Plato

The Trial and Death of Socrates


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schrien und kreischten andere. Da schrak Rosa plötzlich zusammen. »Um Gottes willen!« rief sie und flog erstarrt in die Arme ihrer neuen Mutter. Sie drückte ihr Gesicht in den Busen der Dame. Sie deutete schaudernd hinter sich auf eine Schar von Männern, die im dichten Nebelflor, von einem Zug Milizen geführt, auf das Dampfschiff zuschritten.

      »Was ist's? was ist's?« rief die erschrockene Oberstin.

      »Mutter! um Gottes willen rette mich! – Rette deine Rosa!« Mehr vermochte sie nicht zu sagen: denn sie hing in den Armen der Frau halb tot vor Schrecken, ihre Glieder schlotterten, sie war von unendlicher Angst ergriffen.

      Da stürzte plötzlich von hinten eine riesiglange, hagere Gestalt, gleich einem Gespenste, unter die Gruppe der Damen, riß Rosa mit Riesengewalt aus den Armen der Frau und hielt sie mit den langen, dürren Händen umschlungen, mehr wie ein höllisches Nachtgespenst, denn ein Erdenbewohner. Mutter und Töchter waren vor Entsetzen kreischend zurückgesprungen.

      »Was ist's?« rief der Kapitän, der mit gezücktem Degen herbeigerannt war.

      Der Indianer stierte ihn mit den rollenden Augen eines Rasenden an, drückte Rosa krampfhaft an sich, nur den langen Hals streckte er gräßlich nach dem Dampfschiffe hin, und seine furchtbar funkelnden Augen stierten nach. »Der Häuptling der Salzsee«, stöhnte er.

      Rosa blickte auf. Sie schaute um sich. »Miko!« rief sie, »er ist gegangen. Sei ruhig, Miko, der Mörder Canondahs und der Deinigen ist auf dem Strome.«

      Und allmählich wurde sein Blick ruhiger. Seine Hände fielen von dem Mädchen, er blickte nochmals stier auf und schwankte langsamen Schrittes den Seinigen zu.

      »Um Gottes willen, Kind, was ist das gewesen?« rief die entsetzte Oberstin.

      Rosa zitterte noch an allen Gliedern.

      »Der Seeräuber, Mutter.«

      »Kind, du täuschest dich«, rief die besorgte Dame. »Wie sollte der Seeräuber hierher kommen?«

      »Nein, nein,« versetzte sie; »der Miko hat ihn auch gesehen.« Und wieder schaute sie ängstlich hinüber auf die Dampfboote, aus deren Kaminröhren nun der Rauch heftiger zu qualmen anfing. Einige Male zischte der Dampf noch wie rasend herüber. Ein langes, tausendstimmiges Gott segne euch schallte hinüber, kam herüber, die Schiffe hoben sich, wandten sich und trieben dann der verhängnisvollen Ferne zu.

      Einunddreißigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      »Sind sie abgezogen?« fragte ein Mann mit leiser Stimme, als wollte er die Umstehenden in ihren schmerzhaften Betrachtungen nicht stören.

      »So wie Ihr seht,« versetzte ein zweiter; »Ihr seid unter den Riflemännern, Bob; Ihr solltet schon gestern dagewesen sein; Euer Kapitän ist fort.«

      »Verdammt!« versetzte der Mann. »Wären es auch, wenn uns nicht diese zurückgehalten hätten.« Er wies auf eine Gruppe von fünf Männern, mit denen er soeben vom jenseitigen Ufer gelandet, und die verwundert schienen, als sie sich plötzlich in einer dichten Reihe von Männern, Weibern und Kindern befanden, von denen einige ihre Ohren den ferne her zischenden Dampfschiffen nachhielten, andere in schweren Gedanken vertieft standen, wieder andere ihre Tücher an die Augen hielten. Es war etwas Ergreifendes in dieser Todesstille der vielen hundert Männer, Frauen und Kinder, die, ohne einen Laut von sich zu geben, noch das Zischen der Dampfschiffe erhorchen zu wollen schienen. Das Gespräch, obwohl leise geführt, hatte jedoch die Aufmerksamkeit auf die soeben Angekommenen gerichtet, von denen zwei als Nachbarn begrüßt, der dritte als der entlaufene Neger des Obersten Parker erkannt, und der vierte einige Augenblicke betrachtet und dann als ein besonderer Aufmerksamkeit eben nicht sehr wertes Subjekt entlassen wurde, der letzte jedoch eine rasche Bewegung und ein Gemurmel veranlaßte, das schnell lauter wurde. »Der Spion«, rollte es von Mund zu Munde.

      »Bei Jasus!« rief der Junge, den wir als den vierten bezeichnet, mit einer scharfen, knarrenden, rauhen Stimme und einem Dialekte, der ihn sogleich als einen Sohn Erins verriet. »Bei Jasus! Meister James, das ist eine lustige Hetze; was das für einen Lärm setzt. Als wir ankamen, hätte man eine Maus laufen hören können; kaum haben wir aber einen Fuß ans Land gesetzt, so hebt der Tumult und Schrecken an, just als wenn eine Yankeefregatte an einen königlichen Zweiundfünfziger angeprallt käme.«

      Der angeredete Master James, der unser unglückseliger Brite war, gab keine Antwort. Mit zusammengepreßten Zähnen und Lippen stand er stieren, leeren, halb verwilderten Blickes da, der, wenn er auch nicht die Begrüßung, mit der er bewillkommt worden, rechtfertigte, mindestens auf harte Stöße während seiner dreißigstündigen Flucht deutete. Das Gemurmel »der Spion« war mittlerweile immer lauter geworden. Der Irländer besah zuerst sich vom Kopfe zu den Füßen, dann seine beiden Gefährten und rief lustig aus:

      »Spion, bei Jingo! Wer, glaubt Ihr wohl, daß ein Spion ist? Meines Vaters Sohn? Ei, das ist zum Totlachen. Master James, das Milch- und Blutgesicht?« Er sah ihn nochmals an. »Der Negergentleman? Hol' mich der Teufel, wenn Ihr bei Sinnen seid. In unserer Familie, den Murphys zu Kildare, soll mich – verdammen, lebt keiner, der noch gehängt worden wäre. Spion! geht zum Teufel, Ihr seid nicht gescheit.« Er brach in ein unbändiges Gelächter aus.

      »Ist ja dein Bruder Paddy zu Dublin mit der Hanfbraut getraut worden«, rief ihm einer der zurückgebliebenen Milizen zu.

      »Da sprecht Ihr wie ein verdammter Mauldrescher«, fuhr der Irländer heraus. »Es war mein Stiefbruder, der Mann ihr Balg, ist im Greenhouse in der Kaserne vom Brette getanzt. Wäre nicht ihr Cousin zu Camarthaen in dem Teufelsnest aufgesessen, so wäre er noch in seiner Jacke. Er hatte aber keine, hatte sie für eine Bouteille Whisky noch im Loche verschachert, wurde im Hemde gehängt.«

      »Hast recht, Paddy«, rief ein zweiter, der den Spaß nicht kalt lassen werden wollte. »Aber dein Vater, der Davy Murphy?«

      »Ist wegen eines elenden Fäßchens Magentrost vom Constable Meigs erschossen worden. Verdammter Narr! Ein so ehrlicher Tod, als ihn einer nur sterben kann.«

      »Und deine Schwester zu Cork ist ja wegen Schafdiebstahl konfisziert worden!« rief ihm ein dritter zu.

      »In Cork? Bei Jasus«, lachte der Irländer. »In Cork? Haben in ganz Cork kein Schaf. Sind froh, wenn sie eine Ziege füttern können. Der Grashalm, der übrig bleibt, da machen sie Tee daraus. Arme Mary!« rief er drollig. »Als ich sie zum zweiten Male sah, da sagte sie mir: Du, Davy, sagte sie, sei gescheit, sagte sie, und –«

      Der lustige Irländer wurde in seinen Familienbekenntnissen, zum Leidwesen der Männer von Opelousas, durch zwei Milizen unterbrochen, die, Gewehr im Arm, nun von dem Wachthause ankamen, um ihn mit seinen zwei Gefährten in Empfang zu nehmen. Er sah einen Augenblick verwundert die beiden an, und schrie dann, sich niederhockend, mit närrischem Gelächter: »Master James Hodges! Master James Hodges! Parleh fouhs frenseh, Monsiehour? Sprechen Sie französisch, Herr?« Und wieder lachte er so unbändig, daß ihm zuletzt der Atem verging. »Ei, Master James!« kicherte er, »als wir da gestern mit Besen und Stöcken expediert wurden, wer hätte da glauben sollen, daß uns in vierundzwanzig Stunden darauf so viele Auszeichnung erwiesen und wir mit einer Ehrenwache eingeholt würden?«

      »Ich glaube,« rief einer, »hinter dem steckt etwas mehr, als der bloße Schalksnarr.«

      » Parleh fouhs frenseh, Monsiehour?« schrie der Irländer wieder mit einem tollen Gelächter.

      »Das ist ein närrischer Kauz«, riefen einige Milizen. »Laßt ihm doch seine Freude.« Und sofort schloß sich der ganze Haufe der Männer und Kinder an den Zug.

      » Parleh fouhs frenseh, Monsiehour?« schrie er wieder, indem er stillstand und närrisch lachte. »Könnt auch nichts«, fuhr er in seinem Irisch-Englisch fort. »Hol' mich der Teufel, da sagen die Narren, Louisiana ist halb französisch, halb Yankee. Verdammt, unser Pfaffe, der Pater Kirkpatrik, weiß es besser, und meines Vaters Sohn hat's von ihm gelernt; aber wo ich noch angefragt habe, hat