwert sich einer über dich«, sagte Hayes und grinste plötzlich. »Du sollst mit Messern nach Mike Rander und seinem Butler geworfen haben.«
»I c h …?«
»Also nicht?«
»Nee, bestimmt nicht. Kann ja auch gar nicht stimmen, Chef. Wenn ich nach einem geworfen haben sollte, könnt’ der sich jetzt nicht mehr beschweren.«
»Sind Sie tatsächlich so gut?« erkundigte Parker sich ungläubig.
Norman Culler gab eine Probe seines Könnens.
Blitzschnell griff er in die Seitentasche seines Overalls und hatte plötzlich ein schweres Wurfmesser in der Hand. Die Schneide blitzte kurz auf, dann wirbelte das Messer durch die Luft. Genau auf den Butler zu.
Es zischte gefährlich dicht an seinem linken Ohr vorbei und landete hinter Parker in der Bürotür.
»Sind Sie jetzt überzeugt?« fragte Culler und grinste.
»Erstaunlich, in der Tat, frappierend«, antwortete Parker höflich. Er erhob sich und zog das schwere Wurfmesser aus der Tür. Dann, ohne jede Vorwarnung, warf er das Messer zurück.
Norman Culler kickste überrascht, als das Messer sich durch den Ärmel seines groben Sporthemdes bohrte und es an der anderen Tür festnagelte.
»Sind Sie wahnsinnig?« brüllte er dann und riß sich los. »Beinahe hätten Sie mich getroffen …!«
»Das hätte nicht in meiner Absicht gelegen«, meinte Parker gemessen und schüttelte leicht den Kopf. »Das Messer steht übrigens wieder zu Ihrer alleinigen Verfügung.«
»Sie sind auf dem Holzweg«, brauste Hayes auf. Er stand wieder auf und stemmte sich mit beiden Händen auf den Schreibtisch auf. »Mich provozieren Sie nicht, Parker. Zum Henker, wer hat Sie geschickt? Wer will mir Schwierigkeiten machen?«
»Sie haben noch einen weiteren Angestellten, der sich Lee Harris nennt?« fragte Parker ungerührt. »Ich würde doch sehr empfehlen, zu einem normalen Tonfall zurückzukehren, zumal sich dann leichter reden läßt.«
»Zuerst Culler, jetzt also Harris …! Ist der etwa auch hinter Ihnen her? Mann, Sie haben vielleicht Nerven …! So ist noch keiner mit mir umgesprungen. Ich hätte große Lust, Sie an die frische Luft setzen zu lassen.«
»Sie sollten einem alten Mann nicht drohen«, mahnte Parker. »Sie nutzen nur meine Hilflosigkeit aus.«
»Hören Sie bloß auf mit diesem Theater, Parker. Ich weiß inzwischen sehr genau, wer Sie sind …!«
»Lee Harris war einmal vor Antritt seiner Gefängnisstrafe mit einer gewissen Rita Malcona befreundet, nicht wahr?«
»Weiß ich nicht«, entgegnete Hayes wütend.
»Diese