Sandra Goldoni

Kates Abenteuer in Portici


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      »Hilfe«, rief Mo aufgebracht. Sie hatte sich nicht auf ihren Füßen halten können und lag auf dem staubigen Boden.

      Kurz darauf hörte das Beben genauso abrupt auf, wie es begonnen hatte.

      Rooie half seiner Freundin wieder auf, dabei konnte er Hurley, Kate, Sharon und Will auf sich zukommen sehen.

      »Ich dachte, ihr wollt heute Vormittag in die Stadt?«, wunderte er sich.

      Noch bevor die vier bei ihnen waren, kamen Allen und Despina aus ihrer Wohnung heraus.

      »Guten Morgen«, wünschte ihnen Allen. »War das gerade ein Erdbeben?«

      »Hört mal her«, rief ihnen Hurley zu. Er kam schnell auf sie zu. »In ganz Neapel herrscht Ausnahmezustand. Riccardo hat gerade angerufen. Er meint, dass wir uns bereithalten sollen. Er rechnet mit einer Evakuierung.«

      »Das gibt es doch nicht«, schnaubte Allen. »Ich hole die Kinder.« Er wandte sich um und rannte zurück.

      »Das wird nicht nötig sein«, rief ihm Hurley hinterher, doch Allen hörte ihn nicht mehr, so wandte er sich wieder den anderen zu. »Wir sollen nur hier auf dem Gelände bleiben. Riccardo hat dem Pfarrer Bescheid gegeben, dass wir uns bei ihm melden, sowie sich die Lage entspannt hat.«

      Jetzt kam auch Jack wieder aus seiner Wohnung heraus. Er ging schnurstracks auf Jon zu.

      »Eigentlich sollte keiner mitbekommen, was wir vorhaben«, fauchte er ihm ins Ohr. »Wie sollen wir das jetzt durchziehen, wenn die alle hier herumstehen?«

      »Das wird nichts werden, Jack«, meinte Jon. »Es kommt wahrscheinlich zu einer Evakuierung, wegen der Erdstöße.« Jacks Augen glitten zum Vulkan hinauf.

      »Ich dachte, da müsste es erst tagelange Vorbeben geben, bevor so ein Vulkan ausbricht?«

      »Nun«, sagte Kate. »Erst letzte Nacht hatten wir ein Beben und noch eins vorhin. Vielleicht gab es noch mehr, die wir nicht mitbekommen haben?«

      Jack wurde ungeduldig. Er griff sich Jon und führte ihn ein paar Meter von seinen Freunden weg.

      »Ich habe die Kerle schon angerufen. Die werden in einer halben Stunde hier auftauchen.« Er spähte kurz über seine Schulter zu seinen Freunden zurück und bemerkte, dass sie von ihnen beobachtet wurden. Kaum hörbar zischte er Jon zu: »Wir machen es so, wie ich es dir vorhin gesagt habe.« Er drückte ihm sein Handy in die Hand. »Ruf die Polizei an, sowie die Kerle mit ihrem Fahrzeug den Hang heraufkommen. Ich habe die Nummer der hiesigen Polizei für dich eingespeichert. Die Arma dei Carabinieri. Du brauchst nur diese Taste zu drücken.«

      Jon warf sich in die Brust.

      »Du kannst dich auf mich verlassen«, versprach er ihm.

      Als Jack ihm den Rücken zuwandte und das Gelände verließ, kam Allen mit seinen beiden Söhnen zurück.

      »Wo will der denn jetzt hin?«, wunderte er sich. »Weiß der nicht, dass die vorhaben hier alles zu evakuieren?«

      Jon hieb sich mit der flachen Hand auf die Stirn.

      »Die Steine«, murmelte er. »Und das Geld! Wir wollten die Sachen doch hierlassen?«

      Tom hatte ihn gehört.

      »Ach was. Das hat Jack bestimmt herausgenommen, als er in der Wohnung war.« Er ging auf seine Wohneinheit zu. »Ich gehe rein und schau mich kurz um. Warte einen Moment.«

      Drei Minuten später kam Jon zu ihm in den Wohnraum hinein.

      »Und?«, fragte er. Dann sah er, dass Tom eine Schranktür öffnete, um darin nach dem Geld und den Edelsteinen zu suchen. »Mist. Er hat es doch noch nicht herausgenommen. Ich hätte ihn noch zurückpfeifen sollen.«

      »Das glaube ich nicht«, brummte Tom. »Bestimmt hat er das Zeug in seinen Koffer getan.«

      »Da könnte ich wetten«, versicherte ihnen Will, der mit Kate ebenfalls zu ihnen in die Wohnung gekommen war. »Jack weiß, was er tut.«

      Jon wandte sich wieder dem Ausgang zu.

      »Hoffentlich habt ihr recht. Ich sollte ihn jetzt besser im Auge behalten.«

      Während sich Kate, Will und Tom noch in der Wohnung umsahen, beobachtete Jon draußen das Gelände und wartete versteckt, hinter einer Blechmülltonne darauf, dass ein Fahrzeug den Hang zu ihnen heraufkommen würde.

      Hurley stand bei Toms Wohneinheit im Türrahmen und klopfte sachte an die Tür.

      »Mutter hat für uns das Mittagsessen herrichten lassen«, informierte er sie. »Da wir nicht in die Stadt fahren können, essen wir bei ihr im Garten. Wir gehen schon mal vor. Kommt ihr dann nach?«

      »Machen wir gleich«, versprach ihm Will.

       Die Übergabe

      Nachdem Tom das Geld und die Juwelen in Jacks Koffer gefunden hatte, verließen auch er, Kate und Will die Ferienwohnung.

      Tom schloss noch kurz die Tür ab, dabei fiel sein Blick auf Jon, der noch immer hinter der Blechmülltonne stand und Jack beobachtete.

      »Sind die Kerle schon da?«, fragte er, als er mit Will und Kate zu ihm herüberkam.

      »Nein«, antwortete ihm Jon. »Aber das wird nicht mehr lange dauern.« Angespannt sah er auf seine Armbanduhr. »Ihr könnt ruhig schon vorausgehen. Ich komme nach, sowie die Polizei eingetroffen ist.«

      Will blieb neben ihm stehen. Er sah ebenfalls zu Jack hinüber.

      »Ich bleibe lieber auch noch hier. Wer weiß, wie die sich verhalten, wenn sie merken, dass Jack ihnen nicht alles zurückgibt?«

      »Also, um ehrlich zu sein«, murmelte Tom, der Jack ebenfalls beobachtete, »würde ich ihn die Übergabe nicht alleine machen lassen. Vielleicht wäre es besser, wenn einer von euch bei ihm ist. Die könnten ungemütlich werden, wenn sie merken, dass das Geld und die Klunker nicht mehr in den Jacken sind. So schnell wird die Polizei nicht hier sein.«

      Kates Augen weiteten sich.

      »Die Polizei«, japste sie.

      »Wo?«, murrte Jon, der sich sofort suchend nach ihnen umsah. »Ich habe die doch noch gar nicht angerufen?«

      Kate schüttelte fieberhaft ihren Kopf.

      »Aber nein. Vielleicht können die gar nicht hier herkommen? Hurleys Onkel hat doch gesagt, dass in der Stadt ein Ausnahmezustand herrscht. Die haben sicher alle Hände voll zu tun. Die Straßen, die hier heraufführen, sind womöglich alle gesperrt.«

      »Da ist was dran«, brummte Will.

      Jon wandte sich sofort an Tom.

      »Du bleibst bei Kate. Sowie die Kerle kommen, rufst du die Polizei an! Danach geht ihr vor zu den anderen.« Er drückte Tom Jacks Smartphone in die Hand, dann wandte er sich Will zu. »Wir beide gehen rüber. Hast du deine Waffe dabei, Will?«

      »Nein«, antwortete er ihm. »Eigentlich sollten wir jetzt in der Kirche sitzen und mit dem Pfarrer reden. Ich hole sie kurz, warte.«

      Jon nickte, dann bemerkte er Kate, die aufgeregt von einem Fuß auf den anderen tippelte.

      »Ihr beiden geht zu den anderen, sowie ihr die Polizei gerufen habt«, wiederholte sich Jon. »Ist das klar, Kate?«´ »Ja, natürlich«, murrte sie.

      Jon deutete auf das Handy in Toms Hand.

      »Du brauchst nur auf diese Taste zu drücken, dann hast du eine Verbindung zu der hiesigen Polizei.«

      »Kein Problem«, antwortete ihm Tom. »Und was ist, wenn das irgendwelche Profis sind?«

      »Das sind wir auch«, schnaubte Jon.

      Will kam wieder zu ihnen zurück, hob seine Waffe empor und meinte: »Ich habe sie, wir können los.«

      »Gut. Beeilen wir uns!«

      Zehn Minuten