Nena Muck

For that Moment


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ich überhaupt nicht weiß, wo sie wohnt.

      »Mit den Jungs.« Sie nickt zu Alex, der betrunken auf einem, mit lilafarbenem Samt überzogenen Hocker eingepennt ist, und Rob, der auf einer roten, ziemlich abgenutzten Couch die Freundin von dieser Marlen befummelt.

      »Du willst also damit sagen, deine Wohnung ist zu Fuß zu erreichen?«, schlussfolgere ich, denn das sind so ziemlich die letzten Menschen, mit denen ich bei einem Autounfall draufgehen möchte.

      »Nicht in diesen Schuhen!«, kreischt sie und hebt einen Fuß, wobei sie beinahe von ihrem Stuhl fällt und anfängt, wie ein kleines Kind zu kichern.

      Okay, früher war das wesentlich lustiger, aber wahrscheinlich nur, weil man genauso betrunken war.

      »Also?«, frage ich etwas zu scharf.

      »Sie sind mit Vince hier, er fährt uns ins Wohnheim zurück.«

      Ich starre sie mit weit aufgerissenen Augen an. Vince? Wohnheim?

      »Du wohnst in einem Wohnheim?«

      Sie sieht mich verwirrt an. »Ja, klar. Tun wir alle.« Sie zeigt in die Runde. Na toll.

      Natürlich tun sie das. Sie sind Studenten!

      Das Klatschen meiner inneren Stimme, als sie sich vor die Stirn haut, hallt in mir nach.

      »Tut mir leid, ich weiß, du kannst ihn nicht leiden, aber er ist der Einzige, der noch fahren kann.«, lallt sie.

      »Schon okay.« Ich atme hörbar aus, vorausgesetzt er nimmt mich mit!

      In dem Moment wirft sie Alex eine ausgelutschte Zitrone an den Kopf, der wacht sofort auf und sieht sich verwirrt um.

      »Ruf Vince an und frag ihn, wo er steckt. Wir wollen nach Hause!«, schreit sie durch den sehr leer gewordenen Raucherbereich und Alex zückt sein Handy.

      Währenddessen verabschiedet sich der angeschickerte Rob mit der auch sehr betrunkenen Tussi im Arm mit der Entschuldigung, er wolle sie nach Hause bringen. Schon klar.

      Dann kommt Alex zu uns rüber. »Er sagt, er hat kein Bock mehr reinzukommen. Er wartet draußen. Wir haben fünf Minuten.«

      Dann lacht er über seinen boshaften Freund und ich falle unwillkürlich mit ein.

      An der Garderobe legt die unfreundliche Garderobiere meine Sachen auf den Tresen, während Alex seine Marke abgibt.

      Er stellt seinen Drink halb auf meiner Jacke ab, weshalb dieser natürlich umkippt und komplett über sie läuft.

      »Oooh.« Er hält sich übertrieben die Hand vor den Mund.

      »Meine Schuld, sorry.« Er versucht sie ernsthaft trocken zu schütteln?! Genau. Das bringt’s! Hätte er den letzten Drink lieber mal ausgelassen.

      Ich halte die Jacke einen halben Meter von meinem Körper entfernt und er sieht mich schuldbewusst an. Doch ich ringe mir ein Lächeln ab. Nach den Kommentaren heute hätte ich sie wahrscheinlich sowieso nie wieder angezogen.

      Wir gehen zum Ausgang hinaus und am unteren Absatz der Treppe steht Vince. Er hat sich an sein Auto gelehnt, die eine Hand hat er in der Hosentasche und die andere an der Zigarette, die er sich gerade aus dem Mund zieht. In diesem Moment weiß ich nicht, was überwiegt, meine Abscheu oder die Anziehung, die von ihm ausgeht?

      Auf dem Weg die Treppe hinunter hat Hailee Alex untergehakt, um ihn zu stützen. Sehr clever.

      Wenn man die beiden in diesem Moment beobachtet, weiß man, wie es ausgeht. Sie kleben förmlich aneinander, während sie sich anschmachten. Als Vince die beiden sieht, schüttelt er nur den Kopf und sagt: »Ich sehe furchterregende Dinge auf uns zukommen.«

      Er öffnet die Hintertür und stützt seinen Kumpel, während die beiden reinklettern. »Wenn ihr mir in die Karre kotzt, lauft ihr. Und zwar für den Rest eures Lebens!«

      Er schließt die Tür und dreht sich zu mir, bevor er ganz langsam die Arme vor der Brust verschränkt. Ich wusste es! Er genießt es richtig.

      »Und, was kann ich für Sie tun?«

      Okay, die Abscheu überwiegt, ganz klar. Ich bin so froh, wenn ich ihn nach diesem Abend nie wiedersehen muss.

      »Gar nichts.« Ich verschränke die Arme ebenfalls und hebe die Augenbrauen. »Lieber beiße ich mir die Zunge ab, als dich zu bitten.«

      Mein Tonfall ist überheblich und genervt, als ich mich umdrehe und gehe.

      »Ist dir klar, wie bescheuert du mit der Jacke in der Hand aussiehst.«

      Ich halte sie immer noch von mir weg und als ich über die Schulter sehe, um ihn anzuknurren, legt er vor Lachen den Kopf in den Nacken. Das Schlimmste daran ist, dass es ein wirklich schöner Anblick wäre, wäre er nicht so ein Scheusal.

      »Ist mir doch egal!«, schnauze ich, als ich die Straße runterlaufe.

       Stehen vor so einen Club nicht immer Taxis?

      Nur heute anscheinend nicht. War ja klar!

      »Verdammt, wie kann man nur so eine nervige, sture Zicke sein?«, stichelt er, während er sich in den Nacken greift und den Kopf hineinlegt. Doch nach ein paar Sekunden sieht er wieder auf.

      »Jetzt komm her, verflucht!«, schreit er, während er einen leeren Plastikbecher die Straße hinunterschießt.

      Ich weiß, dass ich mich albern benehme, aber er ist so ein Arschloch und seine Art macht mich einfach unbeschreiblich wütend.

      Schließlich verdrehe ich die Augen und gehe zum Auto, weil ich um diese Uhrzeit wirklich nicht zu Hause aufschlagen will, noch dazu mit einer Fahne.

      Er sieht mich mit so einem niederträchtigen ›Na geht doch‹- Blick an, dass ich am liebsten sofort wieder umkehren würde, doch dann reißt er mir meine Jacke aus der Hand.

      »Was soll denn das schon wieder?«

      Ich habe die Frage noch nicht ganz ausgesprochen, da hat er sie auch schon in den nächsten Abfalleimer geworfen.

      »Willst du mich verarschen?«, brülle ich, doch er funkelt mich nur mit einem boshaften Grinsen an. »Die ist sowieso kotzhässlich gewesen.«

      Er zuckt mit den Achseln, während er sie lachend unter dem Müll vergräbt.

      »Das hält mich nicht davon ab, sie da wieder rauszuholen.«

      Was ich nie tun würde, aber ich will nicht, dass er gewinnt.

      Er schnaubt. »Alter, du bist so eine beschissene, verzogene Schnepfe. Ich hab dir gerade einen Gefallen getan. Der widerliche Fetzen ist hin. Und jetzt steig ein, verflucht noch mal.«

      Er reißt die Fahrertür auf und steigt in sein Auto, während ich einmal tief durchatme, um mich zu beruhigen, bevor auch ich widerwillig einsteige.

       Kapitel 6

      Die beiden sind auf dem Rücksitz eingeschlafen, obwohl er das Radio voll aufgedreht hat. Mir soll es recht sein, ich hab keine Lust mehr, mit ihm zu diskutieren.

      Es ist nur eine kurze Fahrt bis zum Wohnheim und als wir angekommen sind, steigt er wortlos aus. Ich versuche, Hailee zu wecken, doch das dauert ihm wahrscheinlich zu lange, denn er lehnt sich zur Fahrerseite rein und drückt auf die Hupe. Beide schrecken auf.

      »Raus jetzt!«, ruft er und die beiden steigen, ohne etwas zu sagen, aus.

      Das Wohnheim ist moderner, als ich dachte. Es ist auf jeden Fall ein Neubau und umfasst bestimmt mehr als hundertfünfzig Studentenwohnungen. Die Eingänge sind in bestimmten Abständen getrennt und wir gehen alle in denselben.

      Während Hailee und ich uns noch von Alex verabschieden, biegt er stumm in den Gang ab, der nach links führt.

      Alex und Hailee umarmen sich ziemlich lang und ich freue mich für sie, habe aber gleichzeitig ein schlechtes Gewissen. Wenn ich nicht