angewendet und ist dadurch zu immer detaillierteren und nützlicheren Erkenntnissen gelangt. Doch versagt dieses System, wenn es sich um Daten handelt, bei denen die Wissenschaft nicht weiß, wie sie gemessen und überprüft werden können.
Als Voltaire, dem großen Gelehrten des achtzehnten Jahrhunderts, Fossilien gezeigt wurden, tat er sie als Fischgräten ab, die von Reisenden weggeworfen wurden. Jahrelang leugneten Wissenschaftler die Existenz von Meteoren, weil »Steine nicht vom Himmel fallen können«. Doch schließlich wurden Fossilien entdeckt, die zu groß waren, um Fischgräten sein zu können, und Meteoreinschläge wurden dokumentiert und ihr himmlischer Ursprung bewiesen.
So wie Voltaire nicht über Daten verfügte, die eine nähere Erforschung von Fossilien gerechtfertigt hätten, besitzt die heutige Wissenschaft bislang keinerlei Daten über die Seele und auch kein Messinstrument, mit dem sich die Existenz von Seelen nachweisen ließe. Das hat Wissenschaftler verleitet, einen Schritt zu weit zu gehen und anzunehmen, dass die Seele nicht existiert. Doch nur das Messinstrument, um sie nachzuweisen, existiert nicht.
Für die Entwicklung eines solchen Messinstruments bestehen zwei Hindernisse. Erstens ist diese Energie – Bewusstseinsenergie – in der Lage, selbst zu entscheiden, ob sie von Instrumenten nachgewiesen werden möchte oder nicht. Zweitens hat sich im Verlauf der Entwicklung der wissenschaftlichen Kultur, vor allem während des letzten Jahrhunderts, die Annahme eingeschlichen, dass keine Daten existieren, die nicht heute bereits messbar sind. Also wird gar nicht erst versucht, diese Daten zu sammeln – oder überhaupt einen Weg zu finden, dies zu bewerkstelligen. Das Augenmerk der Wissenschaft ist nicht mehr darauf gerichtet, neue Realitäten zu entdecken, sondern die bereits bekannte Realität zu interpretieren.
Die Wissenschaft verfügt in der modernen Gesellschaft über enormes Ansehen. Wenn also diese Institution erklärt, dass die Seele nicht existiert, neigen selbst die, die anderer Ansicht sind, dazu, die eigenen Seelen-Erfahrungen anzuzweifeln und sie in vielen Fällen auszublenden oder zu verdrängen.
Wir werden anhand einiger eindrucksvoller Beispiele zeigen, dass die nicht-physische Menschheit den starken Wunsch hat, mit der physischen Menschheit in Kontakt zu treten. Doch errichten wir durch unsere Annahmen, die nicht-physischen Menschen würden gar nicht existieren, eine Mauer zwischen uns. Wir sollten lernen, die Zeichen wahrzunehmen, die sie uns übermitteln. Nach ihrem Tod schickte mir Anne gezielt Botschaften, die geeignet waren, meine tief sitzenden Vorbehalte, dass so etwas möglich ist, zu überwinden.
Anne hatte Sacks gelesen und verstanden, welche Vorstellung die Wissenschaft über die Seele hat. Und sie hielt diese Vorstellung für falsch. Sie hielt sie für falsch, weil uns nach dem Erscheinen meines Buches Die Besucher aus aller Welt Tausende und schließlich Hunderttausende Briefe anderer Zeugen erreichten. Anne las und katalogisierte diese Briefe, und darin offenbarte sich ihr ein außerordentliches Geheimnis. Sie begriff, welche Botschaft unsere Besucher uns übermitteln wollten.
Die Briefe der Leserinnen und Leser und einige erstaunliche Dinge, die Anfang der 1990er Jahre in unserem Leben geschahen, veranlassten uns zu einer intensiven Beschäftigung mit der Frage des Lebens nach dem Tod.
Wir gelangten immer mehr zu der Ansicht, dass Kommunikation mit dem Jenseits möglich sein musste, und deshalb sprachen wir darüber, was geschehen würde, wenn einer von uns beiden starb. Wir beschlossen, dass derjenige von uns beiden, der zuerst stirbt, versuchen würde, den anderen zu kontaktieren, aber nicht auf eine direkte Weise.
Wir waren beide viel zu skeptisch eingestellt, um eine unmittelbare Botschaft unkritisch zu akzeptieren. Also entschieden wir, dass die ersten Kontakte über andere Personen erfolgen sollten, die nichts von unserem Plan wussten, weil wir niemanden in ihn einweihen würden.
Als Anne dann starb, hatte ich diesen vor vielen Jahren von uns gefassten Plan völlig vergessen. Nie hätte ich zu träumen gewagt, dass sie ihn in die Tat umsetzen würde oder dass so etwas tatsächlich möglich war.
Durch die Menschen, die wir in unser Blockhaus in Upstate New York einluden, um ihnen eine Begegnung mit den Wesen zu ermöglichen, die sich für uns interessierten, und aus den Briefen, die uns von der Leserschaft des Buches erreichten, lernten wir, dass die Toten und die »Besucher« oft zusammen erschienen.
Zu all dem kam dann noch Annes Nahtoderfahrung im Jahr 2004 hinzu, als sie beinahe an einem Schlaganfall gestorben wäre. Dass wir auf irgendeine Weise nach dem Tod weiterexistieren, war für sie zuvor eine Idee gewesen, die ihr zunehmend wahrscheinlich erschien. Jetzt wusste sie es. Sie hatte selbst die Brücke überquert und war zurückgekehrt.
Zum Ende ihres Lebens hin wusste Anne, wie ich glaube, so viel über das Leben nach dem Tod wie kaum ein anderer. Ich würde sagen, dass sie zu den kundigsten Experten auf diesem Gebiet gehörte, sowohl wegen ihrer intensiven Studien und Recherchen wie auch aufgrund ihrer persönlichen Erfahrung.
Nach ihrer Nahtoderfahrung schloss sie sich jener Mission an, der sich auch unsere Besucher und unsere eigenen Toten widmen. Anne ging es dabei nicht nur darum, uns allen zu zeigen, dass das Jenseits wirklich existiert und wir den Tod nicht zu fürchten brauchen, sondern dass es Möglichkeiten gibt, uns darauf vorzubereiten – keine komplizierten Rituale, sondern die einfachen persönlichen Methoden, die sie selbst praktizierte, Methoden, die uns in die Lage versetzen, starke Seelen aufzubauen, schon zu Lebzeiten mit unseren eigenen verstorbenen Angehörigen zu kommunizieren und dann einen guten Übergang zu meistern und anschließend von der anderen Seite wirkungsvoll mit den Lebenden zu kommunizieren.
Anne hat nach ihrem Tod eindrucksvoll bewiesen, dass die von ihr empfohlenen Methoden funktionieren.
Seit Jahrtausenden versuchen die Menschen, ihre Toten zu kontaktieren, in jüngster Zeit mit Hilfe von Medien und elektronischen Kommunikationstechniken. Das alles funktioniert, zumindest manchmal. Doch es sind auch persönliche, vertraute und dauerhafte Beziehungen zwischen der physischen und der nichtphysischen Seite der Menschheitsfamilie möglich.
Dadurch, dass wir den Kontakt zu unserer eigenen Seele verloren haben, ist auch der Kontakt zu unseren Vorfahren und Ahnen unterbrochen. Doch sie haben uns nicht im Stich gelassen, und wir brauchen sie heute dringlicher als je zuvor, und sie wissen das. Wie Sie sehen werden, rufen sie nach uns, und zwar schon seit mindestens zweihundert Jahren. Es wird Zeit, dass wir ihnen endlich antworten, damit die beiden Zweige dieser Familie beginnen können, miteinander zu leben und zu arbeiten.
Der Tod ist nicht das Ende. Er ist der Übergang in eine neue Form, wie die Verwandlung von der Raupe zum Schmetterling, und genau wie diese ist er Teil der Natur. Er ist nicht übernatürlich, steht nicht außerhalb der Natur. Nichts existiert außerhalb der Natur, aber die Natur ist eben auch weitaus größer, als die heutige Wissenschaft anerkennt.
Während die Menschheit auf dem neuen Weg voranschreitet, der sich für uns öffnet, werden wir unsere gewalttätige und anarchische Geschichte hinter uns lassen. Anne sagt, dass die Grundlage für alle Gewalt die Angst vor dem Tod ist. Wenn wir als Individuen und Familien und ebenso als Spezies ganz werden, heil werden, wird diese Angst verschwinden und damit auch die Gewalt.
Die neue Verbindung und Kommunikation zwischen den zwei Hälften unserer Spezies stellt einen Wendepunkt von so fundamentaler Natur dar wie jener, der den Beginn unserer Zivilisation auslöste und unsere Geschichte sich entfalten ließ. Auf dieser Seite der Veränderung liegt eine Geschichte voller Fehler, Verwirrung und Terror. Jenseits der Veränderung erwartet uns eine vollkommen neue Geschichte, in der wir gleichzeitig nach innen und nach außen blicken werden. Das Fundament dieser Geschichte wird unser Staunen sein. Es warten Entdeckungen auf uns, die unsere kühnsten Träume übertreffen werden. Es ist eine neue Sichtweise auf die Wirklichkeit, die uns zu einer neuen Lebensweise führen wird. Tatsächlich ist es eine Wiedergeburt.
Als Anne – die einzige Frau, zu der ich je eine intime Beziehung hatte, das absolute Zentrum meines Lebens – starb, hatte ich das Gefühl, in einer Flut aus Trauer zu ertrinken. Ich war wie unter Schmerz begraben,