A.M. Arthur

Sound of Us


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arbeitenden Klimaanlage gelang es nicht, seinen verschwitzten Körper abzukühlen.

      In Neds Zimmer war der Fernseher aus und die Vorhänge waren zugezogen, sodass der Raum im Schatten lag. Jake gefiel das nicht. Das einzige Licht stammte aus dem Flur. Ned saß im Bett und starrte geradeaus. Er regte sich nicht. Er wirkte weder traurig noch aufgebracht. Einfach nicht ganz anwesend.

      Jake schaltete die Deckenbeleuchtung ein. Ned blinzelte ein paar Mal gegen den Lichteinfall an, sagte jedoch nichts und drehte auch nicht den Kopf. Manchmal verlor er sich in der Vergangenheit und dann dauerte es eine Weile, bis er wieder in der Gegenwart ankam. Jake zog das dem Zustand vor, in dem Ned unerwartet wütend wurde und um sich schlug. Letztes Jahr hatte er Jake zwei Mal versehentlich ins Gesicht geschlagen. Beim ersten Mal hatte Jakes ehemaliger Mitbewohner Jon versucht, mit ihm darüber zu reden, aber Jake hatte sich geweigert. Sie hatten sich nicht nah genug gestanden, hatten sie damals nie. Doch inzwischen hatten sie freundschaftlichen Umgang übers Handy.

      Er bereute es, drei Jahre lang mit Jon zusammengelebt zu haben, ohne sich die Mühe zu geben, ihn besser kennenzulernen. Jon war ein wirklich anständiger Kerl, der sich einen Verlobten namens Isaac, ein Haus in der Vorstadt und sogar eine verfluchte Katze erkämpft hatte.

      Ich habe selbst zwei Liebhaber und ein Haus in der Vorstadt und statt dort zu sein, bin ich wieder in der Stadt. Allein.

      »Oh, Wilson, da bist du ja«, sagte Ned. Er hatte den Kopf gewandt, um Jake anzusehen. Seine faltige Miene wirkte nach wie vor abwesend.

      »Hallo, Ned«, erwiderte Jake. Er hatte kein Problem damit, mitzuspielen und Ned die Chance zu geben, sich an Abschnitte seines Lebens zu erinnern, die bedeutungsvoll für ihn war. Und jedes Mal erfuhr er ein wenig mehr über die lange, heimliche Romanze zwischen Ned und Wilson. »Fühlst du dich wohl?«

      »Ein bisschen müder als sonst.« Ned klopfte auf das Bett. Jake durchquerte den Raum, um sich auf Höhe von Neds Knien zu setzen. »Du wirkst glücklich.«

      »Es ist ein guter Tag für mich. Wie steht es bei dir?«

      »Ich kann mich offenbar nicht erinnern, was ich heute getan habe. Ich bin immer noch im Bett.«

      »Jeder verdient von Zeit zu Zeit einen faulen Tag.«

      »Ha. Sagt der Mann, der meint, wir sollten die Stadt abstimmen lassen, ob wir unsere Läden nicht auch sonntags öffnen sollten, statt zu ruhen, wie der Herr es vorgesehen hat.«

      Die Städte haben einem früher vorgeschrieben, sonntags nicht die Läden zu öffnen?

      Diese Erinnerung musste aus ferner Vergangenheit stammen. Jake war nicht sicher, wie er reagieren sollte. »Ähm, tja, du kennst mich.«

      »Das tue ich. Das tue ich.« Neds Ausdruck nahm wieder etwas Abwesendes an und deutete damit einen Sprung durch seine Erinnerungen an. Allerdings sprach er nicht, sondern starrte wieder die Wand an.

      »Ned? Möchtest du Karten spielen?«

      Nichts.

      »Ich kann dir auch etwas vorlesen.«

      Wieder nichts. Jake war es nicht gewohnt, Ned so unzugänglich zu erleben, und die Sorge trieb ihn dazu, bei ihm zu bleiben. Er setzte sich auf den Besucherstuhl und las eine Weile in einer Zeitschrift.

      Der Essenswagen kam und brachte das Tablett mit dem Mittagessen. Jake half Ned, seinen Hamburger und seine Tasse voll Apfelmus zu essen. Für die schlaffen Pommes schien Ned sich nicht zu interessieren, also knabberte Jake daran, während sein Magen knurrend ein richtiges Mittagessen verlangte. Chet verwöhnte ihn täglich mit seinen großartigen Gerichten und Jake genoss ihren gemeinsamen Kochunterricht. Kochen war sein und Chets Ding. Die eine Sache, die sie gemeinsam unternahmen, nur sie beide.

      Er musste Chet anrufen und sicherstellen, dass sie weiterhin zusammen Mahlzeiten zubereiten würden, selbst wenn Jake nicht mehr dort wohnte. Er konnte das nicht aufgeben. Es war ihm viel zu wichtig.

      Um eins machte Jake den Fernseher an, da Neds erste Seifenoper begann. Er hatte keine Ahnung, ob oder inwieweit Ned die komplizierten Geschichten in den verschiedenen Sendungen verfolgte, aber er schien Freude an ihnen zu haben. Die Geräusche aus dem Fernseher weckten endlich Neds ganze Aufmerksamkeit. Er kletterte aus dem Bett und ging zu dem Sessel, von dem aus er normalerweise fernsah, direkt vor dem kleinen, kastenförmigen Gerät.

      Dann sah er auf und registrierte erstmalig Jakes Anwesenheit. »Junger Jacob, du kommst mich besuchen.«

      »Ja, tue ich.«

      »Ich habe dich in letzter Zeit nicht oft gesehen, oder?«

      »Nicht so oft wie früher und das tut mir leid.« Jake hatte sich bemüht, seine wöchentlichen Besuche bei Ned einzuhalten, aber dank seiner Depression war ihm eine ganze Woche verlorengegangen. Manchmal war er auch zwei Mal die Woche hergekommen und vielleicht würde er das nun, wo sich die Lage beruhigte, wieder tun.

      »Du wirkst sorgenschwer«, sagte Ned. Er wandte sich Jake zu und schenkte ihm seine Aufmerksamkeit, während im Fernsehen eine Frau einer anderen vorwarf, ihr den Verlobten gestohlen zu haben.

      »Ich bin nicht richtig sorgenschwer.« Jake war sich nicht einmal sicher, was das Wort bedeuten sollte. Aber Ned schien nun weit genug bei sich, dass sie miteinander reden konnten. »Hast du schon einmal von einer bipolaren Störung gehört?«

      »Sicher. Es ist sogar schon in meinen Serien vorgekommen. Ist jemand, den du kennst, damit diagnostiziert worden?«

      Sein Puls legte zu. »Ähm, ich. Habe die Diagnose erhalten, meine ich. Bipolar zu sein.«

      Ned neigte den Kopf. »Ich vermute, das ist erst kürzlich passiert?«

      »Vor zwei Wochen. Offensichtlich habe ich eine bipolare Störung des Typs II, die weniger manische Variante, aber sie wird im Grunde mit denselben Medikamenten behandelt. Und ich habe eine gute Therapeutin. Es fällt mir leicht, mit ihr zu reden.«

      »Musstest du allein damit fertigwerden? Ich wünschte, ich hätte dir helfen können, mein Sohn.«

      Ein Schwall Liebe und Stolz wärmten Jakes Brust. »Ich habe zwei sehr gute Freunde, die mir geholfen haben, auf mich achtzugeben. Es war einer von ihnen, der von Anfang an vermutet hat, dass ich bipolar sein könnte.«

      »So eine Last für jemanden, der noch so jung ist.«

      Jake versuchte, die Bemerkung abzustreifen, aber es lag dennoch eine Spur Verhängnis in ihr. »Ich komme zurecht. Es ist jetzt weniger als einen Monat her und ich mache Fortschritte, weißt du? Zumindest sagen mir das alle.«

      »Aber du gehörst zur ungeduldigen Sorte, die es sofort geregelt sehen will, richtig?«

      Er konnte nicht anders als angesichts von Neds perfekter Analyse seines Wesens hart aufzulachen. »Jepp. Ich hasse die Ungewissheit, verstehst du? Was, wenn die Medikamente nicht anschlagen? Was, wenn ich vergesse sie einzunehmen? Woher weiß ich, was eine hypomanische Phase ist und was normale Aufregung? Ich will, dass es wieder wie früher wird, auch wenn ich weiß, dass das unmöglich ist.«

      Kummer trat in Neds Blick. »Ich habe mich genauso gefühlt, nachdem Wilson seine Diagnose erhalten hat. Wir wollten die Zeit zurückdrehen, zurück zu dem Zeitpunkt, bevor wir es wussten.«

      »Was wussten?«

      »Dass er Krebs hatte. Er war in seinem ganzen Leben nie einen Tag krank und innerhalb weniger Monate war er dauernd erschöpft und hat Gewicht verloren. Ich habe ihn endlich dazu überredet, einen Arzt aufzusuchen, aber es war bereits zu spät. Wir hatten keine sechs Monate mehr.«

      »Es tut mir so leid.« Jake konnte sich nicht vorstellen, mehr als sein halbes Leben lang mit jemandem zusammen zu sein und sich dann innerhalb so kurzer Zeit verabschieden zu müssen. Dabei zusehen zu müssen, wie der Frachtzug auf einen zudonnerte, während man auf die Gleise gefesselt war und nicht fliehen konnte, egal, was man tat. Jon hatte letztes Jahr dasselbe durchgemacht: Er hatte zusehen müssen, wie sein bester Freund langsam dem Krebs erlag.

      Jake würde lieber schnell und unerwartet abtreten. Rums, bums und