Sebastian Weis

IMMUN


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Sie einen Kaffee. Nebenbei checken Sie schon die Nachrichten und nur kurz Ihre Social-Media-Kanäle

      • Für Frühstück bleibt keine Zeit oder Sie haben noch keinen Hunger

      • Sie stellen sich mit vielen anderen in die Staus der Republik um dann abgehetzt auf der Arbeit anzukommen

      • Am Arbeitsplatz sind Sie konfrontiert mit zahllosen Nachrichten auf unterschiedlichen Kanälen, Meetings, ständigen Störungen und Ablenkungen, zahllosen Entscheidungen.

      • Sie nehmen sich nicht die Zeit für Bewegungspausen, Toilettengänge oder Auszeiten in der Natur.

      • Das Mittagessen ist entweder schnell und kalt am Laptop, weil Sie endlich ungestört ein paar Dinge erledigen können, Emails beantworten oder schnell etwas recherchieren für das Meeting gleich. Oder es ist ein Geschäftsessen, wo Sie hochkonzentriert sein müssen und nebenher ein paar Gabeln zum Mund führen.

      • Nachmittags / Abends wartet der Berufsverkehr wieder auf Sie, dann noch schnell Einkaufen und Zuhause geht für viele der Stress weiter: Kinder warten schon, Partner oder – genauso stressig – niemand wartet auf einen. Man ist allein (man kann sich übrigens auch mit Partner und Kindern einsam fühlen.)

      • Um die angestaute Energie im Körper zu entladen, besuchen Sie einen High-Intensity-Kurs, stemmen in irrem Tempo Gewichte und geben in kurzen Intervallen immer wieder Vollgas. Wenn die Zunge am Boden hängt und nichts mehr geht, wanken Sie erschöpft nach Hause.

      • Zuhause wartet entweder der super gesunde vegan-Snack auf Sie mit möglichst wenig Kohlenhydraten und top Aminosäuren-Bilanz oder die Pizza mit Bier oder Rotwein.

      • Sie sind müde, aber irgendwie auch nicht, also schauen Sie sich noch ein paar Serien auf Netflix an. Dazu passen Chips oder Schokolade.

      • Sie schlafen vor dem Fernseher ein oder gehen später ins Bett als geplant, um am nächsten Tag dasselbe Spiel zu spielen.

      Jeder Punkt für sich ab und zu wäre kein Problem. Die Dichte und Kontinuität sorgen jedoch für chronischen, d. h. dauerhaften Stress. Studien belegen, dass Patienten mit häufigen akuten Infektionen der oberen Atemwege unter starken psychischen Belastungen stehen.lxx

      Diese Belastungen können auch durch Ereignisse aus der Vergangenheit entstehen, die noch nicht erfolgreich verarbeitet wurden. In meinen Coaching-Sessions erlebe ich regelmäßig, wie dicht unter der erwachsenen Oberfläche kindliche Sorgen und Ängste verborgen sind, die den Erwachsenen unbewusst ausbremsen und belasten. In der Gestalttherapie spricht man von nicht-geschlossenen Kreisen. Etwas, was nicht abgeschlossen ist oder was (noch) „keinen Sinn ergibt“, erzeugt Stress.

      Stress macht auch die Darmwände durchlässiger. Der Darm mit seinen Kontaktflächen zur Außenwelt besteht aus der Schleimhaut, in der die Darmzellen liegen. Die Zellen liegen eng aneinander und sind sogar molekular verbunden wie Stühle in Reihen verhakt sind bei Veranstaltungen. Unter Stress werden diese Verbindungen gelöst und die Zellen rücken etwas auseinander. So können die Immunzellen aus dem Körper schneller in den Darm eintreten und aktiv werden.

      Bild: Istock 1035771800 © ttsz

      Nach akuten Stresssituationen wird der Normalzustand wiederhergestellt. Unter chronischem Stress bleiben die Darmzellen jedoch unverbunden. Und so, wie die Immunzellen in den Darm einwandern können, haben es nun Krankheitserreger leichter, in den Körper zu gelangen und sich über das Blut überall auszubreiten.

      So können systemische Entzündungen entstehen, d.h. das Immunsystem wird plötzlich an allen möglichen Stellen aktiviert.

      Chronischer Stress schwächt das Immunsystem und führt auf Dauer zu Ermüdungszuständen. In der Sportmedizin spricht man dann vom „Open-Window-Phänomen“. Ein schwaches Immunsystem wirkt sehr einladend für Krankheitserreger.

      Stressregulation ist aus moderner und aus ayurvedischer Sicht einer der wichtigsten Faktoren zur Gesunderhaltung.

      Checkliste Stress

      Wie verläuft Ihre Stresskurve über den Tag?

      Wie oft haben Sie akute / kurzfristige Stressphasen am Tag?

      Was tun Sie nach akuten Stressmomenten?

      Wie viele Bewegungsmomente haben Sie im Alltag?

      (aktive Pause, Spaziergang, Cardio-Training)

      Wie stark ist der Stress, der Ihr persönliches Grundrauschen darstellt (chronischer Stress)?

      Welche Dinge stressen Sie?

      Meditieren Sie?

      Wie sieht Ihre „perfekte“ persönliche Work-Life-Balance aus?

      Was können Sie heute tun, um diesem Ziel 1% näherzukommen?

      Stark im Geist

      Die Psychoneuroimmunologie (PNI), die klinische Psychoneuroimmunologie und die Psychoneuroendokrinologie sind relativ junge Forschungsgebiete. In den Namen steckt schon der interdisziplinäre Ansatz. Hier beschäftigt man sich mit den Wechselwirkungen des Immunsystems mit der Psyche und anderen Systemen. Psycho-Neuro- Immunologie schlägt die Brücke zwischen Denken und Gesundheit auf der einen Seite, sowie Fühlen und Stressmanagement auf der anderen Seite.

      Die Forschung klärt die anatomischen und molekularen Mechanismen auf, die diesen bidirektionalen Hirn-Immun-Interaktionen zugrunde liegen. Das zentrale Nervensystem und das Immunsystem sind durch Nervenfasern, Botenstoffe und den Leukozyten-Verkehr mit dem Gehirn und dem Rückenmark verbunden. Zahlreiche Neurotransmitter von Nervenfasern können durch übereinstimmende Rezeptoren auf Immunzellen wirken, und Leukozyten selbst können diese neuronalen Botenstoffe herstellen und freisetzen. Diese Fähigkeit ermöglicht es ihnen, direkt über Nervenfasern und den Blutkreislauf Signale an das Gehirn zu senden.

      Weitere Mediatoren der Immun-Hirn-Signalübertragung sind Immunopeptide (auch Zytokine), die von Immunzellen produziert werden und über entsprechende Rezeptoren auf Nervenzellen und andere Zellen des Nervensystems (Astrozyten und Mikroglia) wirken.

      Diese Stoffe und andere Entzündungserreger wie PAMPs können in das Nervensystem eindringen, indem sie die Blut-Hirn-Schranke über Transporter-Systeme oder an undichten Stellen der Gefäße überwinden. Alle diese Signalwege können als Reaktion auf Entzündungen im Körper eine Entzündung in den Nerven auslösen und so unser Verhalten verändern. Wir fühlen uns krank und wollen ruhen, schlafen, weniger essen und auf Sex haben wir in dem Moment auch keine Lust. Manche Wissenschaftler sehen einen Zusammenhang zwischen schweren psychischen Erkrankungen und vorangegangenen Infektionen.

      So wird vermutet, dass z. B. Depressionen vielleicht durch Bakterien oder Viren hervorgerufen werden, denn

      • Mehrere Studien berichten von Entzündungsmarkern in den Gehirnen von depressiven Patienten.

      • Viele Patienten mit Depression haben auch körperliche Symptome. Sie klagen über Müdigkeit, Energieverlust und haben Schwierigkeiten, das Bett zu verlassen.

      • Es gibt Beweise für Bakterien und Viren, die die Hirnfunktion von Tieren beeinflussen, z. B. Toxoplasma gondii, den auch viele Menschen in sich tragen.

      Exkurs Toxoplasma gondii

      Toxoplasma gondii, ist ein Mikroorganismus, der sich nur in Katzen vermehrt. Über verschiedene Wege gelangt er auch in Menschen oder Mäuse. Da Mäuse - genetisch programmiert - eine Abneigung gegen Katzen haben, wird es schwierig für Toxoplasmas aus Mäusen zurück in eine Katze zu gelangen. Doch er ist in der Lage, das Gehirn einer Maus so zu verändern, dass die angeborene Angst erlischt, die Maus sich Katzen nähert und fressen lässt. Die Veränderungen im Gehirn der Maus bleiben aktiv auch wenn man den Organismus noch in der Maus abtötet.

      Beim Menschen geht man davon aus, dass er keine besondere Wirkung entfaltet außer in der Schwangerschaft. Hier kann das Ungeborene Schaden nehmen, daher wird standardmäßig auf eine Infektion getestet. In Deutschland sind es ca. 50% der