Euro. Er hatte schon alle Schulden bezahlt, bevor er starb.“
„Nicht zu glauben.“
Anita grübelte einen Moment, hatte sie da was versäumt?, trank den letzten Rest ihres Kaffees aus und meinte nicht einmal unfreundlich: „Wenn das so ist, kann ich mir beim besten Willen keinen Menschen vorstellen, der Peko umbringen sollte. Aber wer weiß, im Knast begegnet man ja den seltsamsten Typen.“
Jule zeigte ihr noch auf dem Display ihres Handys die Aufnahmen, die sie gestern von Alex Brunner und seiner Freundin gemacht hatte, und Anita nickte, ohne zu zögern: „Ja. Die beiden kenne ich. Die kommen häufiger in den Laden und kaufen für die Frau ein. Sie ist nicht prüde und zeigt gerne, was sie hat. Er nennt sie Karin und sie ihn Alex. Die Nachnamen kenne ich nicht.“ Anita konnte auch nicht wissen, dass Brunner seine Karin ungern zu Susis Shop begleitete. Sie liebte offenherzige Kleider, die ihm nicht immer gefielen, und seit er herausgefunden hatte, dass sie häufiger ein „erotisches Fotostudio“ K. Venna in der Löbelstraße aufsuchte, fürchtet er, dass sie dort gegen Geld alle Hüllen fallen und sich anfassen und mit anderen Männern nackt fotografieren ließ. Beide ahnten sie wohl, dass ihr Verhältnis nicht mehr lange dauern würde.
Auf der Rückfahrt ins Präsidium war Lene sehr schweigsam und bemühte sich vergeblich, sich an einen Satz zu erinnern, den Anita so nebenbei ausgesprochen hatte. Da hatte es bei Lene zwar Klick gemacht, aber leider zu schwach, um in der Erinnerung haften zu bleiben.
Tine hatte noch einmal die Quellen von Pekos Reichtum nachrecherchiert und kontrolliert und war zu keinem anderen Ergebnis gekommen „Alles sauber und legal. Aber wissen Sie, was wirklich verwunderlich ist? Kaum ein Mensch will ihn gekannt haben.“ Da war er wieder, der Klick, und Lene atmete erleichtert auf: „Tine, ich habe noch eine Strafarbeit für dich.“
„O nein, bitte nicht. Ich soll bei Fido für die Abendkarte Auberginen und Sellerie würfeln.“
„O bitte doch: Hat Peko im Knast jemanden getroffen, der ihm ans Leder wollte? Wo hat Peko von wann bis wann gesessen. Und in jedem Fall eine Liste aller Mithäftlinge und du darfst markieren, wen Peko später getroffen haben kann. Es muss nicht unbedingt ein Mann sein, eine Karin tut’s auch.“
„Da bin ich ja Wochen beschäftigt.“
„Na, so lang wohl nicht. So lange und oft hat Peko ja nicht gesessen. Und wenn die Justizverwaltungen anderer Bundesländer nicht mitspielen wollen – du weißt ja, wer dir helfe kann und wird.“
Tine fuhr zurück und wurde rot: „Doch nicht der stramme Frank.“
Lene sah sie scharf an: „Hör mal, ich mag Dobbertin auch nicht leiden. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der so dumm ist, einer jungen Polizistin in den Ausschnitt zu greifen.“
„Hat er aber.“
„Hast du dich nicht gewehrt?“
„Nein, ich fand es ja ganz angenehm. Bis er zum Schluss so blöd fragte: ‚Ist das alles oder wächst der noch nach?‘ Da hätte ich ihm am liebsten eine geknallt.“
Lene blieb mühsam ernst: „Ich weiß ein Mittel gegen solche Übergriffe.“
„Was denn?“
„Ganz kleine, oder am besten gar keine Ausschnitte. Und Fido zieht dich doch bestimmt ganz aus. Dagegen hast du doch bestimmt nichts einzuwenden.“
Tine schluckte und zog mit feuchten Augen wortlos ab. Sie würde sich bei ihrem Fido ausweinen, der seine Tine so liebte, wie sie war. Diese Schelm hatte gut reden, Chefin, viel Geld und auch noch eine perfekte Figur.
Als Tine nach der Klinke fasste, fügte Lene noch hinzu. „Und wenn du die Liste mit den JVAs zusammen hast, dort anrufen, mit wem Peko zusammen in einer Zelle gelegen hat. Und mit wem er Ärger hatte.“
„Auch das noch“, stöhnte Tine in sich hinein, was Lene zwar nicht hörte, aber ahnte. Die junge Kollegin musste sich langsam entscheiden, ob sie Karriere bei der Polizei oder bei Fido Lorch machen wollte.
Trotzdem setzte Tine sich sofort an ihren Computer, um ihren Auftrag zu erledigen. Wo hatte Peko von wann bis wann gesessen? Und eine Liste der Mithäftlinge. Wann und zu welcher Adresse entlassen? Der Computer musste keinen Sellerie schälen und Auberginen waschen und mühsam von Hand würfeln, der arbeitete in der Regel unverdrossen, wenn man nicht den Stecker zog.
Sie kam noch rechtzeitig zum Küchendienst in die Spätlese. Die bunte Gemüsepfanne aus Auberginen, Sellerie und getrockneten Tomaten fand bei den Gästen allgemeinen Beifall und Fido, der unermüdliche Experimentator am Herd, verkündete, bevor er sich Tines Busenbeschwerden anhören musste, er habe eine weitere Idee, statt getrockneter Tomaten schöne reife Kapern.
„Fertige aus einem Glas, keine Angst.“
Tine Dellbusch ließ ihre zweite Beschwerde vom Stapel, und diesmal lachte Fido seine Tine aus: „Eine kluge Frau, deine Chefin.“
„Äh …?“
„Bei der Kripo muss man manchmal gegen den logischen Strich denken. Es geht doch um diesen ermordeten Peko?“
„Ja.“
„Wenn es nun umgekehrt war. Nicht Peko hat einen Tipp für einen Bruch verkauft, wie man in die Bank einbricht, sondern der Einbrecher befürchtet, Peko habe ihn erkannt.“
„Wann denn und wo denn?“
„Als der Einbrecher die Bank ausbaldowerte. Wann gab es Wächter? Wenn ja, liefen die feste Kontrollgänge?“
„Warum sollte Peko sich um einen vermeintlichen Einbrecher kümmern?“
„Was, wenn sie sich aus einer JVA kannten? Peko dachte: ‚Was macht der denn hier?‘ Der andere überlegte: ‚Will Peko etwa auch in diese Bank?‘“
„Hm.“
„Du hast doch selber recherchiert, dass Peter Korn ein Konto bei der LHB-Filiale Bühler Markt besaß. Also hatte er einen guten Grund neben der Tafel, dort häufiger aufzutauchen, und der Einbrecher, der die Bank ausbaldowerte, hat ihn erkannt.
„Oder umgekehrt: Peko hat einen alten Bekannten aus einer JVA getroffen.“
„Was nur noch zu beweisen wäre. Aber Peko können wir nicht mehr befragen.“
„So ist es mir doch auch ergangen. Der Mann, der angeordnet hatte, am Zement zu sparen, ist von der deswegen einstürzten Mauer erschlagen worden.“
„Womit ein gefährlicher Mitwisser ausgeschaltet war.“
Sie zog sich das Shirt über den Kopf und war gespannt, was die Chefin morgen zu dieser Idee sagen würde. Die Nacht verlief harmonisch und für beide sehr befriedigend. Fido war ein guter Liebhaber und sie hatte schon viel von ihm gelernt.
Neuntes Kapitel
Uwe Lochner bemerkte den Verlust der wertvollen Kiste mit dem „Keltenkönig“ erst nach zwei Wochen, als er einen Anruf von Kuno Traube bekam: „Was hattest du dir denn vorgestellt, was du für deine Kiste haben willst?“
„Keine Ahnung. Zumindest den Goldwert, denke ich.“
„Und wie hoch ist der?“
„Da muss ich erst einmal wiegen.“
„Tu’ das und dann telefonierst du mir das Gewicht ins Geschäft. Okay?“
„Alles klar.“ Die Frage, ob und wer da angebissen haben konnte, stellte man nicht am Telefon. Dazu war das Netz viel zu unsicher geworden, auch ohne Speicherung der Verbindungsdaten.
Uwe, die Sommersprosse, kletterte also auf den Dachboden und fürchtete, einen Herzinfarkt zu bekommen. Die wertvolle Kiste mit dem „Keltenkönig“ war weg, spurlos verschwunden, die Abdeckung der Abseite nur leicht beschädigt. Aber sonst deutete nichts auf einen Einbruch hin.
Kuno Traube traute seinen Ohren nicht: „Du machst doch einen schlechten Scherz, lieber Uwe.“
„Nein,