A. F. Morland

Strand Krimi Paket: Auch Mörder unter den Freunden - Thriller Sommer 2020


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war – und zwar auch dann, wenn zwischen beiden Aufnahmen ein Unterschied von mehreren Jahrzehnten lag.

      Die ersten Treffer erreichten uns über das Datennetz.

      Danach verhandelte Benny Duarte gerade mit Jorge Eusebio Batista, von dem unsere Kollegen der DEA annahmen, dass es sich bei um den Kurier eines erst in letzter Zeit aufgeblühten kolumbianischen Kokain-Syndikats handelte, das die Konkurrenz mit Billigstoff in guter Qualität vom Markt fegte. Hin und wieder allerdings auch mit einer MPi-Salve oder ein paar Handgranaten. Jetzt wollten diese Leute offenbar ihren Fuß in die Tür zum New Yorker Markt stellen.

      Und dieser Fuß sollte offenbar Benny Duarte sein.

      „In ein, zwei Tagen rufe ich Sie an!“, sage Duarte an Batista gewandt.

      Dieser nickte. Er bleckte die Zähne, strich sich das schwarze, pomadisierte Haar glatt. Auf einem der Bildschirme in unserem Van war er im Infrarotmodus zu sehen, auf dem anderen in normalem Licht. Es war zwar bereits zweiundzwanzig Uhr abends und die Dämmerung war weit fortgeschritten, aber New York ist eine helle Stadt. Ein Lichtermeer oder die Stadt, die niemals schläft, wie Sinatra sie besungen hat. Sie ist so hell, dass man fast nirgendwo den Sternenhimmel sehen kann. Und das gilt sogar für einen Großteil von The Rumble.

      Die beiden Verhandlungsparteien vereinbarten im Fall einer positiv verlaufenden Qualitätsprüfung eine erste Lieferung von 250 Kilogramm Kokain innerhalb einer Woche.

      Die Übergabe der Probe geschah sehr unauffällig. Sie war in einem braunen Umschlag, den Batista an Duarte übergab.

      Dann trennten sie sich. Batistas Leute stiegen in ihren Van und fuhren davon. Duarte und seine Begleiter folgten wenig später.

      25

      Am nächsten Morgen erfuhren wir, dass Ricky Balbo in der Nacht umfassend ausgesagt hatte. Er belastete dabei Rex Hueldez schwer und bezeichnete ihn als den eigentlichen Urheber des Anschlags auf Gutierrez.

      „Dann sollten wir Hueldez schleunigst festnehmen, bevor er uns durch die Lappen geht“, schlug Clive vor. „Es macht schon Sinn, dass Hueldez seinen Mentor Gutierrez loswerden wollte, um das Buena Vista in Eigenregie zu übernehmen – und vielleicht sogar noch einen Teil seiner Geldwäsche-Geschäfte!“

      „Wir können Hueldez einstweilen nicht verhaften“, eröffnete Mister McKee. „Und zwar hängt das mit unserem Vorgehen gegen Duarte zusammen. Ricky Balbo behaupte nämlich auch, dass unser Informant Greg Tambino in der Sache mit drinhängt. Angeblich soll Hueldez ihm versprochen haben, Teilhaber des Buena Vista zu werden. Allerdings wollen die drei den Laden natürlich ohne Bevormundung durch Benny Duarte übernehmen. Es passt ihnen also hervorragend in den Kram, dass wir den Schneekönig von East Harlem aus dem Verkehr ziehen.“

      „Dieser Fuchs!“, knurrte Jay Kronburg. „Ich glaube, ich habe Tambino bei weitem unterschätzt!“

      „Tambino und Hueldez müssen unbedingt glauben, dass alles nach Plan geht“, sagte Mister McKee.

      „Das heißt, wir können Hueldez erst festnehmen, wenn Greg Tambino uns Ort und Zeit der großen Kokain-Lieferung nennt!“. schloss ich.

      „So ist es!“, bestätigte Mister McKee. „Und wie man die Sache auch dreht und wendet: Hueldez ist ein kleiner Fisch, aber Benny Duarte ein großer Hai.“

      „Und vergessen wir nicht, dass Hueldez gegenwärtig unsere einzige Verbindung zu Gutierrez ist“, gab ich zu bedenken. „Gutierrez ahnt wahrscheinlich nichts davon, dass sein Strohmann ihn umbringen lassen wollte.“

      „Sind Sie sich da sicher, Jesse?“, fragte Mister McKee. „Nicht, dass wir auch Gutierrez unterschätzen.“

      „Das hoffe ich nicht!“

      „Gab es auf Ihre Email bisher eine Reaktion?“, fragte Mister McKee.

      Ich schüttelte den Kopf. „Gutierrez hat sich bei mir nicht gemeldet. Ich habe fast das Gefühl, der wartet in aller Ruhe ab, bis sich die Lage wieder beruhigt hat…“

      „…um dann seine Geschäfte in gewohnter Weise fortzusetzen“, vollendete Orry.

      Ich schüttelte den Kopf. „In gewohnter Weise wohl kaum. Im Gegensatz zu Hueldez und Tambino kann er ja nicht damit rechnen, dass wir ihn schon bald von Duarte befreit haben werden!“

      „Wahrscheinlich hat er dafür seine eigenen Vorkehrungen getroffen“, vermutete ich.

      „Wovon sprichst du?“, fragte Milo. „Von diesem Killer mit der LAKERS-Mütze und dem Hang zu intensivem Klettertraining?“

      „Ja. Wenn Gutierrez diesen Mann geschickt hat, kann man das nur so interpretieren, dass der Wäscher der Reihe nach seine eigene Leute umbringen ließ“, schloss ich. „Erst seinen Bluthund Azzaro, dann zwei seiner Anwälte.“

      „Richtig, Jesse.“

      „Aber warum?“

      „Vielleicht wurden diese Anwälte zu gierig“, vermutete Clive. „Schließlich waren sie doch in Gutierrez’ Geldwäsche-Geschäfte verwickelt und scheinen sehr plötzlich viel Geld eingesackt zu haben.“

      „Und Azzaro? Wie passt der da hinein?“ Ich schüttelte den Kopf. „Außerdem sind Gutierrez und die Teilhaber von Watson & Partners doch wechselseitig voneinander abhängig gewesen. Schließlich wäre Gutierrez ohne Watsons Kontakte zu den Cayman-Islands und dessen betriebswirtschaftliches Geschick niemals so erfolgreich geworden. Kaum vorstellbar, dass jemand eine solche lukrative Zusammenarbeit aufgibt, es sei denn, er wird dazu gezwungen…“

      „Auf jeden Fall müssen wir diesen Killer stoppen, bevor er seine Liste komplett hat“, meinte Milo.

      „Jedenfalls hat er sich in New York seine Füße definitiv nicht amputieren lassen!“, erklärte Max Carter aus unserer Fahndungsabteilung. Der Innendienstler zuckte die Achseln. „Sämtliche Spuren scheinen bei diesem Kerl ins Leere zu laufen. Er ist zwar regelmäßig einmal die Woche unter falschem Namen ins Extreme Fun zum trainieren gegangen, hat aber immer bar bezahlt…“

      „Wann verliert man seine Zehen?“, fragte ich.

      „Durch Krebs“, meinte Mister McKee.

      „Oder durch Kälte“, ergänzte Orry.

      „Was, wenn der Mann an einer Extremtour teilgenommen hat?“, fragte ich. „Zum Beispiel in den Himalaja.“

      Mister McKee nickte. „Die Touristen werden heute schon fast massenweise auf den Mount Everest befördert. Aber wenn etwas schief geht und das Wetter schnell wechselt, dann können da schon mal...“ Er brach ab, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Wie hieß noch mal dieser Kerl, der alle Achttausender bestiegen hat? Ein Europäer glaube ich…“

      „Reinhold Messner“, sagte Orry. „Stimmt, der hat auch einige Zehen bei seinen Touren verloren.“

      „Wäre das nicht einen Versuch wert?“, meine ich. „Alle Extremkletterer, die in die Anden oder den Himalaja unterwegs waren, müssen einen Reisepass beantragt haben. Falls die Identität eines Toten benutzt wurde, müsste das durch einen Abgleich mit dem Sterberegister herauszufinden sein. Außerdem muss es zu der Zeit, da der Betreffende auf Tour war, irgendwelche Schwierigkeiten gegeben haben, die dazu führten, dass einem der Expeditionsteilnehmer die Zehen einfroren. Die Zahl der Kletterer, die das Niveau haben, in diesen Gebieten zu klettern, dürfte trotz aller Zuwachsraten noch immer klein genug sein, dass es zumindest eine Agentur-Meldung darüber gibt!“

      Carter zuckte die Achseln. „Ein ungewöhnliches Raster. Aber ich kann es ja mal versuchen.“

      „Tun Sie das, Max“, bestätigte Mister McKee.

      „Wenn wir allerdings Pech haben, hat unser Freund seine Zehen bei einer Tour in den Rocky Mountains eingebüßt und brauchte dazu keinen Reisepass.“

      „Eine zweite Spur könnten die Schuhe