ihn Carl Edzard. »Wären Sie damit einverstanden, zusätzlich zu Herrn Fabricius auch Herrn Doktor Oosterhuis als beratendes Mitglied in Ihrem Team zu akzeptieren? Ich ernenne ihn hiermit dazu.«
Gerald Oosterhuis erstarrte.
»Wenn Sie das wollen, geht es in Ordnung«, stimmte Uphoff zu und warf einen drohenden Blick auf Oosterhuis.
Der Fürst schaute kurz in die Runde. »Sind alle mit Fabricius und Oosterhuis einverstanden?«
Alle nickten. »Dann ist es beschlossen«, verkündete der Fürst.
Oosterhuis räusperte sich: »Durchlaucht, ich bin nicht sicher …«
»Aber wir sind uns sicher, dass Sie bei der Lösung des Falles hilfreich sein werden. Damit ist die Angelegenheit für heute beendet, in ein paar Tagen lade ich wieder ein. Vielen Dank.«
Carl Edzard II. erhob sich und gab damit allen zu verstehen, dass die Sitzung beendet war. Während die anderen nach und nach von ihren Plätzen aufstanden und ihre Papiere zusammenlegten, lächelte die Bischöfin ihm zu und hielt für einen Augenblick den Daumen hoch, aber so, dass nur der Fürst es sehen konnte.
Hohoo, hohoo
»Hohoo, hohoo«, klang es aus der Fußmatte mit dem Weihnachtsmanngesicht, als Hauptkommissar Gerrit Roolfs darauf trat und an der Haustür von Familie Tjarksen die Klingel drückte. Für ein Trauerhaus fand er diesen Willkommensgruß etwas unpassend, aber vermutlich hatte Frau Tjarksen in den vergangenen Stunden anderes zu tun gehabt, als sich um den Abbau der Weihnachtsdekoration zu kümmern.
Die Familie hatte ihr Domizil am Stadtrand von Norden, ein riesiges Backsteinhaus mit Reetdach. Die Garage mit den drei Toren war wie das Nebengebäude reetgedeckt. Um die Gebäude herum lag ein Naturgarten mit kleinen Teichen, die Wege waren mit Pflastersteinen angelegt. Gerrit Roolfs vermutete, dass die Familie einen Architekten für seinen guten Geschmack angemessen bezahlt hatte.
Ein großer, schlanker Mann um die vierzig mit grauer Zopfmusterstrickjacke und schwarzer Krawatte öffnete. Er begrüßte Roolfs mit einem geräusperten »Moin«. Nachdem Roolfs sich kurz vorgestellt hatte, murmelte der Mann: »Klaus Tjarksen. Ich bin der Sohn.«
Roolfs nickte, und der Mann führte ihn in ein riesiges Wohnzimmer. Am Fenster stand eine kleine Frau in einem schwarzen Hosenanzug und rauchte.
»Mutti, da ist der Herr Hauptkommissar«, stellte Klaus Tjarksen vor.
Renate Tjarksen drückte die Zigarette aus und reichte Gerrit Roolfs ihre Hand. Roolfs schätzte sie auf Mitte bis Ende sechzig. Alle Finger waren mit Ringen bestückt, die Fingernägel leuchteten in adventlichem Rot. Mit rauchiger, dunkler Stimme begrüßte sie ihn: »Moin, Herr Roolfs, nehmen Sie Platz.« Sie deutete auf den Sessel, dann wies sie ihren Sohn an: »Klaus, kannst du uns noch mal Kaffee machen?«
Roolfs ließ sich in einem schweren Ledersessel nieder.
Renate Tjarksen setzte sich auf die Couch. Wenn sie sich bewegte, klimperten die Ketten und Armbänder an ihren Gelenken. Um den Hals trug sie ein aufdringlich teuer wirkendes Collier, und sie war gebräunt, als hätte sie mehrere Wochen Tropenurlaub hinter sich. Roolfs tippte eher auf den regelmäßigen Gebrauch einer Sonnenbank. Sie war stark geschminkt, die Haare blondiert.
»Wenn Sie es noch nicht von anderen erfahren haben, kann ich es Ihnen auch erzählen«, begann die Witwe das Gespräch, ohne dass Roolfs überhaupt eine Frage gestellt hatte. »Unsere Ehe war nicht in herkömmlichem Sinne glücklich. Wir haben uns oft gefetzt, mein Mann und ich. Tammo war kein einfacher Mann. Er suchte immer die Reibung. Das war seine Art, mit den Leuten in Kontakt zu kommen. Aber trotzdem haben wir uns geliebt, und in all unseren Jahren haben wir uns nie richtig gestritten. So etwas gab es nicht. Wir waren dreiundvierzig Jahre verheiratet.« Sie sprach, als ob ihr Mann schon lange tot sei.
Klaus Tjarksen kam mit einem Tablett herein und stellte zwei Kaffeebecher, Zuckerdose und Sahnekännchen auf den Tisch.
»Trinkst du nicht mit uns Kaffee?«, fragte seine Mutter.
»Ich gehe nach oben, Mutti. Ich wollte noch ein paar Papiere durchsehen.«
»Herr Tjarksen«, sagte Gerrit Roolfs, »ich habe da auch noch ein paar Fragen an Sie. Sind Sie nachher noch hier?«
»Klaus wohnt hier bei uns«, belehrte ihn Renate Tjarksen. »Er hat oben eine kleine Wohnung.«
»Ich stehe Ihnen gern zur Verfügung, Herr Hauptkommissar«, sagte ihr Sohn. »Ich glaube, der Kaffee müsste gleich durch sein.« Er ging wieder in die Küche.
»Er hat ja noch keine Frau«, erklärte Renate Tjarksen. »Warum soll er dann allein irgendwo eine Wohnung nehmen? Das kostet ja nur unnötig Geld. Manchmal übernachtet er in seinem Zimmer in Oldenburg. Da arbeitet er für ein paar Tage im Monat. Aber zu Hause ist er hier bei uns.« Sie zündete sich eine neue Zigarette an. »Wir haben ein super Verhältnis. Sehr harmonisch.«
Klaus brachte eine Thermoskanne mit Kaffee und einen Teller mit Keksen. »So, ich gehe jetzt nach oben.«
Betriebsweihnachtsfeier
»Ich weiß, das ist jetzt sehr schwer für Sie. Wenn Sie das Gefühl haben, dass unser Gespräch zu anstrengend ist, sagen Sie mir das bitte«, bat Roolfs die Witwe, nachdem Klaus Tjarksen gegangen war. »Aber je eher und schneller wir mit unseren Ermittlungen anfangen, umso wahrscheinlicher ist es, dass wir den Mörder fassen.«
»Sie müssen sich nicht entschuldigen. Sie machen Ihren Job. Ich hoffe, dass Sie das Schwein kriegen, das meinen Mann auf dem Gewissen hat.« Renate Tjarksen führte ihre Kaffeetasse zum Mund, setzte sie aber gleich wieder ab, ohne zu trinken. »Im Fernsehen wird immer als Erstes die Ehefrau nach ihrem Alibi gefragt. Wir drei, also Tammo, Klaus und ich, waren auf einer Adventsfeier in unserem Stammgeschäft in Norden. Wir machen mit den Belegschaften aus jedem größeren Geschäft eine eigene kleine Feier, und die Mitarbeiter aus den kleineren Filialen holen wir dann mit dazu. Das sind vier bis fünf Feiern pro Jahr. Tammo wollte das immer so, das ist ein bisschen persönlicher.« Sie trank einen Schluck Kaffee. »Klaus und ich sind gegen Mitternacht nach Hause gefahren. Tammo bleibt als Chef immer bis zuletzt.«
»Und Sie haben Ihren Mann gar nicht vermisst?«
»Nein. Wenn Tammo spät nach Hause kommt, dann schläft er im Zimmer neben seinem Büro, damit er mich nicht stört.«
»Und am Sonnabendmorgen?«, fragte Roolfs.
»Sonnabends schlafe ich immer aus. Ich bin so gegen halb zehn nach unten gekommen, und da stand schon Ihr Kollege vor der Tür und klingelte.«
»Oberinspektor Janssen«, erklärte Roolfs.
»Ja, richtig. Er war auch gestern Nachmittag hier, aber ich war ihm sicher keine große Hilfe. Ich war fix und alle. Das bin ich jetzt auch noch, ehrlich gesagt.« Tränen traten in ihre Augen, und schnell zündete sie die nächste Zigarette an. »Also, ein richtiges Alibi habe ich nicht. In der Nacht habe ich geschlafen, und da mein Mann nicht da war, kann das niemand bezeugen. Ich habe allein in meinem Bett gelegen.«
Zum ersten Mal lächelte sie. »Aber Klaus hat sein Schlafzimmer genau über unserem. Und wenn ich in der Nacht das Garagentor geöffnet hätte und mit dem Auto weggefahren wäre, hätte er das sicher gehört. Er hat einen leichten Schlaf. Das hat der Junge von mir.«
»Dann ist Klaus so eine Art Alibi für Sie?«, fragte Roolfs.
»Wenn Sie so wollen. Möchten Sie noch eine Tasse Kaffee?«
Spekulatius
»Nehmen Sie auch einen Keks!«, forderte Renate Tjarksen den Hauptkommissar auf, nachdem sie Kaffee nachgeschenkt hatte. Sie hielt ihm einen Teller mit Spekulatiusgebäck hin.
Roolfs winkte ab. »Vielen Dank, es wird zu viel gegessen in diesen Tagen. – Die Tatwaffe ist eine Pistole, wie sie im Krieg viele deutsche Offiziere besaßen. Eine Walther PPK. Gibt es eine solche Waffe im Haus?«
»In diesem Haus