sich bestimmt nicht sonderlich schwerfallen konnte, wenn die Lichtverhältnisse wegen der abgeblendeten Scheinwerfer auch deutlich nachließen.
Rita Malcona entzog sich immer wieder geschickt diesen bösen Nachstellungen. Ihr kam zugute, daß die beiden federgeschmückten, schwarzen Kopfjäger sich außergewöhnlich ungeschickt und dumm anstellten. Kurz, auf der kleinen Schaubühne wickelte sich ein mehr oder weniger neckisches Spiel ab, das die Zuschauer nun doch in ihren Bann zog. Der Kontrast zwischen der schlanken weißen Göttin und den beiden bösen schwarzen Verfolgern erregte zumindest Interesse.
Die beiden schwarzen Verfolger waren endlich übereingekommen, die »Weiße Göttin« in eine Ecke der Bühne zu treiben, als Rita Malcona plötzlich erschreckt aufschrie und sich an den Oberarm faßte.
Die Verfolger blieben wie angewurzelt stehen und starrten auf einen der Baumstämme, in den sich ein noch wippendes Wurfmesser hineingebohrt hatte.
Mike Rander, der ziemlich nah an der Bühne saß, sprang sofort auf. Dieser Zwischenfall war offensichtlich nicht gestellt. Auf dem Oberarm der »Weißen Göttin« war jetzt ein blutender roter Strich zu sehen. Rita Malcona war verletzt worden.
Unter den Zuschauern entstand Verwirrung. Die ersten Rufe nach der Polizei wurden laut. Einige Frauen kreischten leise bis laut auf und verlangten, sofort nach Hause gebracht zu werden. Stühle und Tische kippten um.
Und dann war schlagartig das gesamte Licht weg.
Mike Rander ließ sich nicht beirren. Er flankte zur Bühne hoch und drang in den Dschungel ein. Dabei rammte er einen schweißnassen Körper, dessen Besitzer bei dieser Berührung entsetzt aufbrüllte, wegrannte und dann irgendwo im Unterholz stolperte.
Dann war das Licht wieder da.
Randers erster Blick galt der »Weißen Göttin«.
Rita Malcona stand ängstlich neben dem Kunstteich und sah sich wie ein gehetztes Wild um. Im Unterholz des Miniaturdschungels war einer der schwarzen Verfolger zu sehen, der die Orientierung verloren hatte und sich mit einer abgerissenen Liane abmühte.
Der zweite Schwarze lief mit schnellen Schritten zu Rita hinüber und baute sich breitbeinig vor ihr auf. Als Rander sich ihm näherte, ging der Mann in Boxauslage.
Rander lief an ihm vorbei und barg erst einmal das Messer, das nach wie vor im Baumstamm saß und immer noch vibrierte. Es mußte mit sehr viel Kraft und Schwung auf die Reise geschickt worden sein.
Es handelte sich um ein Wurfmesser, wie es in der Regel von Varietéartisten verwendet wird. Die breite Klinge und Feder und besonders der schwere, ausbalancierte Griff, ließen keine andere Deutung zu.
*
Parker hatte in der Garderobe von Rita Malcona Ordnung geschafft und wartete nun geduldig auf die Rückkehr der Tänzerin, die sich hier im Klub blumenreich »Weiße Göttin« nannte.
Er sah noch einmal hinüber zu der großen Handtasche der »Weißen Göttin«, die jetzt geschlossen und ordentlich auf dem Schminktisch stand. Parker hatte nicht nur den nachlässig hervorquellenden Inhalt zurück in die Tasche geschoben, sondern sie auch wieder richtig hingestellt. Parker hatte zudem etwas Ordnung in den Seitenfächern des Schminktisches geschaffen. So etwas lag in seiner Natur, und es war reiner Zufall, daß er bei seinen Aufräumungsarbeiten fast ungewollt auch die einzelnen Dinge in die Hand genommen hatte. Mit einem ordinären Nachschnüffeln hatte das auf keinen Hall etwas zu tun. Solche Handlungsweise hätte der Butler mit Nachdruck und Entrüstung entschieden von sich gewiesen.
Parker hörte plötzlich laute, schnelle Schritte auf dem Korridor. Dann erregte Stimmen. Dieser Lärm näherte sich der Garderobentür, eine Tatsache, die ihn veranlaßte, schnell seinen Standort zu wechseln und hinter einem Vorhang zu verschwinden, der eine schmale Ecke vom übrigen Raum abtrennte.
Kaum in Deckung, wurde auch schon die Tür der Garderobe aufgestoßen. Die jetzt etwas schrille Stimme der Malcona war zu hören.
»… natürlich war das Messer für mich bestimmt«, sagte sie aufgebracht und nach Luft schnappend. »Ich weiß das genau …! Und ich sage Ihnen noch mal, daß die Polizei her muß …!«
»Wer sollte denn das Messer auf Sie geworfen haben, Rita?« antwortete eine Stimme, die sich irgendwie talgig anhörte. »Wer sollte schon eine Rita Malcona umbringen wollen …?«
»Mann, haben Sie eine Ahnung …!« Rita Malcona ließ sich auf einen Stuhl fällen und zündete sich mit fahrigen Bewegungen eine Zigarette an.
Parker sah sich diese Szene durch einen Spalt im Vorhang an. Vor Rita Malcona stand ein kleiner, dicker, schwitzender Mann von etwa fünfzig Jahren, der einen etwas zu knapp sitzenden Smoking trug. Dieser Mann – offensichtlich der Manager des Klubs – stand breitbeinig vor der Nachtclubtänzerin und fuchtelte aufgeregt mit seinen Händen in der Luft herum.
»Wenn Sie den Messerwerfer kennen, lasse ich ihn festnehmen«, sagte der schwitzende Mann.
»Wer sagt Ihnen, daß ich ihn kenne?« Rita Malcona schien sich die Sache wieder anders überlegt zu haben. Sie stand mit einer ruckartigen Bewegung auf und drückte die gerade angerauchte Zigarette mit einer energischen Bewegung im bereits überquellenden Aschenbecher aus. »Ist schon gut, Grandel… zerbrechen Sie sich nicht meinetwegen den Kopf. Lassen Sie auch von mir aus die Polizei aus dem Spiel!«
»Sie treten also wieder auf?«
»Vielleicht, das muß ich erst noch gründlich überlegen … Lassen Sie mich jetzt allein! Bis zum nächsten Auftritt habe ich ja noch fast eine Stunde Zeit.«
»Rita, lassen Sie mich nicht in Stich«, schnaufte der Dicke. »Sie wissen doch, wie teuer die Bühnendekorationen gewesen sind …«
»Ja, doch …! Hauen Sie jetzt endlich ab …!«
Rita Malcona schob den schwitzenden Mr. Grandel zur Tür, versetzte ihm fast einen Stoß in den Rücken und schloß dann hart und laut die Tür hinter sich.
Parker wollte gerade den Vorhang zur Seite schieben, als Rita Malcona mit schnellen, zielbewußten Schritten zum Wandtelefon ging und den Hörer aus der Gabel nahm. Sie wählte eine Nummer lehnte sich mit dem nackten Rücken gegen die Ziegelwand und schloß für einen Moment die Augen.
Dann, als sich auf der Gegenseite eine Stimme meldete, drückte sie sich mit den Schulterblättern abrupt von der Wand ab und senkte den Kopf wie zu einem Angriff.
»Lee, bist du es …? Donnerwetter, das hätte ich nicht gedacht! Warum ich erstaunt bin …? Ist jetzt egal. Hör’ mir genau zu, mein Junge …! Nein, unterbrich mich nicht, du sollst mir jetzt zuhören! Ich habe deinen Drohbrief bekommen … Jawohl, Drohbrief … Verstelle dich doch nicht. Jawohl, ich spreche von einem Drohbrief. Und ich spreche jetzt von einem Messer, das eben auf mich geworfen wurde, als ich auf der Bühne war. Ich mache dir einen Vorschlag, Lee, vergessen wir, was gewesen ist.
Aber höre sofort damit auf, weiter hinter mir her zu sein. Moment, ich rede immer noch! Und ich meine es verdammt ernst! Glaube nur ja nicht, daß ich ohne Freunde bin. Ich weiß mich schon zu schützen. Und du und deine Freunde können sich auf was gefaßt machen, wenn ihr mich nicht in Ruhe laßt. So, das habe ich sagen wollen! Ende!«
Rita Malcona knallte den Hörer zurück auf die Gabel, ging mit schnellen Schritten zurück zum Schminktisch und zündete sich eine weitere Zigarette an. Tief sog sie den Rauch ein.
Parker, irgendwie peinlich berührt, Zeuge dieses Gesprächs geworden zu sein, hatte gerade den festen Entschluß gefaßt, sich bemerkbar zu machen, als sich schon wieder die Garderobentür öffnete.
Verständlicherweise blieb Parker daraufhin in seinem Versteck und wartete weiter ab.
Er war nicht sonderlich verwundert, als sein junger Herr eintrat. Mike Rander starrte aus großen, weit aufgerissenen Augen auf Rita Malcona, gab einen dumpfen, stöhnenden Laut von sich und brach dann wie vom Blitz getroffen in sich zusammen …
*
»Sie sehen mich bestürzt und betroffen, Sir«, sagte Josuah