Alfred Bekker

Sammelband 7 Krimis: Tuch und Tod und sechs andere Thriller auf 1000 Seiten


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seufzte innerlich. Ein paar Jahre nicht mehr im Polizeidienst und an keiner Razzia mehr beteiligt – und schon war ihm der Überblick über das Düsseldorfer Nachtleben offenbar total abhanden gekommen.

      Laut sagte er: „Was soll’s, Herr Penckenhorst. Geradlinige Erwerbsbiographien sind ohnehin selten geworden, da sind Sie keine Ausnahme.“ Er war sich nicht sicher, ob sein Gegenüber diese Bemerkung tatsächlich als witzig empfand, deshalb war es wohl das Beste, gleich die nächste Frage anzuschließen. So kam Max Penckenhorst gar nicht erst auf den dummen Gedanken, dass Berringer ihn vielleicht blöd anmachen wollte.

      Die zwei Zähne, die bei der so genannten kleinen Rangelei vor dem „Baby Love“ Penckenhorsts angeblicher Selbstverteidigung zum Opfer gefallen waren, fasste Berringer als Warnung auf. Der Kerl verstand möglicherweise keinen Spaß.

      „Hat sich in letzter Zeit irgendwer verdächtig intensiv für Gerath oder seine Pferde interessiert?“, fragte er.

      Penckenhorst nickte. „Da war vor zwei Monaten so 'n Typ hier, der wollte die Laura kaufen. Laura war ja ein Island-Pferd, und genau so eins wollte er haben. Frau Rahmeier hat ihm die Adresse von Herrn Gerath gegeben, aber ihm gleich gesagt, dass es sinnlos ist, beim Besitzer anzufragen.“

      „Wissen Sie noch den Namen?“

      „Nee. War ein unscheinbarer Typ. Halbglatze, mittelalt. Und ein Gesicht, das man sich nicht merkt.“

      „Haben Sie ihn noch mal wiedergesehen?“

      „Nein. Aber da fällt mir ein ...“

      Er zögerte, biss sich auf die Lippen, und plötzlich bildete sich eine tiefe Furche auf seiner Stirn.

      „Na los, raus damit!“, forderte Berringer. „Auch, wenn Sie denken, dass Ihre Beobachtung ohne Belang ist – für mich könnte sie wichtig sein.“

      „Vor drei Wochen war eine Frau hier, die sich nach Gerath erkundigt hat. Sie ist sofort wieder weggefahren, nachdem ich ihr gesagt habe, dass Gerath nicht auf dem Hof und auch nicht bei den Pferden sei. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut.“ Berringer runzelte die Stirn. „Was?“

      „Na ja, dass sich eine Frau für ihn interessiert, die gerade halb so alt ist wie er. Sie hätte seine Tochter sein können.“

      „Wie sah sie aus?“

      „Blondes, langes Haar, gut gebaut ... Aber das Auffälligste an ihr war die weiße Kleidung.“

      „Vollkommen weiß?“

      „Ja. Weiße Hose, weiße Steppjacke. Und was sie darunter trug war auch weiß.

      Außerdem hing ihr ein Amulett aus Holz um den Hals. Sah schon ziemlich abgedreht aus.“

      In diesem Moment wurde die Tür zum Stall aufgezogen.

      Es war Kleppke. In seinem Gefolge befanden sich uniformierte Kollegen.

      „Herr Penckenhorst?“, fragte Kleppke. „Ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen.“ Max Penckenhorst runzelte die Stirn. „Was wird hier eigentlich gespielt?“ Er wandte sich an Berringer. „Jetzt sagen Sie nicht, dass ich den ganzen Sermon noch mal Ihrem Kollegen erzählen muss!“

      Kleppke bedachte Berringer mit einem tadelnden Blick.

      „Kollege?“, echote er.

      „Ich denke, ich muss dann mal“, meine Berringer und verdrückte sich in Richtung Stalltor.

      Irgendwie musste er sich an Kleppke vorbeidrücken. Ein Königreich für eine Tarnkappe!, dachte er. Aber die waren irgendwie aus der Mode gekommen und wohl ein Opfer des textilen High-Tech-Fortschritts geworden, wie ihn Peter Geraths „Avlar Tex“ forcierte.

      Kleppkes Augen wurden schmal. Der Blick, mit dem er Berringer bedachte, hätte einen Mann mit schwächerem Herzen töten können. „Ich denke, wir unterhalten uns nachher noch, Berry!“

      Berringer zuckte mit den Schultern. „Ich kann doch nichts dafür, wenn jemand, mit dem ich nur ein kleines Schwätzchen halten möchte, die falschen Schlüsse zieht.“ Kleppkes Lächeln wirkte so dünn wie der zurückweichende Haarschatten auf seiner Glatze. „Wie wär's damit: Du könntest so ein Missverständnis richtig stellen!“

      „Ein Polizist muss das. Ich nicht.“

      „Hau nicht ab, bevor wir das nicht geklärt haben!“ Max Penckenhorst stemmte die Fäuste in die Hüften. „Könnte mir jetzt vielleicht mal jemand erklären, was hier eigentlich los ist?“

      Berringer sah zu, dass er schleunigst ins Freie kam.

      Er nutzte die Gelegenheit, um noch mit Frau Rahmeier zu sprechen.

      Die Frau in Weiß war ihr ebenfalls aufgefallen. Aber abgesehen davon, dass sie weiß gekleidet gewesen war, hatte Petra Rahmeier von ihr nicht viel behalten. „Max hat das geregelt. Sie hatte es sehr eilig und ist dann davongebraust. Ich kenne mich mit Autos nicht so aus, aber der Wagen, den sie fuhr, gehörte ins Museum. Vielleicht auch besser auf den Schrottplatz. Der Wagen klang wie 'n Panzer. Da weiß ja sogar ich, dass wahrscheinlich der Auspuff hin ist.“

      „Und was ist mit dem Typ, der Geraths Laura kaufen wollte?“

      „Der war wirklich hartnäckig und hat sich auch nach den anderen Pferden erkundigt, die Gerath bei uns ...“ Sie brach ab und schüttelte dann energisch den Kopf. „Nein, das kann nicht sein“, sagte sie. „Ich weiß, was Sie jetzt denken, aber diesem unscheinbaren Mann traue ich nun wirklich nichts Böses zu.“

      „Haben Sie einen Namen oder seine Nummer?“

      „Er nannte sich Meyer.“

      „Ach, Meyer“, sagte Berringer. „Nicht Schmitz, sondern Meyer, ja?“

      „Ja, Meyer.“ Frau Rahmeier wirkte pikiert. „Wie mein Name, nur ohne ›Rah‹.“

      „Mit ›e-i‹ oder mit ›y‹?“

      Sie grinste ihn frech an. „Ja, Rahmeier mit ›e-i‹.“

      „Ich meine den anderen Meyer, den ohne ›Rah‹.“

      „Ob Sie's glauben oder nicht, aber darüber haben wir uns nicht unterhalten.“ Berringer nickte. „'türlich nicht. Entschuldigen Sie die dummen Fragen.“

      „Aber er hat mir tatsächlich seine Nummer hinterlassen“, sagte Frau Rahmeier und klang auf einmal versöhnlich. „Für alle Fälle.“

      Berringer kam es vor, als wolle sie ihm damit ein Trostpflästerchen schenken.

      „Dann hätte ich die gern“, bat er.

      „Gehen wir ins Haus, dann gebe ich Sie Ihnen.“

      „Haben Sie Gerath davon erzählt?“

      „Ja.“

      „Und?“

      „Er hat mir eingeschärft, nie wieder irgendjemandem Auskünfte über ihn oder seine Pferde zu geben. Verkaufen würde er sie sowieso nicht. Unter keinen Umständen. Das sei so, als würde man seine Freunde verkaufen, sagte er.“ Berringer war erstaunt. Wer hätte Peter Gerath ein so hohes Maß an Sentimentalität zugetraut?

      „Ein armer Hund“, murmelte er.

      „Wer? Gerath?“, fragte sie irritiert.

      „Wenn einer nur Tiere als Freunde hat, ist er nicht zu beneiden, meinen Sie nicht?“

      „So kann man es natürlich auch sehen ...“

      Später musste sich Berringer noch das Lamento von Kleppke anhören. „Hör zu, Berry, es gibt Regeln, die eingehalten werden müssen. Wenn ich dir etwas Freiraum gelassen habe, dann deswegen, weil ich dachte, du hältst diese Regeln ein. Aber das war offenbar ein Irrtum.“

      Selbst die Telefonnummer des mysteriösen Pferdeliebhabers namens Meyer, die Berringer ihm gab, konnte