Sira Rabe

Gefangen


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wo sie diese Nacht verbrachte. Offensichtlich wirkte sie sexy auf die Männer. Sie wusste, dass sie eine gute Figur hatte und schöne Brüste, aber so unverfroren wie hier war sie noch nie angestarrt worden. Natürlich lief sie sonst auch nicht halbnackt durch die Stadt, aber trotzdem –!

      «Hallo! Schau nicht so ernst! Ich glaube, du brauchst eine Pause!» Max befreite sie von den Fesseln und nahm sie mit in sein Büro. Ein weiteres Glas Sekt und ein wenig Unterhaltung würden Delia entspannen.

      Er betrachtete sie, wie sie mit damenhaft übereinander geschlagenen Beinen im Sessel saß, aufrecht, ohne sich anzulehnen. Der weich fließende Stoff, der in hauchzarter Transparenz ihre Figur umschmeichelte, machte aus ihr die personifizierte Verführung. Für einen Moment spielte er mit dem Gedanken, sie betrunken zu machen und Iwan zu überlassen. Er war darin geübt, unerfahrene, aber letztlich doch willige Frauen in beliebte Techniken einzuweisen, und hatte früher als Zuhälter gearbeitet. Dann verwarf Max die Idee wieder. Es wäre falsch. Er wollte nichts Illegales tun.

      Allmählich wirkten Sekt und Müdigkeit. Delia blieb selten so lange auf. Inzwischen war es zwei Uhr nachts, wie ihr die gegenüber an der Wand aufgestellte antike Pendeluhr verriet. Sie gähnte verhalten.

      Max brachte sie zurück und kettete sie wieder an. Er lobte sie noch einmal, dann ließ er sie alleine.

      Im Moment war es ein wenig ruhiger geworden. Alle Männer waren untergekommen und die Bar leer. Delia war froh, dass ihr Körper mal eine Zeit lang keinen weiteren Angriffen ausgesetzt war. Gewiss, es war nichts Schlimmes passiert, darauf hatte ja auch Iwan zu achten, obwohl sie bezweifelte, dass er diese Aufgabe besonders ernst nahm. Einige Männer hatten sie betatscht, ihre Brustwarzen befummelt und ihr auf den Hintern geklatscht. Sie hatten versucht, sie mit ordinären Wortspielereien geil zu machen. Delia mochte diese Sorte von Wörtern nicht, aber sie konnte darüber hinweghören.

      Ein paar der Männer waren jedoch abstoßend gewesen. Sie sahen reich aus, sehr reich. Delia konnte das Geld buchstäblich riechen, so sehr stanken sie nach Geld. Aber vor allem auch nach Geilheit, nach niedriger Geilheit, einer sogar nach Schweiß. Sie hatte den Ekel heruntergeschluckt und verkrampft gelächelt.

      Mit müden Augen sah sie sich um. Die Einrichtung war geschmackvoller und luxuriöser, als sie erwartet hatte. Die aufgestellten Bronzefiguren, die Helden und Göttinnen der Antike darstellten, und die an den Wänden hängenden Gemälde mit Motiven des Impressionismus zeugten von Stil und guter Auswahl.

      In der Sitzgruppe in Delias Nähe lümmelte jetzt ein Gast mit einer recht jungen Frau. Für ihn viel zu jung. Seine Kleidung, Uhr und zwei Ringe bezeugten einen gewissen Wohlstand. Ab und an lachte die Frau ein wenig zu schrill und künstlich zu dem auf, was er ihr angeregt erzählte. Seine Hand war unter ihren Rock geschoben, und sie bewegte sich rhythmisch vor und zurück, als ob sie auf seinen Fingern reiten würde. Delia nahm nur Fetzen davon wahr. Erneut gähnte sie, drehte ihren Kopf, um sich mehr umzusehen. Aber mehr war im Augenblick nicht los. Ihr Kopf zuckte hoch. So musste es sein, wenn man durch Übermüdung während einer Autofahrt in den Sekundenschlaf verfiel! Sie riss die Augen auf, aber kurz darauf verschleierte sich erneut ihr Blick und sie dämmerte weg. Ein Regal voller Spielsachen für Erwachsene erschien vor ihren Augen, ihre Hand griff danach, aber immer, wenn sie eine der bunten Packungen aus dem Fach nehmen und näher betrachten wollte, langte ihre Hand daneben …

      «Ist alles in Ordnung mit dir?»

      Der Traum riss ab und der Schall von Max’ Stimme dröhnte überlaut in ihrem Ohr.

      «Ja, ich – ich denke schon», stammelte Delia mühsam. «Mein Kreislauf macht ein bisschen Probleme. Für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, mir wird gleich schwarz vor den Augen.»

      Max nickte. «Dachte ich mir schon. Du siehst kalkweiß aus. Komm mit und trink einen Kaffee.» Er machte sie los und fasste sie sicherheitshalber unter den Arm, bis sie in seinem Büro angelangt waren. Dann reichte er ihr eine Tasse heißen Kaffee aus seiner Thermoskanne.

      «Danke, das tut gut.»

      «Willst du aufhören?»

      «Nein, nein, es geht schon. Die letzten zwei Stunden halte ich auch noch durch.»

      «Okay.» Max setzte sich ihr gegenüber und zündete sich eine Zigarette an. Er blies den Rauch zur Decke, schaute Delia überlegend an.

      «Ist was?»

      «Wie man es nimmt. Ich weiß, du hast noch nie als Hure gearbeitet und willst es auch nicht versuchen. Verstehe ich. Wenn man einen ordentlichen bürgerlichen Beruf hat …» Er beugte sich vor und lehnte sich mit den Unterarmen auf dem Tisch auf.

      «Aber?», fragte Delia. «Du willst doch auf irgendetwas hinaus. Spuck’s aus!»

      Er grinste.

      «Ich hätte nicht gedacht, dass du so direkt zur Sache kommst. Nun – heute Abend haben schon ein paar Stammkunden nach dir gefragt.»

      «Nein!» Delias Widerspruch kam prompt und klang sehr entschieden. In ihren Augen spiegelte sich Entsetzen.

      Max bohrte nicht weiter nach. «Schade. Nimm es mir nicht übel. Aber ich wollte dich wenigstens noch mal fragen.»

      Es hatte keinen Sinn, wenn sie nicht wollte. Es war wohl besser, es nicht zu erzwingen.

      Als Delia ihren Kaffee ausgetrunken hatte, brachte er sie ins Foyer zurück. Inzwischen war wieder mehr los. Einige Kunden suchten Unterhaltung. Ihre Stammhuren waren noch nicht frei. Sie lebten ihre Langeweile und ihren Übermut an Delia aus. Begrapschten ihre Titten, kitzelten sie, bis sie fast atemlos war, drangen ungeniert mit den Fingern in ihren Slip ein und rieben ihre Klitoris. Vergeblich war ihr abwehrendes «Nein, nein, bitte nicht!». Die Männer lachten nur und stachelten sich gegenseitig an. «Ja, zeig’s ihr!»

      Delias Müdigkeit war völlig verflogen. Sie wand sich, zerrte hilflos an ihren Fesseln und hätte am liebsten geweint, wenn es nicht so überaus peinlich gewesen wäre. Verzweifelt biss sie sich auf die Unterlippe, um sich nicht weiterhin mit ihrem Gejammer zum Gespött zu machen. Die Minuten schienen nicht zu vergehen. Wo war nur Iwan? Warum half ihr denn keiner? Sie starrte an die Decke, an den Männern vorbei, die sich fürstlich zu amüsieren schienen, ihre nassen Küsse auf ihrem Hals und Dekolleté hinterließen. Die Berührungen ihrer Hände brannten wie Feuer auf Delias Haut. Sie verspürte ein dringendes Verlangen, sich zu waschen. Dann endlich, nach einer halben Ewigkeit, schritt endlich Iwan ein und bat die Männer von ihr abzulassen.

      Sie war todmüde und erschöpft, als sie ihren Job erfüllt hatte und Max ihr das Geld aushändigte. Er gab ihr eine Visitenkarte und sagte, sie könne jederzeit wieder für ihn arbeiten, auch öfter, gerne auch an den Samstagen. Aber sie schüttelte den Kopf und meinte, eine Nacht würde ihr reichen. Sie könne sich eine Wiederholung im Augenblick nicht vorstellen.

      Kapitel 3

      Als Delia nach Hause kam, war sie einerseits müde, andererseits völlig überdreht. Das Bedürfnis nach einer erfrischenden Dusche war immer noch vorhanden, doch noch mehr verlangte ihr Körper, der von den häufigen sexuellen Angriffen überreizt war, nach Befriedigung. Sie packte ihre Einkäufe aus, öffnete die Verpackung des Vibrators und legte die beigelegten Batterien ein.

      Dann zog sie sich aus und stellte sich vor ihren großen Schlafzimmerspiegel. Nicht übel, Mädel, dachte sie zufrieden. Das schummrige Licht der Nachttischlampe beleuchtete sie von hinten, gab ihrem Körper eine helle Silhouette.

      Delia tupfte ein paar Tropfen des Gleitmittels, das sie mit dem Vibrator geschenkt bekommen hatte, auf ihre Finger. Sie schmierte den Vibrator sorgfältig ein und verteilte den Rest auf ihren Brustwarzen. Sie seufzte leise und beobachtete sich dabei, wie der blaue Delfinkopf langsam in ihrer Spalte verschwand. Dann stellte sie den Vibrator an und klemmte die Beine zusammen, um ihn am Herausrutschen zu hindern. Ihre Schenkel bebten und sie wand sich vor Lust. Sie rieb über ihre Nippel, die mit einer Mischung aus Schmerz und Lust reagierten.

      Dann dachte sie ungewollt an die Männer, die sie lüstern betrachtet und angefasst hatten. Es erschien ihr unwirklich und doch wusste sie, dass es geschehen war. Sie