Friedhelm Sommerland

Ohne Ziel passiert nicht viel!


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einer Eskalation, die vielleicht mit einer tätlichen Auseinandersetzung oder noch schlimmer endet.

      Wenn du gelernt hast, deinen Handlungsspielraum zu nutzen, wirst du, nachdem du beleidigt wurdest, einen Moment lang innehalten und tief Luft holen. Damit gewinnst du eine wertvolle Sekunde, die es dir ermöglicht, die Folgen einer beleidigenden Entgegnung abzusehen. In den meisten Fällen wirst du in dieser Zeitspanne zu der Erkenntnis gelangen, dass es die Sache nicht wert ist. Du wendest dich wortlos ab, gehst fort und vermeidest so jeden weiteren Ärger und jede Eskalation. Es könnte sein, dass du nun, in dieser einen Sekunde des Innehaltens, eine große, lebensverändernde Katastrophe abgewendet hast.

      Solchen Handlungsspielräumen begegnen wir im Verlaufe unseres Lebens immer wieder. Sei es in einer Auseinandersetzung mit dem Chef, mit dem Lebenspartner, mit den Eltern und Geschwistern oder im Umgang mit Dienstleistern. Es schadet niemals, eine Sekunde über die nächste Äußerung oder die nächste Aktion nachzudenken.

      Nicht nur im Hinblick auf unsere soziale Kommunikation, sondern auch im Zusammenhang mit der Gestaltung unseres gesamten Lebens verfügen wir über vielfältige Spielräume. Du entscheidest dich zum Beispiel dafür oder dagegen, dich mit dem Thema Ziele und Zielsetzungen auseinanderzusetzen, um etwas in deinem Leben zu erreichen. Auch hier nutzt du einen Spielraum, der in diesem Zusammenhang als Gestaltungsspielraum bezeichnet wird. Handlungs- und Gestaltungsspielräume sind ohne entsprechende Erfahrungen nicht ohne Weiteres erkennbar, was uns dazu verleiten kann zu glauben, dass sie nicht vorhanden wären. Oft erkennen wir erst in der Rückschau auf unser Leben, dass diese Spielräume tatsächlich gegeben waren. Manchmal sagen wir deshalb, dass wir dieses oder jenes mit unserem heutigen Wissen anders machen würden. Wir halten dann eine damals getroffene Entscheidung für falsch.

      Durch Wissen und Erkenntnis und die daraus resultierende Bewusstheit, die man heute auch oft als Achtsamkeit bezeichnet, wird es dir zukünftig noch besser gelingen, solche Spielräume wahrzunehmen. Sodann eröffnet sich für dich die Möglichkeit, durch Entschlossenheit und zielgerichtetes Handeln auf den Lauf der Dinge Einfluss zu nehmen.

      Entscheidest du dich dafür, den Lauf deines Lebens dem Zufall zu überlassen? Oder entscheidest du dich für eine bewusste Lebensstrategie, also dafür, dir ganz bewusst Ziele zu setzen und diesen Zielen zielstrebig zu folgen? Möchtest du dein Schieberitis-Problem in den Griff bekommen? Dann scheidet die erste Option in jedem Fall aus! Vielleicht geistern dir nun diese vielen negativen Lebensweisheiten der Pessimisten aus deinem Umfeld durch den Kopf, die behaupten, man könne sein Leben nicht planen, weil die Wechselfälle des Lebens einfach nicht vorhersagbar wären. Man könne Probleme und Schicksalsschläge nicht voraussagen. Deshalb sei es völlig unmöglich, sein Leben in eine Form zu gießen. Damit erübrige sich jede Planung und die damit verbundenen Zielsetzungen.

      Bitte lasse dich nicht auf eine Diskussion mit diesen Bedenkenträgern ein. Du wirst sie nicht vom Gegenteil überzeugen können. Entweder kommen sie irgendwann von alleine darauf, dass sie sich irren, oder eben nicht. Wenn du eine Diskussion mit ihnen führst, werden sie es eher schaffen, dich mit ihrer negativen Sicht der Dinge zu verunsichern.

      Stattdessen bitte ich dich, dir folgende Metapher vor Augen zu führen: Bei jedem Bauvorhaben, nehmen wir zum Beispiel den Bau eines Einfamilienhauses, geht etwas schief. Stets treten ungeahnte Umstände ein: Baumaterial wird zu spät angeliefert. Ein Handwerker bohrt eine wichtige Stromleitung an. Der Kapitalbedarf für das Bauvorhaben war zu knapp kalkuliert. Die falschen Dachziegel wurden bestellt. Ein Subunternehmer meldet Insolvenz an usw. Wären solche Erfahrungen für Bauherren, Investoren und Architekten ein Grund, ein Bauvorhaben zukünftig nicht mehr sorgfältig zu planen und auf jede professionelle Vorbereitung zu verzichten? Wohl kaum. Im Gegenteil: Gerade, weil einiges schieflaufen kann, sind ein klares Ziel und ein guter Plan, den man im Bedarfsfalle individuell anpassen kann, besonders wichtig. Und das geplante Bauwerk wird in den allermeisten Fällen, wenn auch mit etwas Verzögerung oder mit zusätzlichen Kosten, fertiggestellt. In Bezug auf dein Leben ist das nicht anders.

      Wie oben erwähnt, benötigt dein innerer Schweinehund Klarheit und Sicherheit. Beides kannst du ihm nur geben, wenn du deine Handlungs- und Gestaltungsspielräume nutzt, indem du dir anspruchsvolle Projekte und ehrgeizige Ziele suchst, sie sorgfältig planst und dabei mit bewussten Strategien arbeitest.

      

Zusammenfassung:

       Seine eigenen Handlungs- und Gestaltungsspielräume zu nutzen, bedeutet, sich Ziele zu setzen und den Weg zur Zielerreichung genau zu planen. Die Tatsache, dass das Leben komplex und in jeder Hinsicht kaum vorhersagbar ist, verleitet viele Menschen dazu anzunehmen, dass das Leben nicht planbar wäre und es deshalb sein zu lassen. Doch das ist ein Irrtum. Viele Abläufe und Ereignisse in deinem Leben sind durchaus vorherseh- und damit kalkulierbar. Schicksalhafte Zufälle werden sich nicht komplett aus deinem Leben verbannen lassen, aber deren Anzahl lässt sich reduzieren. Wenn du beginnst, dich mit Zielsetzungsprozessen auseinanderzusetzen, eignest du dir wertvolles Wissen über die menschliche Psychologie an. Das versetzt dich in die Lage, bewusster und achtsamer zu handeln und deine Handlungs- und Gestaltungsspielräume rechtzeitig zu erkennen und so zu deinen Gunsten zu nutzen.

       * Das Wort „Aufschieberitis“ und die dazugehörige Kurzform „Schieberitis“ wird im Deutschen nur umgangssprachlich verwendet. Es handelt sich hierbei um die scherzhaft übersetzte Beschreibung des extremen Aufschiebens, der sogenannten Prokrastination.

       Kapitel 2: Ohne Ziel passiert nicht viel!

      Das Wort Ziel ist eng mit dem Wort Zweck verwandt. Jedes Ziel hat einen Zweck. Beide Wörter haben ihren Ursprung im Mittel- bzw. Althochdeutschen. Das Wort Zweck geht auf eine frühere Form des Zahlwortes zwei zurück und bedeutete soviel wie ,gegabelter Ast‘ (von Zweig eines Baumes), den man früher als Zielscheibe beim Bogenschießen verwendete.

      Um später bei der Jagd erfolgreich zu sein, mussten die Jäger das Bogenschießen zuvor trainieren. Dazu benötigten sie einen Fixpunkt, den sie anvisieren konnten. Ein gegabelter Ast erfüllte diesen Zweck und stellte damit ein geeignetes Ziel dar. Im Laufe der Zeit hatte sich die Bedeutung des Wortes „Zweck“ auf den ,Nagel in der Mitte einer Zielscheibe‘ eingeengt, bis sich schließlich die heutige Bedeutung im Sinne von ,Ziel‘ und dem ,Sinn einer Handlung‘ herausgebildet hatte. Wann immer wir zielorientiert vorgehen, haben unsere Handlungen also einen Zweck und damit einen Sinn.

      Insofern geht es bei Zielsetzungen genau um das, was der Bogenschütze tut, wenn er sich einen Punkt sucht, den er mit seinem Pfeil anvisiert. Er konzentriert sich und richtet seine volle Aufmerksamkeit auf diesen einen Punkt.

      Wer schon einmal versucht hat, mit Pfeil und Bogen zu schießen, weiß, dass es sich hier um einen äußerst komplexen Vorgang handelt. Nicht nur ein guter Bogen, qualitativ hochwertige Pfeile und viel Übung sind erforderlich, sondern auch vollste Konzentration und eine fast meditative Ruhe.

      Außerdem wird der Pfeil nur zuverlässig das Ziel erreichen, wenn gleichzeitig die notwendige Entschlossenheit des Schützen und somit der feste Wille zum Erfolg vorhanden sind.

      Die Jäger von einst wussten, wie wichtig es war, dass der Pfeil zuverlässig sein Ziel trifft. Das Leben des ganzen Stammes, der eigenen Sippe hing davon ab, dass das Wild auf der Jagd in diesem Moment erlegt werden würde. Mit viel Übung und der entsprechenden Sorgfalt haben die Jäger ihr Handwerk betrieben.

      Der Zweck (Sinn) der zugrunde liegenden Handlung war klar definiert und führte zu einer zielgerichteten Aktion. Es gab keinen Zweifel daran, dass das Wild erlegt werden sollte.

      Das Wort „Zweifel“ beinhaltet das Zahlwort „zwei“. Wenn wir an einem Ziel zweifeln, ziehen wir unbewusst in Erwägung, dass ein anderes Ziel das bessere sein könnte. Wir sind dann unentschlossen. Damit teilen sich unsere Energie und unsere Aufmerksamkeit auf zwei mögliche Wege auf und es steigt die Gefahr, dass wir beide Ziele nicht oder nur halb erreichen werden. Wir sind dann innerlich hin- und hergerissen.

      Sofern du dir also Ziele setzt, ist es ungünstig,