Галина Николаевна Хэндус

О любви. Wo die Liebe hinfällt


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wie das reine Wasser der Seen, die Lippen hatten die Farbe reifer, süßer Himbeeren, das zu einem langen Zopf geflochtene Haar war dunkelblond und seidig. Schlank und schön war die Prinzessin, klug, gepflegt und höflich, doch sie war auch selbstbewusst und hatte ein kämpferisches Wesen, und selten konnte es ihr jemand recht tun. Ihre Eltern aber liebte und verehrte Selina.

      Als die schöne Prinzessin alt genug war, dass man ans Heiraten denken konnte, warben viele Prinzen um sie, obwohl die königliche Familie sehr arm war. Doch Selina war sehr wählerisch.

      „Prinz A ist zu jung“, sagte sie, „und B hat eine viel zu lange Nase. Einen Alten will ich nicht heiraten, wo ich doch selbst noch so jung bin. Einen Schönen will ich nicht haben, denn dann würden alle nur ihn anstarren. Einen Armen werde ich abweisen, weil ich selbst keine Mitgift habe. Einen Lahmen brauche ich auch nicht, weil er nicht tanzen kann. Ein Schielender kommt nicht in Frage, da er meine Schönheit nicht richtig sehen kann. Einem Dummen gebe ich sofort einen Korb, denn worüber sollte ich mich mit ihm unterhalten? Vor einem allzu Klugen habe ich selbst Angst: Der würde mich ausspielen und mich meiner Freiheit berauben. Einen reichen würde ich vielleicht heiraten, falls er genauso jung ist wie ich, ein gewöhnliches Gesicht hat – weder zu schön noch zu hässlich – und einen nachgiebigen Charakter, damit er mich lieben und verwöhnen kann, so wie Papa Mama liebt und verwöhnt und ihr jeden Wunsch von den Augen abliest. Auf so einen warte ich, einen anderen möchte ich nicht heiraten!“

      

      So sprach sie mit Nachdruck und ließ sich davon nicht abbringen. Ihre Eltern konnten so viele heiratswillige Prinzen empfangen, wie sie wollten, die Prinzessin blieb stur und schickte sie alle wieder nach Hause, da sie ihren Traumprinzen unter ihnen nicht fand. So verging ein Jahr, dann ein zweites und ein drittes, aber Selina wollte immer noch keinen Mann zum Bräutigam nehmen. Mit der Zeit kamen immer seltener Heiratskandidaten ins Schloss, denn die Männer wurden es müde, um die zwar schöne, aber über alle Maße wählerische Prinzessin zu werben. Die Eltern überlegten hin und her: Einerseits wollten sie die Prinzessin natürlich gern bei sich behalten, doch andererseits durften sie sie in ihrem Starrsinn nicht noch ermutigen, schließlich mussten sie auch an Selinas Zukunft denken, da sie selbst arm waren. Ein letztes Mal versuchten sie Selina umzustimmen.

      „Liebe Tochter“, sprach die Königin, „wir hatten mittlerweile so ziemlich alle Männer zu Gast, die du heiraten könntest und die dich, obwohl du keine Mitgift hast, mit Freuden heiraten würden. Gab es denn darunter nicht einen Würdigen?“

      „Es gab wohl keinen, und so muss ich weiter warten“, antwortete die Schöne.

      „Wir aber können nicht länger warten“, sagte der König traurig zu seiner Tochter. „Die Staatskasse ist leer, es ist kein Geld mehr da, um Bälle zu geben und teure Kleider zu bezahlen. Also wirst du den nächsten Mann heiraten, der um deine Hand anhält. Das ist unser letztes königliches Wort.“

      Lange Zeit sprach keiner der drei ein Wort. Schließlich antwortete die Prinzessin:

      „Wenn das Euer Wunsch ist, so muss ich gehorchen. Aber ich bitte Euch, einer einzigen Bedingung zuzustimmen.“

      „Was für eine Bedingung?“, fragte der König. „Ich gestatte, sie auszusprechen, verspreche aber nicht, ihr zu entsprechen.“

      „Wenn ich schon einen Mann heiraten soll, den ich nicht liebe, dann soll er zumindest reich sein. Ich bin sogar einverstanden, einen Alten zu heiraten, wenn er einen guten Charakter hat. Sonst würden wir nicht gut miteinander auskommen. Aber einen Schielenden oder einen Lahmen möchte ich nicht heiraten! Lieber ertränkt mich gleich. Habt Mitleid mit eurer einzigen Tochter! Nehmt meine Bedingung an!“

      Der König und die Königin berieten sich flüsternd und willigten schließlich ein.

      Nicht lange danach geschah es, dass ein verwitweter König aus einem fernen Land ins Schloss kam und um die Hand der Prinzessin anhielt. Er war älter als sie und nicht übermäßig attraktiv. Der Tod seiner Frau machte ihn immer noch traurig, aber er bemühte sich, den Kopf nicht hängen zu lassen, plauderte und scherzte mit der Prinzessin, um sich fröhlich zu zeigen.

      „Bei mir wirst du wie eine echte Königin leben“, sprach König Detlef, denn so hieß er, zu der Prinzessin. „Mein Schloss ist riesig, ich weiß nicht einmal, wie viele Zimmer ich überhaupt habe. Ringsum sind wunderschöne Gärten und Parks angelegt, dort kann man stundenlang spazieren gehen. Es gibt Singvögel in Hülle und Fülle und auch verschiedene andere Tiere in reichem Maße. Alles wird gut gepflegt und ist wirklich eine Augenweide. Neben all diesen Naturschätzen habe ich noch einen Schatz von einer Mutter. Sie ist schon sehr betagt, aber eine echte Königin. Ich werde dich ihr vorstellen. Wenn du ihr gefällst, wird sie dich mit Gold überschütten. Wenn nicht, ist es auch nicht schlimm: Nach ihrem Tod werde ich sowieso alles erben, und sie hat immense Reichtümer. Willst du mich heiraten, Selina?“

      Die Prinzessin wunderte sich zwar über solche Reden, aber sie zeigte es nicht. Sie war ja froh, dass ein Mann um ihre Hand anhielt, der reich war, zwar etwas älter, aber von angenehmem Äußeren und nicht geizig.

      Man war sich schnell einig. Das Hochzeitsfest wurde eher bescheiden gefeiert, weil es der Prinzessin doch irgendwie peinlich war, ihren jungen Freundinnen den alten Bräutigam zu präsentieren.

      Nach der Hochzeit fuhren die Jungvermählten in Detlefs Heimatland. Als sie in seinem Schloss ankamen, betrachtete Selina alles aufmerksam und freute sich. Der König hatte sie nicht belogen, alles war so, wie er es geschildert hatte: ein riesiges Schloss, umgeben von großen Parks und schönen, gepflegten Gärten mit unzähligen Vögeln und anderen Tieren.

      Kurz darauf sprach Detlef zu seiner schönen Selina:

      „Nächste Woche möchte ich Mama besuchen und ihr meine junge Frau vorstellen. Darum habe ich eine große Bitte an dich: Zieh dich schön an und zeige dich freundlich und sanft.“

      „Bin ich denn zu Hause nicht freundlich und sanft genug?“

      „Doch, doch, aber es ist wichtig, dass Mama dich so liebgewinnt, dass sie dich königlich beschenkt.“

      „Wozu brauchst du ihre Geschenke?“, verwunderte sich Selina. „Du bist doch selbst reich. Du bist König, wohnst in einem prächtigen Schloss und hast alles, was du brauchst.“

      „Ja, ich lebe gut, allerdings habe ich Schulden. Jeden Tag kommen Leute, die Geld von mir wollen, aber woher soll ich es nehmen? Die Staatskasse ist leer.“

      Selina war bestürzt über dieses Geständnis. Eine Weile schwieg sie und dachte über die verfahrene Situation nach, in die sie durch ihre Heirat mit diesem Mann ganz unerwartet geraten war. Schließlich fragte sie:

      „Warum hast du, ein alter Mann, mich, eine junge Frau, geheiratet, wenn du gar kein Geld hast, um meine Wünsche zu erfüllen? Du wusstest doch, dass ich keine Mitgift habe. Warum hast du nicht eine andere geheiratet, die Geld hat?“

      „Die mit Geld sind alle alt oder langweilig, und sie trachten bloß danach, ihren Mann zu unterdrücken. Ich aber möchte ein freier Mann sein, nach meinem Willen leben und mein Glück genießen. Mit dir bin ich glücklich: Du bist jung, schön, fröhlich, deine Reden sind süß und deine Liebe noch süßer. Wie hätte ich so einen Schatz ausschlagen können? Dass wir kein Geld haben, ist nicht schlimm. Mama wird uns schon etwas zum Überbrücken geben. Im Herbst bringen die Bauern die Ernte ein und zahlen mir Ackerzins, dann sind wir unsere Sorgen wieder los und können das Leben in vollen Zügen genießen. Sind das keine guten Aussichten? Und du, meine Liebe, könntest auch mal darüber nachdenken, wie wir unsere Kassen auffüllen können. Du bist jetzt meine Frau, also sind wir ein Zweigespann und müssen alles miteinander teilen.“

      Die junge Königin wurde wütend. „Ich habe doch nicht einen alten Mann geheiratet, um nun auch noch für ihn arbeiten zu müssen! Ich will dich nicht mehr, morgen fahre ich zurück zu meinen Eltern.“

      König Detlef lächelte. „Du wirst weder morgen noch übermorgen irgendwohin fahren“, sagte er. „Ich habe deinen Eltern meinen letzten Sack Gold gegeben, unter der Bedingung, dass du bei mir bleibst. Sie werden dich nicht aufnehmen, wenn du zurückkommen solltest. Ich aber liebe dich, also bleib