Richard Brautigan

Willard und seine Bowlingtrophäen


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überm Arsch. Den Kopf hatte sie in den Nacken geworfen, auf dass er sie leichter knebeln könnte.

      Das hatten sie viele Male gemacht.

      Die Zimmerlampe brannte hell, und zwar zu grell.

      Sie hatte langes blondes Haar.

      Nur ein kleiner Zipfel vom Knebel lugte zwischen ihren Zähnen hervor. Ganz behutsam stopfte er ihr den Zipfel in den Mund. Dann beförderte er ihr den Knebel mit einem kräftigen Schubs mit dem Finger direkt in den Mund zurück, um ihre Zunge völlig unbeweglich zu machen, unfähig zum Rausdrücken des Knebels.

      Er war sehr nervös und versuchte, sich zusammenzureißen, denn er wollte ihr nicht wehtun, aber er wollte auch, dass der Knebel fest im Mund steckte.

      Sie stöhnte hinter dem Knebel, als er anfing, ihn mit dem Finger an seinen Platz zurückzuschieben. Sie wälzte den Kopf heftig hin und her, als ob sie dem Finger entfliehen wollte, der den Knebel gegen ihre Zunge drückte.

      Er drückte noch ein paar Sekunden weiter, und dann wusste er, dass er an Ort und Stelle war und sie ihn nicht mit der Zunge austreiben konnte.

      In etwa einem von zehn Fällen knebelte er sie richtig. Er packte es einfach nicht mehr. Er wusste, dass seine Fehlschläge sie irritierten, aber was hätte er tun sollen?

      Sein ganzes Leben war ein elendes, klägliches Chaos.

      Eine Zeitlang hatte er Klebeband genommen. Das Band hatte sie immer ordentlich geknebelt, aber sie hatte es nicht leiden können, wie weh es tat, wenn er es abriss. Selbst wenn er es ganz behutsam abriss, tat es noch höllisch weh, also musste das Klebeband weg.

      „Nein“, hatte sie zum Klebeband gesagt, und er wusste, dass es nein bedeutete. Sie hatte vorher noch nie nein gesagt, also nahm er das Klebeband nicht mehr.

      Er zog den Finger aus ihrem Mund und streichelte ihr Profil. Ihr Kopf entspannte sich. Er streichelte ihr Haar. Sie starrte stumm zu ihm hoch. Sie hatte wirklich sehr schöne Augen. Alle sagten das ständig zu ihr. Schwerfällig kroch sie zu ihm hin, bewegte den Körper Zoll um Zoll. Es war mühsam, aber sie brachte ihren Kopf auf seinen Schoß, und sie starrte zu ihm hoch. Ihr Haar ergoss sich über seinen Schoß wie blondes Wasser.

      Sie liebte ihn wirklich.

      Das machte alles so schlimm.

      „Kannst du richtig atmen?“, fragte er.

      Sie nickte leicht, zum Zeichen, dass sie richtig atmen konnte.

      „Tut der Knebel weh?“

      Sie schüttelte leicht den Kopf, zum Zeichen, dass der Knebel nicht wehtat.

      „Möchtest du hören, was ich heute gelesen habe?“

      Sie nickte leicht, zum Zeichen, dass sie hören wollte, was er heute gelesen hatte.

      Er hob das Buch auf.

      Es war ein sehr altes Buch.

      Er las ihr vor: „,O Armut, du kummervolles und wehrloses Weh, die du mit deiner Schwester Hülflosigkeit ein gar großes Volk knechtest …‘“

      Sie starrte zu ihm hoch.

      „Das ist Alkäus aus der Griechischen Anthologie“, sagte er. „Das ist vor über zweitausend Jahren geschrieben worden.“ … ach Gott, dachte sie und gab sich große Mühe, nicht zu weinen, denn sie wusste, wenn sie zu weinen anfinge, würde er sich noch mieser fühlen, und er hatte sich schon lange ziemlich mies gefühlt.

      Die Geschichte der O

      Das viertklassige Sadismus- und Verzweiflungstheater von Constance und Bob nahm einen ziemlich banalen Anfang. Sie kriegte die Warzen als Erste. Das waren Feigwarzen in der Scheide.

      Im Vollrausch war sie fremdgegangen, ein One-Night-Stand mit einem Anwalt in mittleren Jahren, der ihr Buch kannte. Er hatte der gerade als Romanschreiberin gescheiterten Dreiundzwanzigjährigen erzählt, dass ihm ihr Buch gefiel, und sie fühlte sich sehr mies, weil das Buch zwar ein Kritiker-, aber kein Verkaufserfolg und sie deshalb gezwungen war, wieder arbeiten zu gehen.

      Darum stieg sie mit dem Anwalt ins Bett und fing sich Warzen in der Scheide ein.

      Sie erinnerten an ein Büschel ekliger Horrortrip-Pilze. Sie mussten mit einer elektrischen Nadel weggebrannt werden:

      Eine Rosskur folgte der nächsten Rosskur dicht auf den Hufen.

      Als sie entdeckte, dass sie die Warzen hatte, schlug sie Bob vor, die Ehe zu beenden. Es war ihr so peinlich. Sie dachte, das Leben habe keinen Sinn mehr.

      „Bitte ...“, sagte sie. „Ich kann nicht mehr mit dir leben. Ich hab so was Schreckliches gemacht.“

      „Keine Chance!“, sagte Bob und war so lieb zu ihr, obwohl er alles über den Seitensprung wusste, und er nahm alles in seine superkompetenten Hände, wie es seine Art war ... damals.

      Sie konnten zwei Monate keinen normalen Sex haben, so lange dauerte es, bis die Warzen aus ihrer Scheide gebrannt waren, und manchmal, wenn sie vom Arzt und seiner elektrischen Nadel nach Hause kam, setzte sie sich einfach hin und fing an zu weinen.

      Bob tröstete und umsorgte sie und richtete sie wieder auf, streichelte ihr übers Haar, drückte sie, flüsterte: „Du bist meine Frau. Ich liebe dich. Bald ist alles vorbei“, bis sie aufhörte zu weinen.

      Weil ihnen der gute alte Sex verwehrt blieb – Feigwarzen werden von einem Virus ausgelöst und durch Geschlechtsverkehr übertragen – mussten sie was anderes machen, und das taten sie auch.

      Sie hatten wirklich Spaß am gemeinsamen Sex. Bob freute sich, wie schön sein Glied in Constance’ Scheide passte, und sie freute es auch. Sie pflegten Witze über erotische Rohrverlegung zu reißen. Beide waren sie verrückt nach dem guten alten Sex. Eines Tages lieh jemand Bob ein Exemplar von der Geschichte der O. Er las sie. Es ist ein Sadomaso-Schauerroman, der ihn irgendwie erregte, weil er ihn so abgefahren fand. Beim Lesen kriegte er immer eine schwache Erektion.

      Als er mit dem Buch fertig war, gab er es Constance zu lesen, denn sie war neugierig.

      „Wovon handelt es?“, fragte sie.

      Sie las es, und es machte sie auch irgendwie an.

      „Es ist irgendwie sexy“, sagte sie.

      Eine Woche, nachdem sie es beide gelesen hatten, waren sie eines Abends ziemlich angeheitert und spielten ihre speziellen Sexspielchen, weil ihnen der normale Geschlechtsakt versagt blieb.

      Meist hobelte sie ihn oder verkehrte mit ihm oral, und er polierte sie klitoral mit der Hingabe eines Diamantenschleifers, bis sie kam. Er hätte bei Tiffany arbeiten können.

      Sie lagen im Bett, ziemlich blau, als er sagte: „Warum spielen wir nicht die Geschichte der O?“

      „Okay“, sagte Constance lächelnd. „Welche Rolle soll ich spielen?“

      Das Geschichte-der-O-Spiel

      Sie hatten viel Spaß, als sie das Geschichte-der-O-Spiel zum ersten Mal spielten. Constance fand ein paar Tücher, mit denen er sie fesseln, und fand ein großes Seidentaschentuch, mit dem er sie knebeln konnte. Bob band einen Knoten mitten ins Taschentuch, wie er es aus Fernsehen und Kino kannte, und steckte ihr den Knoten zwischen die Zähne und band die Enden des Taschentuchs stramm im Nacken zusammen, so dass ihr Mund durch den Knoten aufgesperrt wurde.

      Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt.

      Sie atmete sehr schwer. Sie war noch nie gefesselt und geknebelt worden. Er streichelte ihre Brüste und Schenkel. Sie mochte das Gefühl von Wehrlosigkeit und Wonne.

      Dann peitschte er sie ganz sanft mit seinem Gürtel, und sie stöhnte wohlig hinter dem Knebel. Während all das geschah, war er noch angezogen. Sie lag nackt auf dem Bett.

      Nach einer Weile zog er sich aus und legte sich zu ihr aufs Bett. Sie rieb sich an ihm, stöhnte die ganze Zeit durch den Knebel. Sie war