großartige Arbeit hier. Alle Mitarbeiter und Ältesten sind sich in diesem Punkt einig. Aber wir denken auch, dass du etwas Zeit und Raum brauchst, um deine persönlichen und beruflichen Identitäten zu entwirren. Du weißt nicht mehr, wer du bist, wenn du nicht deinen Beruf ausübst. Du weißt nicht, was du mit dir anfangen sollst, wenn du einmal nicht gebraucht wirst. Und du merkst gar nicht, wie erschöpft du im Grunde genommen bist. Glaub mir. Ich spreche aus Erfahrung.“
Obwohl seine Stimme sanft war, zuckte sie zusammen.
„Vor Jahren hat mein Pastorenkollege dasselbe Gespräch mit mir geführt, Hannah. Er hat Warnzeichen in meinem Leben erkannt, die ich selbst nicht wahrnehmen konnte, und er hat die Initiative ergriffen. Sein Eingreifen hat mir meine Arbeitskraft gerettet, meine Familie und meine Gesundheit. Die Auszeit war ein großer Segen für mich, und ich hoffe, dass sie auch für dich ein Segen sein wird.“
Sie wollte das nicht hören. Sie war nicht ausgebrannt, und sie stand auch nicht am Abgrund. Sie hatte keine Familie, um die sie sich Gedanken machen musste, und mit ihrer Gesundheit war alles in Ordnung. Sie brauchte keine Pause. Gar nicht, überhaupt nicht.
„Kann ich denn nicht einfach nur einen Monat frei nehmen?“
„Nein.“
„Dann drei Monate? Ich werde irgendwo eine Einkehrzeit halten und erfrischt und erneuert zurückkehren.“
Steve ließ nicht mit sich reden. „Wir sprechen hier von einer radikalen Beschneidung. Zwei oder drei Monate reichen nicht aus, dann zählst du nur die Tage, bis du wieder zurückkommen und genau an der Stelle weitermachen kannst, wo du aufgehört hast.“
„Aber ein ganzes Schuljahr! Wie soll ich denn diese ganze freie Zeit füllen?“
Er lächelte sanft. „Mach dir darüber keine Gedanken. Du brauchst ja noch nicht sofort zu planen. Wir können später über ein paar Ideen sprechen, was du in dieser Zeit tun könntest. Aber das Wichtigste ist, dass du irgendwohin fährst, wo du einmal wirklich zur Ruhe kommst, und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um dir dabei zu helfen.“ Er erhob sich. „Neun Monate, Hannah. Gib Gott neun Monate Zeit.“
Widerspruch hatte keinen Zweck, das wusste sie. Die Entscheidung war gefällt worden, ohne sie mit einzubeziehen – ohne ihr Wissen oder ihre Billigung –, und sie konnte nichts dagegen tun. Während sie Steve beim Verlassen ihres Büros hinterherschaute, begann sie sich zu ärgern. Seine Einmischung war unnötig. Sie wollte das nicht, dieses „Geschenk“, das so ungewöhnlich großzügig sein sollte. Doch sie fühlte nicht nur Verärgerung. Jetzt machten sich auch Schuldgefühle wegen ihrer Undankbarkeit bemerkbar.
Und dieses Gefühl behagte ihr schon gar nicht.
Mara, 1968
Mara Payne biss sich auf die Lippe. Sie hielt den Blick gesenkt und trat mit ihren Turnschuhen nach kleinen Dreckklumpen im Gras. Sie kannte das schon. Diese Rolle hatte sie bereits unzählige Male gespielt, und das Drehbuch beherrschte sie im Schlaf: Nacheinander würden die beiden Mannschaftsführerinnen die Namen ihrer Klassenkameraden aufrufen. Nacheinander würden die Erwählten zu der jeweiligen Seite gehen, sich gegenseitig gratulieren und der Mannschaftsführerin ins Ohr flüstern, wen sie als Nächste wählen sollte.
Mara brauchte nicht hochzublicken, um zu wissen, was gerade passierte. Die Füße neben ihren gehörten zu Eddie Carter. Sie kannte seine Turnschuhe: Blaue Streifen, schmuddelige Schnürriemen und ein kleines Loch am großen Zeh. Eddie wurde immer als Vorletzter ausgewählt, aber er wurde wenigstens gewählt. Mara blieb immer übrig. Wenn die Mannschaftsführerin schließlich mürrisch ihren Namen zwischen den Zähnen hervorstieß, würde sie tief beschämt zu der entsprechenden Mannschaft trotten und sich dabei einreden, dass es ihr nichts ausmachte. Aber die Tränen, die auf ihre Schuhe tropften, erzählten eine andere Geschichte.
An einem warmen Augustabend saßen Mara und Tom Garrison in Michigan auf der Tribüne des Sportplatzes, verspeisten Hotdogs und feuerten die Baseballmannschaft ihres Sohnes, die Kingsbury Knights, an. Der Freitagabend war einer der wenigen Abende, die die Familie gemeinsam verbrachte. In der Woche war Tom von Montag bis Donnerstag geschäftlich unterwegs, und Mara vollführte den Eiertanz eines alleinerziehenden Elternteils. Doch wenn Tom zu Hause war, beschäftigte er sich mit Begeisterung mit ihren beiden Söhnen im Teenageralter.
„Los, los, los!“ Mit einem Satz war Tom auf den Beinen, als der fünfzehnjährige Kevin erst die erste, dann die zweite und schließlich die dritte Base erreichte. „Sicher!“, schrie Tom zusammen mit dem Schiedsrichter. „Ja! Gut gemacht, Kev!“ Er setzte sich wieder, immer noch begeistert klatschend. „Ich sag dir was, Mara, dieser Junge hat Talent. Pass nur auf! Am Ende bekommt er noch irgendwo ein Stipendium. Baseball, Football, Basketball – was es auch sei, er kann es!“
Mara trank einen Schluck von ihrer Cola light und suchte auf der Spielerbank nach dem dreizehnjährigen Brian. Als sie ihn schließlich entdeckte, erhob sie sich. Sie war nicht zu übersehen in ihrer weiten limonengrünen Tunika und dem breitkrempigen Strohhut; aber falls Brian bemerkt hatte, dass sie ihm zuwinkte, dann zeigte er es nicht. Sie ließ sich wieder auf die Bank sinken und hoffte, dass niemand sonst beobachtet hatte, wie er kurz in ihre Richtung gesehen hatte, bevor er sich abwandte.
„Hast du eigentlich schon überlegt“, begann sie und wischte sich die Hände an ihren voluminösen Oberschenkeln ab, „was du morgen mit den Jungs unternehmen willst?“
Tom antwortete nicht, sondern konzentrierte sich demonstrativ auf den Wurf des Werfers und auf Kevin an der dritten Base. Mara wartete, bis der Schlagmann ausholte und den Ball verpasste, bis sie es noch einmal probierte. „Ich würde gern wissen, ob ihr vorhabt, den ganzen Tag unterwegs zu sein, oder ob ihr zum Abendessen wieder zu Hause seid.“
„Keine Ahnung. Das entscheiden wir spontan.“ Sein Blick lag immer noch auf dem Spielfeld.
Mara nahm ihren Hut ab und lockerte ihre frisch gefärbten, dunkelbraunen Haare. Sie rochen immer noch nach Ammoniak. Eines Tages würde sie sich mal eine Haarfarbe aus dem Friseursalon gönnen. Leider waren die kupferfarbenen Strähnchen eher orange geworden. Vielleicht würde sie einen Termin bei einem Friseur vereinbaren, um das in Ordnung zu bringen. Mit 50 konnte sie sich doch ruhig auch mal richtig verwöhnen lassen, was sie sich sonst ja nicht gönnte. Auch wenn Tom nicht damit einverstanden sein würde.
Sie seufzte. „Ich koche gern was, wenn du meinst, dass ihr bis dahin vom Spiel zurück seid.“
Tom biss von seinem Hotdog ab und winkte Brian zu. Brian winkte zurück. „Ich sagte doch, ich weiß es nicht. Wir entscheiden spontan.“
„Es würde mir nur helfen, meinen Samstag zu planen, wenn ich wüsste, wa-“
„Genug jetzt, Mara!“, fuhr er sie an und strich mit den Händen ruppig über seinen grauen Bürstenhaarschnitt. „Würdest du mich jetzt bitte in Ruhe das Spiel anschauen lassen?“ Er sprang auf und jubelte erneut, als Kevin einen Homerun hinlegte. „Gut gemacht, Kev! Weiter so!“ Kevin wandte sein sommersprossiges Gesicht der Tribüne zu und zeigte seinem Vater den hochgereckten Daumen.
Mara setzte ihren Hut wieder auf. „Ich wollte nur-“
Tom wirbelte herum und funkelte sie an. „Mach, was du willst, okay? Wenn wir Hunger bekommen, dann holen wir uns auf dem Heimweg etwas zu essen. Und jetzt hör endlich auf, mich zu löchern!“
Mara beobachtete, wie eine der anderen Mütter sich umdrehte und einen mitfühlenden Blick in ihre Richtung schickte. Mara zwang ein Lächeln auf ihr Gesicht und rollte die Augen. „Männer!“, formte sie mit den Lippen und schüttelte den Kopf.
Nach dem Spiel stand sie auf der Tribüne und sah zu, wie Tom die Jungen auf dem Spielfeld umarmte. Langsam ging sie über den Parkplatz zu ihrem schwarzen SUV und kämpfte gegen die Tränen an.
Traditionell feierten Tom und die Jungen nach einem Spiel im Steakhaus. Als sie nach Hause kamen, lag Mara bereits im Bett und tat so, als würde sie schlafen.
Am Montagabend saß Mara auf dem