U. S. Levin

Sex vor zwölf


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einer kleinen Schlussbemerkung hinreißen lasse, habe ich meinem Verleger zu verdanken. „Herr Levin“, bat er mich, „Sie müssen Ihren Leserinnen noch etwas verraten!“

      Keine Ahnung, was er von mir wollte. Ich sah ihn verdutzt an.

      „Na, Ihre Frau …“, half er mir auf die Sprünge.

      „Was ist mir ihr?“

      „Ihre Haarfarbe! Die Leserinnen wollen doch so etwas wissen!“

      „Schwarz, Herr Dr. Hunger, schwarz. Und meine Haare sind nicht gefärbt.“

      „Sie bringen mich zur Verzweiflung! Ich meinte die Haarfarbe Ihrer Frau?“

      „Die ist dunkel. Genauer gesagt – dunkelblond.“

       So was trage ich auch, nur blond und tiefer!“

      Frauen auf dem Vormarsch

      Die Industrialisierung hat nicht nur Fortschritt und allmählich wachsenden Wohlstand gebracht, sie hat auch die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft, besonders in der Gesellschaft der Männer, umgekrempelt wie den alten Filzhut eines Revierförsters. Standen Frauen früher hinterm Herd, haben sie zwischenzeitlich als Industriemechanikerinnen Herde montiert, und heute managen sie große Unternehmen, die Herde produzieren. Und hinter diesen stehen dann die armen Kerle, die zu Hobbyköchen degenerieren. Es gibt immer mehr Männer, die kochen. Viele auch aus Wut!

      Damit mir an dieser Stelle pazifistische Feministinnen keinen Dolch in den Rücken bohren, möchte ich eines in aller Deutlichkeit klarstellen: Ich begrüße ausdrücklich diese Entwicklung. Nicht etwa, weil mir ohnehin keine andere Wahl bleibt. Der Grund ist viel einfacher. Ich halte Frauen für die besseren Alphatiere. Sie regieren, reagieren und agieren einfühlsamer als die eiskalt berechnenden Männer, denen es auch immer darum geht, mögliche Konkurrenten auszustechen. Männer handeln evolutionsbedingt aggressiver. Während sie sich eine Sexualpartnerin suchen müssen, brauchen Frauen nur auszusuchen. Das bereitet deutlich weniger Stress, der wiederum Gehirnzellen vernebelt und zu massiven Systemabstürzen führen kann.

      Nicht zu Unrecht besetzen Frauen inzwischen höchste Ämter. Und sie machen ihre Sache nicht schlecht. Frauen wissen einfach, wo’s langgeht. Entscheidungen treffen sie zwar aus dem Bauch heraus, aber gerade diese emotionalen Entscheidungsprozesse erweisen sich oft als die besseren Alternativen. Wird einer Frau eine klare Frage gestellt, kommt postwendend eine eindeutige Antwort. Frauen haben eine genaue Vorstellung von dem, was sie wollen oder eben nicht wollen. „Welche Küche mögen Sie lieber, die deutsche oder die italienische?“

      „Bella Italia“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Und was antwortet der Mann auf die gleiche Frage? „Och, na ja.“

      Der geschätzte englische Naturforscher Charles Darwin fand durch stetige Beobachtungen der Natur heraus, dass sich alle Lebewesen stetig ihrer Umgebung anpassen. Jede Art reagiert angemessen auf Veränderung. Wenn es Winter wird, legen wir uns einen Schal um den Hals und stülpen eine Skimütze übers Kopfknie. Im Sommer tun wir das nicht. Das würde gegen die Evolutionstheorie verstoßen.

      Männer bilden im Rahmen dieser Naturgesetze keine Ausnahme. Aber anstatt sich zu bemühen, mit den Frauen Schritt zu halten, verkümmern sie zusehends zu Schattengestalten einer dominanter werdenden Gesellschaft. Das ehemals starke Geschlecht verschließt seine Augen, ehe es den Kopf in den Sand steckt.

      Ohne Frauen sind Männer kaum noch überlebensfähig. Alleinerziehende Männer, also Männer, die sich allein anziehen müssen, haben eine bis zu sieben Jahre kürzere Lebenserwartung. Ob sie dabei ein glücklicheres Leben führen, lässt sich nur schwer beweisen. Die traurige Tatsache aber, dass geschiedene Männer bereits wenige Monate nach ihrer Trennung wieder fest im Zaumzeug einer Frau stecken, spricht wohl dagegen. Unterschwellig haben viele Männer masochistische Neigungen, und die kann man nur bei einer herrschsüchtigen Frau ausleben. Die nun folgende und wahre Geschichte, die ich mir selbst ausgedacht habe, ist ein trauriger Beleg dafür:

      In unserem Haus wohnte das Ehepaar Nörglig. Und dieses Paar war der lebende Beweis dafür, wie in wenigen Jahren aus einem fröhlichen Mann eine willenlose Kreatur werden kann. Gert kannte ich aus für ihn noch unbeschwerten Tagen, ehe er seinem lustigen und leichtlebigen Junggesellendasein ein jähes Ende setzte – vor dem Traualtar. Früher gingen wir öfters Mal zusammen ein Bierchen trinken – im „Schluchzereck“. Was wir auch teilten, war unsere Leidenschaft für den Fußball. Da wir unweit vom Stadion wohnten, zogen wir jedes zweite­ ­Wochenende in die Südkurve. Da spielte unsere Elf noch im Oberhaus des deutschen Fußballs, ehe die schlaffen Säcke in den Niederungen der Kreisliga versackten.

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      Gert war ein heiterer und lebensfroher Zeitgenosse – ein echter Kumpel eben. Handwerklich zwar eine Niete, aber als Mensch einfach gestrickt. Das Wort „nein“ kam in seinem Wortschatz nicht vor.

      „Trinken wir noch einen?“

      „Klar.“

      „Klara, bringst uns noch zwei Klare?“

      Ja, so war er, der Gert. Hatte immer Zeit für einen. War sehr nett, äußerst hilfsbereit, wenn auch wegen seiner Ahnungslosigkeit zu nichts nutze. Und plötzlich, eines unschönen Tages, geriet er ins Schlingern. Quasi aus der ruhigen See ins offene und tobende Meer abgetrieben, bis er kenterte wie die „Costa Concordia“ vor Giglio. Erst bekam Gert einen Schlag und dann Schlagseite. Und, wie bei der Schiffstragödie um den von Testosteron zugedröhnten Kapitän Francesco Schettino, steckte hinter all dem eine Frau.

      Nach der Hochzeit war Gert nicht mehr wiederzuerkennen. Der arme Kerl ähnelte einem lebenslänglich Verurteilten nach Haftantritt. Wenn ich ihn zum Fußball abholen wollte, hüpfte er nervös auf der Stelle wie ein stoffwechselgestörter Patient mit chronischer Blasenentzündung.

      „Geht heute nicht, leider“, druckste er herum.

      Wenn ich ihn fragte, ob er Lust auf ein Bierchen hätte, wand er sich wie eine orientalische Bauchtänzerin aus Wanne-Eickel. „Vielleicht ein anderes Mal.“

      Auch der kleine Plausch auf der Straße, wenn wir uns zufällig über den Weg liefen, beschränkte sich auf einen hastig hingeworfenen Gruß. „Muss nach Hause, Doris wartet schon.“

      Dass Gert, geborener Stammkötter, sich nötigen ließ, den Namen seiner Frau anzunehmen, gilt als früher Beleg eines wachsenden femininen Einflusses. Ohne „nein“ sagen zu können, kann sich niemand durchsetzen. Und Doris wusste dies geschickt auszunutzen. Mit weiblicher List und den Waffen einer Frau brach sie Gerts schwachen Willen, um ihn anschließend nach ihren Wünschen und Vorstellungen wieder aufzubauen. Eine weltweit angewandte Methode beim militärischen Drill, die besonders erfolgreich in der französischen Fremdenlegion perfektioniert wurde. Das gewünschte Resultat: bedingungsloser Gehorsam!

      Doris war eine äußerst attraktive Frau, mit einem einnehmenden Wesen. Sie hatte Gert völlig vereinnahmt. In dem Wort Eheschließung, stecken eben auch grausame Wörter wie einschließen, verschließen oder wegsperren. Frauen sind wie Geheimdiens­te, äußerst neugierig und extrem wachsam. Deshalb trachten sie nach der totalen Überwachung.

      Gerts Frau war aber nicht nur eine beherrschte, sondern vielmehr beherrschende Person. Es gibt Männer, die geben richtig viel Geld aus und suchen regelmäßig eine dominante Damenschraube auf, die sie erniedrigt, demütigt und nach Strich und Faden vermöbelt. Gert hatte das täglich und kostenfrei.

      Doris war in einem mittelständischen Unternehmen von einer kleinen Abteilungsleiterin über eine Fachdirektorin bis zur Geschäftsführerin aufgestiegen. Auf diesem Weg hatte sie etliche Mitbewerber weggebissen. Da war sie gnadenlos. Gert hatte es dagegen als kaufmännischer Angestellter gerade einmal