Karl Plepelits

Zu neugierige Mörder: 9 Krimis


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hatte.

      „Schade, dass du schon schlappmachst, Linda“, sagte Mickey sanft. „Der Abend fängt doch erst so richtig an.“

      „Für mich ist er zu Ende. Tut mir leid.“

      „Ist ja nicht so schlimm“, lenkte der Mann ein. „Vielleicht bist du ein andermal besser in Stimmung.“

      „Vielleicht!“, meinte das Mädchen wenig verheißungsvoll.

      René äußerte sich nicht. Der wachsblonde Mann mit dem Oberlippenbart und den auffallend schmalen Lippen trug stets ein etwas überhebliches Lächeln zur Schau. Jedenfalls kam das Linda Rogers so vor.

      René gehörte der Buick, in den sie wenig später stiegen.

      „Und du willst wirklich nach Hause?“, vergewisserte sich Mickey erneut.

      „Ja, bitte! Ich bin müde.“

      Der Buick glitt die 63 rd ostwärts und steuerte die Auffahrt zum Franklin D. Roosevelt Drive an.

      „Müde sollte so eine niedliche Bettmaus wie du aber nie sein“, erklärte Mickey und schob sich dichter an das Mädchen heran.

      „Lass diese Albernheiten. Ich mag das nicht.“

      Mickey ließ ein amüsiertes Krächzen hören.

      „Du wirst dich noch wundem, was du alles magst.“ Seine Hand fuhr zu ihrem Knie.

      Sie wehrte ihn empört ab. „Bist du verrückt? Wohin fahren wir überhaupt? Das ist doch die falsche Richtung.“

      „Linda wohnt in der Achtzehnten“, erinnerte Hazy McLorne. Sie hätte nichts dagegen gehabt, jetzt neben Mickey zu sitzen.

      „Wo Linda schläft, bestimmen wir“, erklärte René spöttisch.

      „Und auch mit wem“, ergänzte Mickey und startete einen neuen Angriff.

      Linda konnte prächtig zuschlagen. Ihre Hand klatschte in sein Gesicht. Voller Wut brüllte er auf.

      „Du miese Schlampe. Das hast du nicht umsonst getan. Bildest du dir ein, ich lasse mich von dir auf den Arm nehmen?“

      „Ich will sofort aussteigen“, stieß Linda keuchend hervor.

      Mickey grinste und beugte sich weit über sie, wobei er sich fest gegen ihre angenehmen Formen presste. Er öffnete die Tür auf ihrer Seite einen Spalt, während der Buick mit unvermindertem Tempo weiterfuhr.

      „Bitte!“, forderte er sie auf. „Steig aus, wenn du dir unbedingt deinen störrischen Hals brechen willst, ich habe nichts dagegen.“

      „Lasst sie doch in Ruhe!“, bat Hazy McLorne.

      „Halt’s Maul!“, fuhr sie René barsch an. „Wir wissen besser, wie man mit so einer umspringen muss.“

      „Aber wenn sie doch nicht will.“

      „Wenn keine will, wo sollen dann die Kohlen herkommen?“

      „Die Kohlen? Du meinst, ihr seid ...?“

      „Wie du uns nennst, ist uns einerlei. Euch jedenfalls machen wir zu atemberaubenden Edelmiezen. Und wenn ihr euch querstellt, dann haben wir ein paar Einfälle, um euch das schleunigst auszutreiben.“

      „Ihr ekelhaften Zuhälter!“, schrie nun auch die Schwarzhaarige zornig und hämmerte mit ihren Fäusten gegen Renés Schulter.

      Der Fahrer lachte sein spöttisches Lachen.

      „Quatsch nicht so blöd“, fuhr er sie an. „Du machst es doch gern. Und für euch fällt natürlich auch der eine oder andere Schein ab.“

      „Anhalten!“, verlangte Hazy McLorne, während Linda Rogers sich verzweifelt bemühte, Mickeys Zudringlichkeiten abzuwehren.

      Der Buick raste längst über den Highway.

      René trat noch fester aufs Gaspedal und lachte schallend. „Ich kann nicht anhalten, wenn ich erst mal so richtig in Fahrt bin. Das wirst du schon noch erleben.“

      Linda drehte ihren Kopf zur Seite, um dadurch Mickey auszuweichen.

      Deshalb sah sie nicht, wie ihre Freundin die Wagentür aufriss und sich hinausfallen ließ. Sie hörte nur den gellenden Schrei.

      „Verdammt!“, brüllte René und stieg auf die Bremse, dass das Paar im Fond nach vorn flog.

      „Du hättest nicht so direkt werden dürfen“, tadelte Mickey. „Die hätten schon noch früh genug erfahren, was wir mit ihnen vorhaben.“

      „Blödsinn! Das lahme Getue geht mir auf die Nerven. Ich hole das Miststück zurück.“

      Er stoppte den Wagen am äußersten Rand des Highways und sprang hinaus.

      Linda Rogers versuchte, die günstige Gelegenheit zu nutzen, während der Buick hielt und sich die beiden Männer um Hazy kümmerten. Sie musste hier heraus, um die Polizei zu verständigen.

      Doch Mickey ließ sie nicht allein. Er hielt plötzlich ein Messer in der Hand und hielt ihr die augenscheinlich scharfe Klinge knapp vors Gesicht.

      „Wir können uns inzwischen ein paar hübsche Minuten machen“, schlug er heiser vor. „Nur wir drei. Du, das Messer und ich.“

      Ihre Augen weiteten sich entsetzt. Längst hatte sie begriffen, dass diese Kerle nicht mit leeren Drohungen manipulierten. Mickey würde nicht zögern, die Klinge einzusetzen, wenn sie sich wehrte.

      „Du kannst mit mir machen, was du willst“, sagte sie matt. „Aber auf den Strich schicken wirst du mich nie. Dazu müsstest du mich in Ketten legen.“

      Mickey lachte roh. „Der Vorschlag ist gar nicht so übel. Aber das wird nicht nötig sein. Wir kennen genügend Mittel, um deinen Stolz zu brechen.“

      „Meine Knochen vielleicht“, fauchte das Mädchen, „aber niemals meinen Stolz.“

      René kehrte zurück. Er trug Hazy McLorne auf der Schulter und warf sie roh auf den Beifahrersitz.

      Linda Rogers schrie auf, als sie ihre Freundin sah.

      „Ist sie tot?“

      „Sieht nicht mehr sehr hübsch aus, die blöde Gans, wie?“, fragte der Wachsblonde gefühllos. „Das hat sie sich selbst zuzuschreiben.“

      „Warum hast du sie nicht liegenlassen?“, meckerte Mickey. „Die können wir doch sowieso nicht mehr gebrauchen. Für die zahlt nicht mal mehr ein Puertoricaner einen Dollar.“

      „Aber sie ist immer noch hübsch genug, uns an die Bullen verpfeifen zu können“, konterte René.

      „Was hast du mit ihr vor?“

      „Na, was schon? Die Fische haben schließlich auch Hunger.“

      Linda Rogers brach zusammen. Wenn sie bis jetzt noch Hoffnung gehabt hatte, ihr Schicksal ändern zu können, so wusste sie nun mit Sicherheit, dass sie nur zwischen zwei Übeln wählen konnte. Und sie überlegte sich ernsthaft, ob es nicht besser war, sich gleich für den Tod zu entscheiden.

      5

      Für Bount Reiniger gab es nur noch einen Gedanken: Er musste endlich Jil Fernay fassen.

      Dieser letzte sinnlose Mord, dem eigentlich er hätte zum Opfer fallen sollen, hatte das Maß voll gemacht. Fernay war nicht nur ein raffinierter, mit allen Hunden gehetzter Goldräuber, sondern auch ein skrupelloser Killer, dem es nicht darauf ankam, wen seine Kugeln niederstreckten, solange er einen Vorteil dadurch hatte.

      Dreimal war er ihm entwischt. Diesmal musste es klappen.

      Doch wie immer bestand die Schwierigkeit darin, dass nicht unschuldige Menschen gefährdet werden durften. Die Besucher des Tropical Inn konnte man zwar nicht unbedingt als unschuldig