Pete Hackett

Roman-Paket Western Exklusiv Edition 11 Romane - Sammelband 7021


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pfiffen. Clay drehte sich halb auf dem dahinstiebenden Pferd. Die Winchester blitzte an seiner Hüfte.

      Mit einer schlenkernden Bewegung, ohne die zweite Hand zu benutzen, hebelte er die nächste Patrone in den Lauf und schoss wieder. Der Mustang des mittleren Verfolgers stieg plötzlich vorne hoch. Im letzten Moment rettete sich der Indianer mit einem Panthersatz vom Rücken des zur Seite stürzenden Tiers. Verbissen jagten die beiden anderen weiter. In dem von den Hufen hochgewirbelten Staub tauchten weitere schemenhafte Reitergestalten hinter ihnen auf.

      »Großer Lord!«, krächzte Scobey, der einen gehetzten Blick über die Schulter warf.

      Aus den Schemen wurden zehn, fünfzehn, zwanzig Indianer. Sie ritten so weit auseinandergezogen, dass die halbe Prärie von ihnen zu wimmeln schien. Ein karges Lächeln huschte über Clays Gesicht, als er Scobeys erschrockenem Blick begegnete.

      »Denken Sie nur, was für 'ne prächtige Story das für Ihre Leser wird, Scobey! Und alles selbst erlebt! Die Leute werden Sie beneiden.«

      Scobeys Miene drückte Zweifel aus. Ein Pfeil steckte plötzlich in der Deckenrolle hinter seinem Sattel. Obwohl es nur mehr ein paar hundert Yards zu den Häusern waren, hatte er den Eindruck, dass die Pferde nicht mehr von der Stelle kamen.

      Plötzlich blitzte und krachte es auch vor ihnen. Scobey fielen fast vor Schreck die Zügel aus der Hand. Pulverdampf quoll zwischen den Gebäuden hervor. In einem Durchlass stand ein Mann, der mit dem Hut winkte und etwas schrie. Es ging im Donnern der Hufe unter.

      Clays Brauner schoss in verblüffendem Endspurt an Scobey vorbei. Es war unglaublich, welche Energie noch in dem struppigen, abgemagerten Tier steckte. Verzweifelt spornte Scobey seinen Schecken hinterher. Die nächste Salve brüllte entlang der Bretterwände und Zäune auf. Da hatte auch Scobey es geschafft. Es kam ihm wie ein Wunder vor.

      Männer mit aufgeregt geröteten Gesichtern umringten ihn und Lorman. Eine raue Stimme rief: »Bleibt auf euren Posten, verdammt noch mal! Glaubt nur nicht, wir sind die Kerle los! Sanders, Darlton, Higgins, ihr solltet doch Kisten und Balken herholen! Verflucht, ich kann doch nicht überall sein! Sagt auch drüben bei Jenkins Bescheid! Er soll dafür sorgen, dass auch bei Millers Mietstall und Baxters Store Barrikaden errichtet werden. Steht hier nicht herum und gafft! Bewegt euch! Wollt ihr denn, dass uns die verdammten Rothäute die Stadt an allen vier Ecken anzünden?«

      Ein gedrungener, schnauzbärtiger Mann bahnte sich energisch einen Weg durch den Kreis der Gaffer. Mit zornigen Gesten scheuchte er die Männer auseinander. Er war hemdsärmlig. Zwei rostfleckige, schwere Patersoncolts steckten in seinem Hosenbund.

      »Scobey! Teufel noch mal, was hatten Sie denn da draußen auf der Cheyenne Prärie zu suchen? Mann, Sie sehen ja aus, als hätten Sie ein rohes Huhn zum Frühstück verspeist! He, Ben, einen Schluck Feuerwasser für Scobey, damit er uns nicht aus den Schuhen kippt!«

      Scobey war vom Pferd gerutscht, hielt sich aber noch am Sattel fest. Vor seinen Augen verschwamm alles. Trotzdem bekam er mit, dass das Hufgetrappel und Geschrei auf der Ebene im Süden verhallt war. Die wasserhellen Augen des Schnurrbärtigen hefteten sich auf Clay.

      Der saß so ruhig auf seinem Braunen, als wäre nie in seiner Nähe ein Schuss gefallen. Die Winchester steckte wieder im Sattelfutteral. Kühl begegneten die grauen Augen dem forschenden Blick. Irgendetwas in diesen Augen hielt den Anführer der Julesburger Bürgerwehr davon ab, eine Frage zu stellen.

      »Mein Name ist Haskell«, verkündete er stattdessen. »Um ehrlich zu sein, vor fünf Minuten noch hätte ich keinen rostigen Cent mehr für Ihren und Scobeys Skalp gegeben. Teufel noch mal, wenn wir mehr solche Burschen in der Stadt hätten, wär‘ mir nicht Angst, dass die Cheyennes unsere Häuser anzünden!«

      Clay nickte gleichmütig.

      »Ich bin Lorman. Wenn Sie was für mich tun wollen, Haskell, dann sagen Sie mir, wo ich hier den Sheriff oder Marshai finde.«

      Haskell kratzte sich hinterm Ohr.

      »Fehlanzeige, Mister! Bisher hatten wir hier keinen Sternträger nötig. Das wird sich wohl ändern, wenn erst die Burschen von der Bahn hier anfangen, verrückt zu spielen. Vorausgesetzt, die Stadt steht dann noch. Ich bin so was wie der Bürgermeister von diesem Nest, dazu Feuerwehrkommandant, Milizboss und Saloonbesitzer.«

      »Dann kennen Sie sicher auch Rhett Clinton.«

      Haskells Miene verfinsterte sich. Sein Blick wurde misstrauisch.

      »Ein Freund von Ihnen?«

      »Das würde ich nicht gerade sagen.«

      Der Schnurrbärtige räusperte sich.

      »Was immer Sie von ihm wollen, Mister, Sie sind zu spät dran. Er ist weg. Ob Sie’s glauben oder nicht, dieser verrückte Bursche hat mit der letzten Kutsche nach Cheyenne die Stadt verlassen.«

      Die harten Konturen von Clays Gesicht traten plötzlich noch deutlicher hervor. Seine Augen verschleierten sich.

      »Allein?«

      Haskell war ein Mann, der sich auskannte. Er wusste, was das leichte Vibrieren in Clays Stimme bedeutete.

      »Irgendein durchgedrehter Bankmensch aus Omaha hat Clinton und seine Freunde angeheuert. Weiß der Kuckuck, weshalb es dieser Typ so höllisch eilig hat! Harrison, unser Wells Fargo Mann, hat ihn jedenfalls gewarnt!«

      »Wann?«, fragte Clay nur.

      Haskell schluckte.

      »Na ja, das ist kaum viel länger als ’ne Stunde her. Verrückt, sag ich, Mister! Seien Sie bloß froh, dass Sie hier sind und ...« Clay hatte schon sein Pferd weitergetrieben. Haskell rief ihm nach: »Sie finden Millers Mietstall fünf Häuser weiter gerade die Straße hinab. Mein Saloon steht gleich gegenüber. Wenn Sie wollen, können Sie da ein Zimmer haben ...«

      Als Clay um eine Ecke bog, winkte Haskell einen schiefnasigen jungen Burschen heran.

      »Lauf ihm nach, Ben! Das ist ein Mann, der’s nicht nötig hat, sich selber um sein Pferd zu kümmern. Zeig ihm das beste Zimmer, das wir haben. Sag ihm, er bekommt es zum halben Preis, wenn ... Nein, sag ihm, dass er mein Gast ist, solange er bleibt und mit uns gegen die verflixten Redmen kämpft! Na los, lauf schon!«

      Ben wieselte davon. Scobey reichte gerade einem anderen Mann eine bastumwickelte Flasche zurück, als Haskell sich an ihn wandte.

      »Wie sind Sie denn an diesen Tiger geraten, Scobey?«

      Der tiefe Schluck hatte Scobey gutgetan. Die Farbe war in sein Gesicht zurückgekehrt. Grinsend kniff er ein Auge zu.

      »Warten Sie’s ab, bis Sie’s in der ersten Nummer meiner Zeitung lesen! Nur soviel, Haskell: Sie haben eben mit Captain Clay Lorman, dem ,Sieger vom Moberty Creek‘ gesprochen.«

      »Was?« Haskell sperrte Mund und Augen auf.

      Scobey raunte beschwörend: »Behalten Sie’s für sich, sonst wird noch ganz Julesburg kopfstehen, bevor er die Geschichte mit Clinton ins Reine gebracht hat!«

      »Clinton? Mann, haben Sie denn nicht mitgekriegt, was ich Lorman eben erzählt hab? Clinton steckt irgendwo da draußen auf der Prärie, wo ... zum Teufel, Ben, was ist denn? Ich hab dir doch gesagt, du sollst ...«

      »Tut mir leid, Boss!«, keuchte der Schiefnasige. »Er ist nicht zum Mietstall, sondern schnurgerade die Straße 'runter und am anderen Ende wieder zur Stadt hinaus.« Scobey und Haskell starrten ihn gleichermaßen entgeistert an. Ben hob hilflos die Schultern. »Was hätt’ ich tun sollen, Boss? Dieser Typ braucht einen nur anzugucken und schon bleibt einem jedes Wort im Halse stecken.«

      Scobey schluckte. »Er ist also hinter ihm her!«

      »Clinton?«, krächzte Haskell.

      »Ja, zum Teufel, Clinton! Seinetwegen ist er sechshundert Meilen weit von New Mexico heraufgeritten. Nun will er sich auch nicht von den Cheyennes davon abbringen lassen ... Ben, ich brauch' sofort ein frisches Pferd! Ich ...«

      Haskell