Parwat-Expedition teilzunehmen, von der später Associated Press meldete, dass zwei Mitglieder, die zeitweilig verschollen waren, unter Erfrierungen litten. Er hat zwei Monate in einer Klinik in Islamabad, Pakistan, zugebracht und das US-Konsulat um einen Vorschuss für die Behandlungskosten gebeten, den er nach seiner Rückkehr in die USA umgehend bezahlt hat.“
„Okay, okay…“, sagte ich. „Weißt du etwas darüber, wo er sich jetzt aufhält?“
„Er benutzt hin und wieder eine Kreditkarte und ein Konto auf den Namen Gordon Thompson. Zurzeit wohnt er in den Dakota Apartments.“
Milo pfiff durch die Zähne.
„Noble Adresse!“, meinte er.
30
Wir fuhren sofort zur wahrscheinlichen Adresse des Killers, der den Namen Gordon Thompson angenommen hatte. Die Leidenschaft für die Kletterei würde ihn mehr kosten, als nur ein paar Zehen.
Wir erreichten mit mehreren Einsatzfahrzeugen die Dakota Apartments am Central Park West. Es handelte sich um eines der berühmtesten und gleichzeitig untypischsten Gebäude in New York. Ein Apartmenthaus, errichtet im Stil eines Renaissance-Schlosses. Als man es errichtet hatte, war die Westside ein Slum gewesen und die Bezeichnung ‚Dakota’ rührte daher, dass Spötter immer wieder zu sagen pflegten, dass es genauso viel Sinn machte, ein Apartmenthaus mitten in die Prärie von Dakota zu bauen wie auf die Westside von Manhattan – nämlich gar keinen. Die Geschichte hatte die Spötter Lügen gestraft. Das Dakota war zu keiner Zeit unterbelegt gewesen und ein Slum war die Westside schon lange nicht mehr. Stattdessen war dieses Renaissance-Schloss in einem Wald aus quaderförmigen Betonbauten wie dem benachbarten Majestic zu einiger Berühmtheit gelangt. John Lennon hatte hier bis zu seiner Ermordung gelebt und für Roman Polanski war es die Außenkulisse in „Rosemaries Baby“ gewesen. Umstände, die die Mietpreise für die Wohnungen im Dakota noch zusätzlich gesteigert hatten.
Aber für einen Profi-Killer wie Gordon Thompson schien das kein Problem zu sein.
Ich parkte den Sportwagen in einer Seitenstraße. Jay und Leslie waren uns mit ihrem Wagen gefolgt. Clive und Orry trafen etwas später ein.
Wir passierten den Eingang, informierten den Sicherheitsdienst darüber, dass wir eine Verhaftung vorzunehmen hatten und erreichten wenig später Thompsons Wohnungstür.
Unter unserer Zivilkleidung hatten wir für diesen Einsatz Kevlar-Westen angelegt. Schließlich mussten wir bei Thompson – oder wie immer er wirklich heißen mochte – mit erheblicher Gegenwehr rechnen.
Jay trat die Tür auf. Ich stürzte als erster in die Wohnung, die SIG mit beiden Händen umklammert.
Mit wenigen Schritten hatte ich den kleinen Flur durchquert und erreichte die Tür zum Wohnzimmer. Sie stand halb offen. Ich stieß zur Seite und nahm dabei eine Bewegung war.
Ein hoch gewachsener Mann saß am Tisch und riss seine Waffe aus dem Gürtel. Die LAKERS-Mütze lag auf dem Tisch. Kein Zweifel, das war der Kerl den wir suchten.
Gordon Thompson feuerte. Ich tauchte zur Seite, presste mich neben der Tür gegen die Wand, während die Schüsse an mir vorbei zischten. Thompson sprang auf. Jay Kronburg setzte nach.
„Stehenbleiben, FBI!“, rief er mit dem 4.57er Magnum im Anschlag.
Der Killer feuerte zuerst.
Er erwischte Jay mitten in der Brust. Die Kugel wurde durch die verschiedenen Stofflagen der Kevlar-Weste aufgehalten. Die Kugel drang zwar nicht in den Körper des Ex-Cops, aber die Wucht, mit der sie ihn traf, blieb immens. Jay wurde zurückgeschleudert, schlug der Länge nach zu Boden und rang nach Luft.
Der Killer sprang mit einem Satz über die Couch und erreichte das Fenster.
Ich tauchte aus meiner Deckung hervor, um ihn nachzusetzen und sah gerade noch, wie er durch eins der Erkerfenster sprang. Glas splitterte. Noch während er sprang feuerte er in meine Richtung. Der Schuss ging knapp daneben und bohrte sich in das Holz des Türrahmens.
Ich setzte nach, rannte zum Fenster.
Von Thompson hörte ich nur noch Schritte.
Schnelle Schritte, die ihn über das rutschige, schräge Dach des Dakota führten. Ich kletterte ebenfalls durch das Fenster und zog mir dabei an einem Splitter eine stark blutende Wunde am Arm zu. Aber darauf achtete ich nicht weiter.
„Stehen bleiben!“, rief ich hinter Thompson her.
Der Killer drehte sich um und feuerte.
Das Mündungsfeuer seiner Automatik blitzte auf.
Ich schoss ebenfalls und traf ihn am Oberschenkel. Thompson schrie auf, verlor auf dem schrägen Walmdach das Gleichgewicht und taumelte. Er rutschte über die Pfannen in Richtung Tiefe und verlor die Waffe. Klackernd segelte sie über die Dachpfannen und fiel in den Abgrund.
Der Killer rutschte schreiend über den Rand. Er konnte sich gerade noch an der Dachrinne festhalten. Ich folgte ihm.
Inzwischen waren Milo und Leslie auf das Dach der Dakota Apartments geklettert.
Ich tastete mich auf allen Vieren an Thompson heran und ergriff seinen Arm. Milo war im nächsten Moment bei mir. Gemeinsam zogen wir Thompson zurück auf das Dach.
„Sie sind wegen mehrfachen Mordes verhaftet, Mister Thompson – oder wie immer Sie in Wahrheit auch heißen mögen“, sagte ich.
Der Killer sah mich mit blass gewordenem Gesicht an.
Er war unfähig, auch nur einen Ton herauszubringen. Aber das Recht zu schweigen, war ihm ja von der Verfassung garantiert.
31
In den nächsten Wochen und Monaten begann das juristische Tauziehen im Gefolge unserer Ermittlungen. Der Mann, der sich überwiegend Gordon Thompson nannte, war unter dem Namen George McGruder in Wichita, Texas geboren worden. Er war seit fast zehn Jahren als so genannter Hit-man tätig gewesen, wie man Profi-Killer auch bezeichnete. Wie viele Menschen er wirklich auf dem Gewissen hatte, wusste wohl nur er allein.
Immerhin war er so klug die Schuld in den Fällen, die wir ihm nachweisen konnten, nicht auf sich allein sitzen zu lassen. Er belastete seinen Auftraggeber James Gutierrez schwer.
Wie auch immer das Strafmaß aussehen mochte – keiner der beiden würde den Gerichtssaal als freier Mann verlassen.
So viel war sicher.
ENDE
Glenn Stirling: In den Tod gerast
344 Menschen rasen dem sicheren Tod entgegen – im Expresstempo. Das Leben dieser Menschen hängt nur von einem Mann ab. Wenn er nicht schnell genug ist ... Gilt einem unter diesen 344 Menschen der Sprengstoffanschlag auf die Gilford-Brücke? Hat der Attentäter auch den Bahningenieur Sievers umgebracht?
Alles spricht dafür, wenn es auch als Unfall kaschiert ist.
Als ich meine Ermittlungen beginne, sieht es nach langwieriger Routinearbeit aus. Aber schneller als mir lieb ist, kommen die Dinge in Fluss. Für die nächste Zeit ist das Schlafen für mich Luxus. Diesen Luxus kann ich mir aber leider nicht leisten.
1
Streckenwärter Hudsons Gesicht war von Entsetzen gezeichnet. Seine zitternde Rechte fuhr in die Jackentasche, suchte hastig nach dem Vierkantschlüssel. Und als sie ihn hervorbrachte und ins Schloss zu stecken versuchte, brauchte sie kostbare Sekunden, ehe es gelang.
Endlich klappte die kleine Tür des Streckentelefons auf.
Hudson griff nach dem Hörer. In der Aufregung entglitt er ihm fast. Er drückte die Sprechtaste herunter und sah dabei nervös zur Brücke hinüber.