Walter G. Pfaus

Sammelband 6 Krimis: Die Konkurrenten und andere Krimis für Strand und Ferien


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Ohne seine alten KGB-Verbindungen hätte er nicht der wichtige Verbindungsmann im illegalen Kunsthandel werden können, der er zweifellos ist.“ Dennister atmete tief durch. „Leider konnte man ihm nie etwas nachweisen, aber das könnte sich nun ändern.“

      „In wie fern?“, hakte Mr McKee nach.

      „Nun, ich erwähnte ja gerade die Ermordung von Sergej Michailov. Einen Tag zuvor starb Boris Korzeniowskij in seiner Datscha unweit von St. Petersburg. Korzeniowskij stand auch mit Bykov in Kontakt und gehörte derselben Szene an. Er residierte normalerweise am Genfer See und sorgte für die Geldwäsche der Gewinne aus den illegalen Deals. Offenbar findet da gerade eine Säuberungsaktion innerhalb der Kunst-Mafia statt, die durch die Aufdeckung des Eremitage-Skandals verursacht wurde. Jeder, der irgendwie in der Sache drinhängt, versucht jetzt erstens, Kunstobjekte, die er noch auf Lager hat, möglichst schnell abzustoßen und zweitens diejenigen loszuwerden, die ihn als Mitwisser kompromittieren würden.“

      „Und Bykov soll dahinter stecken?“, fragte Mr McKee.

      „Das wissen wir nicht“, bekannte Dennister. „Wir wissen nur, dass es eine Verbindung zwischen Bykov und den bisherigen Opfern gibt.“

      „Dann könnte es durchaus sein, dass er selbst auch auf der Todesliste steht“, folgerte ich.

      „Durchaus“, stimmte Dennister zu. „Falls jemand, der über ihm in der Organisation steht, ihn als Gefahr ansieht.“

      „Jedenfalls wird Mister Bykov uns einige Fragen zu beantworteten haben“, stellte Mr McKee fest. „Bei unserem Vorgehen geht es in erster Linie darum, Bykovs Hintermänner zu ermitteln, die offenbar schon seit Jahren ihr Geschäft auch hier in New York betreiben.“

      Dennister ergriff noch einmal das Wort und ergänzte: „Um das von Mister McKee skizzierte Ziel dieser Operation zu erreichen, wurde uns Unterstützung des russischen Innenministeriums zugesagt. Sie schicken einen hochrangigen Ermittler, der sich auf dieses Gebiet spezialisiert hat. Sein Name ist Valerij Marenkov und eigentlich sollte er bereits eingetroffen sein.“

      „Es wundert mich, dass ich nichts davon gehört habe“, erklärte Mr McKee, während sich auf seiner Stirn eine Falte bildete.

      Dennister hob die Augenbrauen. „Sir, ich habe keine Ahnung, wo Marenkov bleibt. Dass Sie noch nicht informiert wurden, liegt wohl einfach daran, dass diese Art von internationaler Zusammenarbeit auf höchster Ebene in Washington verhandelt wird.“

      „Möglich“, brummte unser Chef.

      „Dass der Typ hier nicht aufgetaucht ist, liegt wahrscheinlich mal wieder an der schlechten Organisation der Russen“, äußerte sich unser Kollege Jay Kronburg.

      Dennister warf dem ehemaligen Beamten der City Police einen tadelnden Blick zu. „Haben Sie Vorurteile?“, fragte er kühl.

      „War ja nur eine Vermutung“, meinte Jay.

      „Was auch immer Sie für Vorurteile gegen Russen haben mögen – auf Marenkov treffen sie wohl kaum zu. Er ist ein hervorragender Ermittler und durch kompromissloses Vorgehen gegen die alten Seilschaften hervorgetreten.“ Dennister deutete auf unseren Kollegen Max Carter. „Ihr Kollege Agent Carter war so freundlich, heute noch in aller Schnelle ein paar Dossiers über die Leute zusammenzustellen, von denen seit langem bekannt ist, dass sie auf dem illegalen Kunstmarkt in New York irgendeine Rolle spielen. Wir werden nicht umhin kommen, einen Großteil dieser Leute abzuklappern und zu befragen, um ein klareres Bild darüber zu bekommen, was gegenwärtig in der Szene so los ist. Ich bin überzeugt davon, dass es uns mit dem entsprechenden Einsatz auch gelingen wird, die verschlungenen Pfade der Ikonen zurückzuverfolgen, die gegenwärtig den Markt überschwemmen.“

      „Gut“, nickte Mr McKee. „Ich schlage vor, dass Sie die Befragung von Bykov vornehmen.“

      Dennister lächelte dünn. „Das hatte ich mir auch so vorgestellt.“

      „Jesse und Milo werden Sie dabei begleiten“, ergänzte unser Chef. „Und die Dossiers gehen an alle G-men, die ich für diesen Fall abstelle.“

      5

      Wenig später saßen Milo und ich im Sportwagen. Der Motorenklang kam mir immer noch ziemlich fremd vor. Aber was die Leistung anging, konnte der Wagen mit jedem anderen Sportwagen aufnehmen.

      Milton Dennister benutzte seinen eigenen Wagen. Es handelte sich um einen Alpha Romeo, der ihm von der Fahrbereitschaft unseres Field Office für die Dauer seines Aufenthalts zur Verfügung gestellt worden war.

      Bykov wohnte in einem auffälligen Haus im Cast Iron Stil an der Ecke Seventh Avenue und West Huston Street in Greenwich Village. Wir stellten den Wagen auf einem der wenigen Parkplätze ab, die es in der Umgebung gab und mussten die letzten fünf Minuten bis zur Haustür zu Fuß laufen.

      Dort trafen wir Dennister, der ebenfalls zugesehen hatte, dass er seinen Wagen irgendwo in der Gegend abstellen konnte.

      „Ich habe bereits geklingelt“, erklärte Dennister. „Leider macht niemand auf. Weder in der Galerie, noch in der Privatwohnung.“

      „Versuchen wir es noch mal“, schlug Milo vor. „Um Bykov in die Fahndung zu geben, ist es vielleicht noch ein bisschen früh, oder?“

      Dennister drückte erneut auf die Klingel.

      Wir warteten ab.

      Im Untergeschoss war seine Galerie untergebracht. Darüber bewohnte er eine Etage, die mindestens zweihundert Quadratmeter hatte und damit für New Yorker Verhältnisse schon fast unverschämt groß war.

      Die Galerie machte erst am frühen Nachmittag auf.

      Offenbar konnte sich ihr Besitzer nicht vorstellen, dass es Kunstfreunde gab, die bereits am Vormittag Interesse daran hatten, sich ein paar Stücke anzusehen.

      „Die Galerie ist mehr oder minder zur Tarnung da!“, erklärte Milton Dennister. „Da finden Sie ein paar Gemälde von ausgeflippten modernen russischen Künstlern, die Bykov zu exorbitanten Preisen einkauft.“

      „Na, wenn er Sie hier in New York mit Gewinn verkaufen kann!“, gab Milo zurück.

      „Genau das ist der Punkt“, erklärte Dennister. „Wahrscheinlich kann er das nicht.“

      „Geldwäsche?“, fragte ich.

      „Ich würde sagen ja – nur ist ihm das bisher vor Gericht nicht bewiesen worden. Aber der Verdacht liegt natürlich nahe.“

      Eine ziemlich breit gebaute Frau in den Fünfzigern kam zu uns an die Tür. Sie musterte uns.

      „Wer sind Sie?“

      Ich hielt ihr meinen Ausweis unter die Nase. „Jesse Trevellian, FBI. Dies sind meine Kollegen Milo Tucker und Milton Denninger. Wir suchen Mister Vladimir Bykov.“

      „Da sind Sie hier leider verkehrt“, behauptete sie und drängte sich zwischen uns hindurch zur Tür.

      „Wieso, wohnt Mister Bykov seit neuestem nicht mehr hier?“, fragte Dennister überrascht.

      „Doch, das tut er schon. Aber Mister Bykov ist ein sehr arbeitsamer Mann. Der steht um 5 Uhr auf und erledigt seine Büroarbeit.“ Sie sah auf ihre Uhr. „Jetzt treffen Sie ihn zwei Straßen weiter bei Bradshaw’s.