Lehren der Bibel überliefern. Das hat sie jedoch nur zum Teil, weil sie sich zu sehr auf andere Lehren eingelassen hat. Die Aussagen der Bibel und von Philosophen sind von der Kirche zusammengefügt worden zu eigenen kirchlichen Aussagen, die im Laufe der Tradition ergänzt wurden. Die Tradition ist aber nicht identisch mit der Heilsgeschichte Gottes.
Die Kirche des vierten Jahrhunderts war das Ergebnis synkretistischer Strömungen und Entwicklungen. Eine Übernahme „reiner“ apostolischer Lehren durch nachfolgende Generationen ist eine Legende. Nicht einmal die Jünger Jesu oder Paulus selbst gelang es, alle in einem Glauben zu halten, wie die neutestamentlichen Briefe und die Apostelgeschichte des Lukas eindeutig belegen. Eine Sukzession apostolischer Einheit ist eine Erfindung eben jener Kirche, die zu verbergen hat, dass sie eine simonische Ader hat, eine babylonische Wurzel und eine hellenistische Prägung.
Die Entstehung der christlichen Kirche fällt außerdem in eine Zeit, in welcher der Dämonenglaube eine Hochblüte erlebte. Die Dämonen waren für den Mensch der Antike nicht einfach Abgesandte des Teufels, sondern Geister, die im Auftrag ihrer Götter eine Verbindung mit den Menschen eingehen konnten, die sowohl Fluch als auch Segen für die Menschen bedeuten konnte. Diese Einschätzung deckt sich mit der biblischen Lehre, wenn man dem „Segen“ eine Vorläufigkeit oder Vermeintlichkeit voranstellt. Da verhält es sich ganz ähnlich wie mit dem Gift in Pilzen, die zunächst sehr schmackhaft sind oder, um ein biblisches Beispiel zu nennen, das Linsengericht, welchem Esau nicht widerstehen konnte. Zunächst schmeckt es vorzüglich, auf was man sich eingelassen hat. Der Duft und der Geschmack haben einem die Sinne vernebelt und der Genuss des Dargereichten bringt eine vorläufige Sättigung, jedoch nur das Brot, das Christus darreicht, ist die reine Speise, die nicht mehr hungern lässt.
Bei Platon, einem der einflussreichsten Denker für die alte christliche Kirche, haben die Dämonen eine vermittelnde Funktion zwischen Gott und den Menschen. * 32 Bei seinem Schüler Xenokrates gab es schon einen deutlicheren Dualismus zwischen guten und bösen Dämonen. Das wurde von den philosophischen Schulen der Stoa und dann des Neuplatonismus übernommen und fand schließlich bei den sogenannten „Kirchenvätern“ freundliche Aufnahme. *33 Auch in der Bibel findet sich ein strenger Dualismus zwischen Gut und Böse. Doch lässt er sich auf die Engelwelt nicht immer so eindeutig abbilden. Saul wurde von einem bösen Geist von Gott geängstigt (1 Sam 16,14). Bei Hiob gibt Gott einem der „Söhne Gottes“, nämlich Satan (Hiob 1,6), die ausdrückliche Genehmigung, den armen, nichtsahnenden Hiob mit allen erdenklichen Bösartigkeiten zu überschütten (Hiob 1,12). Die Engel sind in der Bibel Diener Gottes. Das gilt offenbar auch für den Teil der Engel, der mit Satan das Böse protegiert und repräsentiert.
Zauberei trug der Dualität von Gut und Böse, wozu die Dämonen und Schutzgeister angerufen wurden, schon immer Rechnung und sei es nur, dass böse Geister vertrieben oder in Schach gehalten und ihre Wirkungen eingedämmt werden sollte. Man unterscheidet daher auch zwischen schwarzer und weißer Magie. Aus der Sicht der Bibel ist beides zu ächten. Mit dem Bösen gemeinsame Sache zu machen, um noch etwas Gutes dabei zu bewirken, ist von Gott nicht gestattet worden, gerade weil Er eine Vermischung von Gut und Böse nicht dulden kann. Gott versucht ja die Menschen zu heiligen. Dazu ist absolute Reinheit gefordert, keine „nützliche“ Vermischung.
Da man nie genau wusste, wes Geistes Kind jemand oder etwas war, war es nur folgerichtig, dass man versuchte, sich gegen alles abzusichern. Wer mit Christus nicht zufrieden ist, braucht noch andere Helfer. Und so übernahm die Kirche auch bald andere Vorstellungen des Heidentums über das Jenseits und die Kontaktmöglichkeiten mit dem Jenseits. So haben auch die Schutzheiligen der katholischen Kirche ihre Herkunft im orientalen und griechischen Totenkult. Gerade die verstorbenen Mitglieder der Herrscherfamilien wurden zu Heroen stilisiert, die man bei Bedarf anrufen konnte. *34 Hatte man nicht zu Lebzeiten versucht, sich mit ihnen gut zu stellen, dann vielleicht danach, um nichts von ihnen befürchten zu müssen. Dazu schmückt man auch die Gräber und bringt Opfergaben und bezieht sie in die Verehrung und die Gebete an die Gottheit mit ein. Das Heidentum hatte die Menschen im Griff und ließ auch dann nicht locker, wenn sich jemand für den neuen Gott Jesus Christus entschied. Die Kirche musste irgendwie darauf eingehen. Doch wie ist die entscheidende Frage!
Es ging dabei weniger um Toleranz als um Einbezugnahme und Wachstum. Um die Menschen unter ihrer Obhut zu halten, kam es zu einem kühnen wie genialen Schachzug, der wohl eher nicht einem einzelnen unbekannten Verschwörer zuzuschreiben ist. Auch die katholische Messe bezieht nämlich ihre Inspiration aus dem hellenistisch - orientalen Kulturkreis, der Mysterien-Kulte zum Zwecke der religiösen Erbauung kannte. Die Symbolik der Jesusworte beim Abendmahl reichte der Kirche nicht. Sie war für sie schon deshalb ungenügend, weil sie das Wesentliche gar nicht verstanden hatte. Es ist wie bei einem Landarbeiter, der beim Graben auf dem Feld einen farbigen Stein herauszieht und bemerkt, dass das matt schummernde Objekt so hart ist, dass er es zum Schärfen seiner Sense gebrauchen kann, dabei aber verkennt, dass er einen unschätzbar wertvollen Edelstein besitzt.
Die Kirche verband christlich überliefertes Gedankengut mit den „Elementen“ der Heiden. Die Mysterien-Kulte waren zur Zeit Jesu ausgereift, so dass sie weiten Teilen der Gesellschaft als ein Konsumentenbedürfnis dienen konnten. Was den Menschen über den Tod hinaus bewahren und zu einem besseren Schicksal verhelfen konnte, erhoffte man in einem geheimen Verfahren zu erhalten, denn die Volksreligionen hatten nichts vollends Überzeugendes zu bieten. Das Leben blieb ja beschwerlich und das Leben nach dem Tod war schmerzlich ungewiss. Natürlich konnte man auch die Kommunion mit Jesus Christus, die er in seinem letzten Mahl mit den Jüngern als Zielsetzung zur Erlösung und zur Teilhabe am himmlischen Erbe angab, als solches Mysterium bezeichnen. Denn Jesus hatte das Abendmahl nur mit seinen zwölf Jüngern in einem eigens dafür bestellten Raum abgehalten. Er sagte ihnen das Einssein mit Gott zu! Das ist das Zentrale jedes Mysterienkultes, das Verschmelzen, die Hochzeit mit der Gottheit. Doch waren es nicht die heidnischen Kulte, die dem christlichen Kult nachäfften, sondern es war der Kult der katholischen Kirche, der mit den heidnischen Kulten in Konkurrenz trat, um das Volk zu sich zu ziehen und zu befriedigen. Die biblische Lehre ist davon nicht betroffen. Sie wurde zu allen Zeiten nur von denen verstanden, die Gott dafür vorgesehen hat. Ihnen hat Er die Einsicht gegeben, so dass sie auch das Andere durchschauen, denn das ist die natürliche Folge, wer das Eine dem Wesen nach erkannt hat, vermag auch das Weitere richtig einzuordnen.
Jesus knüpfte an einer über tausendjährigen Passahmahlpraxis im Judentum an. Das hatte ein historisches Ereignis als Grundlage und kein wirklich mystisches Ereignis! Jesus hielt auch nur ein Passahmahl ab, wie es seit Mose bei den Juden Brauch war. Beim ersten Passahabend hatte das Blut von Lämmern an den Türpfosten den Engeln Gottes gezeigt, wer den Worten Gottes vertraut hatte, um sich retten zu lassen. Der Unterschied zu allen anderen Passahmahlen war, dass das endgültige und letzte Opferlamm mit Jesus am Tisch saß und ankündigte, dass Er sich selber hingeben würde. Er verwies also auf das bevorstehende Heilswirken, ebenso ein historisches Ereignis, das man im Nachgang befeiern konnte. Aber nicht die Feier würde die Erlösung bringen, denn die war historisch bereits geschehen. Das hat die katholische Kirche nie verstanden, weil sie in ihrem heidnischen Aberglauben zu tief verstrickt war und ist. Luther hat diesen Aberglauben leider übernommen.
Die einzige Änderung, die Jesus beim Abendmahl vornahm, war keine echte Änderung, sondern nur eine Ergänzung, denn während die Juden beim Passahmahl das ungesäuerte Brot gebrochen hatten, um ihren Dank anlässlich des rettenden Auszugs aus Ägypten zu sagen und mit dem Wein an das vor dem Tod rettende vergossene Blut des Passahlamms gedachten, erklärte nun Jesus, dass die Symbolik endgültig Verwirklichung finden würde in Ihm selbst, denn Er gab Seinen menschlichen Leib dahin zur Rettung Israels und Sein Blut war das Blut des endgültigen Passahlammes, das Blut des neuen, endgültigen Bundes. Jesus hat Seinen Jüngern gesagt, dass sie dieses Passah feiern sollten. Das gleiche Passah wie die Juden, nur ist nun das Gedenken an das Opferlamm ersetzt durch das viel bessere Gedenken an Jesus. Ebenso feiern messianische Juden das Passahfest heute, wie sie es vor zweitausend Jahren gemacht haben.
Ähnliche „Rettungsmahle“, bei denen geweihte Speise konsumiert und Blut von Opfertieren vergossen wurde, gab es auch bei anderen Völkern. Und ebenso wie im Judentum gab es bei den Heidenvölkern auch rituelle Reinigungen. Als Jesus zusätzlich den Jüngern beim letzten Abendmahl die Füße wusch, gab er ihnen