davon, dass diese drei ehrenwerten Anwälte eine Schlüsselrolle in diesem Fall spielen. Sie dürfen uns auf keinen Fall durch die Lappen gehen.“
„Gibt es denn Anzeichen dafür?“
„Jeffrey Watson hat einen Flug auf die Cayman-Islands gebucht, wie unsere Fahndungsabteilung gerade herausgefunden hat. Für heute!“
„Dann hoffe ich, dass ein paar Kollegen dort schon am JFK-Airport auf ihn warten, um ihn gegebenenfalls in Empfang zu nehmen!“
„Worauf er sich verlassen kann, Jesse!“
21
Wir befanden uns gerade auf dem Bruckner Expressway, als Milos Handy schrillte. Über die Freisprechanlage konnten wir beide mithören.
Unser Kollege Jay Kronburg war am Apparat.
„Wir befinden uns gerade in der überaus weiträumigen Wohnung von Mister Watson", berichtete Jay. „Ihr beide wart doch schon mal dort, oder?"
„Stimmt', bestätigte ich.
„Das sieht für mich aus, als wäre Watson verschwunden. Auf seinem Schreibtisch liegt eine schriftliche Bestätigung für einen Flug in die Karibik."
„Habt ihr schon mit den Kollegen, die zum JFK-Airport beordert wurden, Kontakt aufgenommen, ob er dort aufgetaucht ist?"
„Haben wir. Aber bislang gibt es auch dort keine Spur von ihm. Wir werden ihn in die Fahndung geben. Ich wollte nur, dass ihr Bescheid wisst. Es könnte nämlich sein, dass ihr vergeblich in die Bronx fahrt."
„Danke, Jay", sagte Milo.
Jay unterbrach die Verbindung.
Wir setzten unseren Weg Richtung Norden fort.
Dorthin, wo die Bronx ihr bürgerliches Gesicht zeigte und sich in Vierteln wie Riverdale in den letzten Jahren zu einer schmucken Wohngegend entwickelt hatte - ganz im Gegensatz zum schlechten, vor allem durch den Süden geprägten Image, das die Bronx insgesamt immer noch hatte.
Jack Ehrlichs Adresse lag an einer Allee. Es handelte sich um einen großzügig angelegten Bungalow mit einem weitläufigen Garten. Hier in Riverdale waren die Grundstückspreise zwar nicht ganz so horrend wie in Midtown Manhattan, aber auf Grund der relativ nahen Lage zum Stadtzentrum des Big Apple immer noch hoch genug, um die durchschnittlichen Grundstücksgrößen eher im unteren Durchschnitt zu halten.
Für Jack Ehrlich schien das nicht zuzutreffen.
Sein Grundstück war das mit Abstand größte in der gesamten Straße.
Auf den ersten Blick war sichtbar, dass hier jemand wohnte, dem es wirtschaftlich hervorragend ging.
Ob das auch für die private Ebene zutraf war uns nicht bekannt, das Haus in Riverdale bewohnte er unseren Informationen nach jedenfalls allein. Seine Frau hatte sich vor zwei Jahren von ihm scheiden lassen und war an die Westküste gezogen.
Ich parkte den Sportwagen am Straßenrand.
Wir stiegen aus.
Das Grundstück wurde durch eine kniehohe Mauer abgegrenzt. Wir durchschritten das Tor zur Einfahrt. Ein Mercedes stand dort. Auf dem Rücksitz lag eine Reisetasche.
„Sieht so aus, als wollte sich Mister Ehrlich tatsächlich davonmachen.“
Ich klingelte.
Eine männliche Stimme meldete sich.
„Wer ist da?"
„Jesse Trevellian, FBI. Mein Kollege und ich würden Ihnen gerne noch ein paar Fragen im Zusammenhang mit der Ermordung Ihres ehemaligen Mandanten Ray Gazzaro stellen."
„Ich dachte, es wäre alles geklärt!", wehrte Jack Ehrlich ab.
„Es sind noch ein paar Fragen aufgetaucht, die einer Klärung bedürfen.“
Ehrlich öffnete die Tür.
Wir zeigten ihm unsere Ausweise.
Er wurde blass.
Auf einer Kommode im Flur lag ein Flugticket.
„Sie wollten verreisen, Mister Ehrlich?", fragte ich und nahm das Ticket an mich.
In vier Stunden ging sein Flieger zu den Cayman Islands.
„Ein geschäftlicher Termin", behauptete er.
Wir gingen zusammen ins Wohnzimmer. Ein kleiner Koffer stand dort. Darüber hatte er eine Lederjacke gelegt. Außerdem ein Bild, auf dem ein etwa neunjähriges Mädchen zu sehen war. Wir wussten, dass er eine Tochter hatte, die bei seiner Frau in Kalifornien lebte.
Es sieht tatsächlich so aus, als wollte er seine Zelte hier für länger abbrechen!, ging es mir durch den Kopf.
„Mister Ehrlich, es geht um Ihren Anteil an einer Firma, die sich International Finance & Management Consulting nennt und ihren angeblichen Firmensitz auf den Cayman Islands hat, einem beliebten Steuerparadies, wo man nicht so genau hinschaut, ob eine Firma wirklich existiert oder nur aus einem Briefkasten besteht."
„Ich wusste nicht, dass das FBI sich auch um Steuerangelegenheiten kümmert!"
„Nur dann, wenn sich dabei ein Zusammenhang mit einem Verbrechen ergibt, der in unseren Aufgabenbereich fällt", erwiderte ich.
Er ging nervös auf und ab. Dabei verschränkte er die Arme. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Wir schienen ganz nahe an etwas dran zu sein, was für Ehrlich äußerst brisant war.
„Ist es vielleicht verboten, sein Geld im Ausland zu investieren, wenn man dafür eine gute Rendite bekommt?", knurrte Jack Ehrlich ziemlich genervt. „Das kann ja wohl nicht ihr Ernst sein!"
„Die gerade erwähnte Firma spielt vermutlich in Geldwäschegeschäften eine Rolle, in deren Mittelpunkt ein gewisser James Gutierrez steht“, sagte ich. „Auch ein ehemaliger Mandant Ihrer Kanzlei. Und soeben erreichte uns der Anruf unseres Kollegen, wonach Mister Jeffrey Watson, den ehemaligen Senior Partner Ihrer Kanzlei, auch plötzlich die Reiselust gepackt hat."
„Ihre Reise werden Sie verschieben müssen, Mister Ehrlich. Tut mir leid", ergänzte Milo.
„Heißt das, ich bin verhaftet?", fauchte Ehrlich.
„Sagen wir so, Sie werden zu einer offiziellen Befragung in unser Field Office an der Federal Plaza gebeten“, antwortete ich. „Welche Anklage die Staatsanwaltschaft erheben wird, hängt dann ganz entscheidend von Ihrer Bereitschaft zur Kooperation ab."
„Was Sie nicht sagen..."
„Über Ihre Rechte werden wir Sie als Anwalt ja wohl nicht im Ernst aufklären müssen, oder?"
„Sie können mich mal..."
„Da Ihr ehemaliger Kanzlei-Chef es vorgezogen hat, unterzutauchen, hätten Sie die Chance, als Erster reinen Tisch zu machen und als Kronzeuge aufzutreten..."
„Das könnte Ihnen so passen..."
Ich zuckte die Achseln. „Wie auch immer. Ich möchte Sie jetzt bitten..."
In diesem Augenblick zerplatzte eine der Scheiben der großen, zum Garten hin ausgerichteten Fensterfront.
Jack Ehrlich erstarrte.
Er sackte in sich zusammen und schlug der Länge nach auf den Boden. Blut sickerte aus einem kleinen Einschussloch mitten auf der Stirn.
Ich riss die SIG aus dem Holster und duckte mich. Milo ebenfalls.
Auf einer Flachdachgarage auf dem Nachbargrundstück bemerkte ich eine Bewegung. Eine Gestalt erhob sich. Ich bemerkte die LAKERS-Mütze.
„Das ist er!" rief ich. „Der Killer, der Azzaro abgeknallt hat!"
Ich riss die Terrassentür auf und stürmte hinaus.
Milo