Alfred Bekker

Alfred Bekker Krimi Trio #1


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Arbeit, da sollte uns dieser Dexter nicht länger beschäftigen, als unbedingt notwendig."

      "Milo, ich möchte, dass wir das alles noch einmal durchgehen..."

      "Wenn's sein muss."

      "Muss sein."

      "Dafür bist du mir dann aber was schuldig!"

      "Durch die Handgranaten-Explosion unten im Schacht ist kaum etwas von Dexter übrig geblieben..."

      "Aber wir wissen, dass er eine automatische Waffe vom Typ FDK-234 Remington, Kaliber .44 benutzte. Von dem Schießeisen blieb genug übrig, um es identifizieren zu können..."

      "Andernfalls müssten wir ein paar Tage warten, bis die Kollegen der Ballistik die Projektile untersucht hätten, die Dexter verballert hat!"

      "Die FDK-234 ist eine automatische Waffe." Ich deutete auf den Computerschirm. Milo umrundete den Schreibtisch und sah sich die Abbildung an, die ich mir von der Internetseite des Herstellers heruntergeladen hatte. "12 Schuss sind im Magazin. Die Hülsen werden automatisch ausgeworfen, es gibt keinen Sicherungsbügel und selbstverständlich braucht man sie nicht durchzuladen..."

      "Worauf willst du hinaus, Jesse?"

      "Ich habe mir die ganze Zeit das Hirn zermartert. Ich kam einfach nicht drauf. Aber jetzt hat es klick gemacht!"

      "Na, da bin ich aber gespannt!"

      "Du musst es auch gehört haben..."

      "Was?"

      "Kurz bevor der Kerl in die Tiefe sprang, habe ich gehört, wie eine Waffe durchgeladen wurde."

      Milo sah mich entgeistert an, runzelte die Stirn und schüttelte schließlich energisch den Kopf.

      "Das gibt doch keinen Sinn, Jesse!"

      "Eben. Es sei denn, man geht davon aus, dass da noch jemand war..."

      "Das ist nicht dein Ernst!"

      "Ich habe einen Laserpointer aufblitzen sehen. Davon ist aber nichts gefunden worden, wenn man nach den Ergebnissen des Berichtes geht!"

      "Kann sein, dass er durch die Detonation so zerfetzt wurde, dass Spezialisten ein halbes Jahr die Einzelteile zusammenpuzzeln müssten..."

      "Vielleicht war Dexters Waffe auch gar nicht mit einem Laserpointer ausgestattet!"

      "Es gibt Videoaufzeichnungen des Amoklaufs, Jesse."

      "Worauf warten wir noch?"

      "Glaubst du, dass der Aufwand wirklich lohnt? Außerdem sind die Bänder im Labor. Warten wir doch einfach ab, was die Kollegen der Scientific Research Division in der Bronx herausfinden..."

      Ich erhob mich von meinem Bürostuhl.

      "Angenommen, Dexter ist gar nicht gesprungen, sondern wurde erschossen... Der Täter hätte irgendwo aus einer der anderen Liftkabinen heraus feuern können. Wie leicht sich die Außenwandung öffnen lässt, haben wir ja gesehen. Ein Kinderspiel."

      "Es gab kein Schussgeräusch."

      "Dann hat er einen Schalldämpfer benutzt."

      "Wenn du angeblich hören konntest, wie eine Waffe durchgeladen wird, dann müsstest du trotz Schalldämpfer auch etwas von dem Schuss mitgekriegt haben."

      "Hängt davon ab, ob bei der verwendeten Waffe seitlich Schall austreten kann oder nicht. Und natürlich von der Qualität des Dämpfers. Du weißt genau, dass es Modelle gibt, bei denen man wirklich so gut wie nichts hört. Außerdem gab es Nebengeräusche, die das leicht überdecken konnten. Du hast doch von dem Durchladen auch nichts mitgekriegt, Milo!"

      "Und das Mündungsfeuer? Jesse, du willst jetzt nicht behaupten, dass du so etwas gesehen hättest!"

      "Nein, das nicht...", musste ich zugeben.

      "Na siehst du!", meinte Milo. "Es war ziemlich dunkel, dass hätte richtig geblitzt, meinst du nicht auch?"

      "Je nachdem, in welchem Winkel wir zum Schützen gestanden hätten. Wenn wir mit dem Rücken zu ihm gestanden haben..."

      Milo unterbrach mich.

      "Du bist unverbesserlich, Jesse, aber diesmal hast du dich eindeutig verrannt!"

      "Milo!"

      "Wenn du deine Theorie Mister McKee vortragen willst, halte ich dich nicht ab, Jesse. Aber alles, was du damit erreichen wirst ist, dass du ein paar Tage auf Erholungsurlaub geschickt wirst! Außerdem ergibt das doch keinen Sinn, was du da sagst!"

      "Wieso?"

      "Wer sollte denn ein Motiv dazu haben, Dexter in den Fahrstuhlschacht nachzusteigen, um ihn abzuknallen? Jedenfalls besteht die Bewaffnung der Security Guards nicht aus Waffen, die mit Laserpointern ausgestattet sind. Ganz zu schweigen von einem Schalldämpfer..."

      Ohne Schalldämpfer hätten Milo und ich in dem geschlossenen Liftschacht das Schussgeräusch nicht überhören können.

      Dass einer der Wachmänner oder der Cops im Rahmen des Einsatzes auf Dexter geschossen hatte, war so gut wie auszuschließen. Der Einsatz war schließlich von Captain Rovanovich zentral koordiniert worden.

      "Es gibt noch eine Möglichkeit, die vielleicht alles erklärt, Jesse."

      Ich sah meinen Partner an, hob die Augenbrauen. "Da bin ich aber gespannt!"

      "Dexter könnte sich selbst erschossen haben. Den Lauf an die Schläfe und Peng."

      "Und warum das?"

      "Er hatte Angst, in der Tiefe auf dem Asphalt aufzuschlagen. Klingt absurd, aber psychologisch erklärbar. Du weißt selbst, dass es immer wieder Selbstmörder gibt, die auf Nummer Supersicher gehen..."

      "...und die Handgranate hat sich dann von selbst gezündet!"

      Milo schüttelte den Kopf. "Du lässt nicht locker, was? Dexter könnte den Auslöser der Handgranate zuerst betätigt, sich dann erschossen und hinabgestürzt sein."

      "Vorausgesetzt er war schnell."

      "Er war ein Marine, Jesse", gab Milo zu bedenken.

      7

      Was hast du nur getan, Ron!, durchzuckte es die junge Frau. Sie stellte die Kaffeetasse auf der Anrichte ihrer Wohnküche ab, strich sich anschließend mit einer fahrigen Geste eine blonde Strähne aus dem Gesicht.

      Susan Dexter traten Tränen in die Augen. Wie gelähmt saß sie vor dem Fernseher und starrte auf den Bildschirm. Ein Reporter in kariertem Jackett berichtete über das Thema eins aller New Yorker Lokalsender. Der Amokläufer im Macy's. Susan hatte schon am Abend davon gehört, diese Nachricht aber nicht mit ihrem Bruder Ron in Verbindung gebracht. Erst jetzt wurde ihr die Wahrheit bewusst.

      Tränen rannen ihr über das Gesicht und verwandelten ihr Make-up in ein Aquarell. Ron war zehn Jahre älter als sie. Bevor er zu den Marines gegangen war, hatte sie eine sehr starke Bindung zu ihrem großen Bruder gehabt. Später nicht mehr. Zu stark hätte er sich verändert. Dennoch, sein Tod und dessen grauenhafte Begleitumstände rissen Susan in einen Abgrund der Depression.

      Sie hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.

      Warum