Alfred Bekker

10 Urlaubskrimis Juli 2020 - Thriller Hochspannung


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      Jimmy Kim feuerte, bis kein Schuss mehr im Magazin war, dann senkte er die Waffe, riss das Magazin heraus und ersetzte es durch ein neues.

      Die beiden Dobermänner saßen kerzengerade neben ihm. Die Tiere hatten nicht einmal gezuckt. Einer der beiden ließ jetzt ein leises Winseln hören.

      „Nicht so unruhig!“, murmelte er.

      Auf die Trefferfläche des mit zahlreichen Sandsäcken abgesicherten Schießraums, den er sich im Keller seiner Villa eingerichtet hatte, erschien ein anderes Bild. Es zeigte einen maskierten Angreifer mit einer Automatik in Lebensgröße.

      Erst jetzt bemerkte Jimmy Kim, dass jemand den Raum betreten hatte.

      Ein Mann von Anfang dreißig mit asiatischen Gesichtszügen, die den seinen sehr ähnlich waren. Das blauschwarze Haar verdeckte die Ohren.

      „Ray!“, stieß er hervor.

      „Ich habe davon gehört, was im Lake Tappan an die Oberfläche gekommen ist und gleich den ersten Flieger aus Europa genommen!“

      „Du weißt, wie wichtig unsere Verbindungen dorthin sind!“

      „Sicher.“

      „Unser Geschäft muss expandieren, sonst gehen wir unter.“

      „Wann hättest du mir davon erzählt, Vater?“, fragte Ray sehr eindringlich. Sein Blick versuchte Jimmy Kim zu fixieren.

      Doch dieser wich ihm aus und versuchte den direkten Blickkontakt zu vermeiden.

      „Ich wollte nicht, dass deine Verhandlungen in Europa dadurch belastet werden. Es hängt für uns viel davon ab.“

      Jimmy Kim feuerte erneut seine Waffe ab. Er traf schlecht. Der Hauptteil der Kugeln ging in die Beine, aber die beiden Dobermänner blieben vollkommen regungslos sitzen. Wie Standbilder.

      „Die ganze Geschichte von damals kommt jetzt wieder ans Tageslicht!“, sagte er, nachdem er auch das zweite Magazin leergefeuert hatte.

      „Ich weiß, Vater.“

      18

      Unsere Kollegen Clive und Orry erreichten den Parkplatz an der Interstate 87 Richtung Paterson, New Jersey.

      Die Erkennungsdienstler Sam Folder und Mel Horster waren bereits vor ihnen eingetroffen und unterhielten sich mit Lieutenant Melissa Pherson von der New Jersey Highway Patrol, die den Wagen entdeckt hatte.

      „Clive Caravaggio, FBI, dies ist mein Kollege Orry Medina“, wandte sich der Italoamerikaner an die Beamtin der Highway Patrol. „Schön, dass Ihnen der Wagen so schnell aufgefallen ist!“

      „Er war ja in der Fahndung“, sagte Lieutenant Pherson. „Und so viele Mavericks gibt es nun auch wieder nicht. Vorne am Kuhfänger sind Lackschäden und Blutspuren.“

      „Ja, der Fahrer hat einen Fahrradkurier bei seiner Flucht brutal über den Haufen gefahren“, berichtete Orry.

      „Ich schlage vor, wir sehen uns mal nach weiteren Reifenspuren um“, schlug Clive vor. „Wir vermuten nämlich, dass der Gesuchte hier auf einen anderen Wagen umgestiegen ist.“

      Die relativ gut erhaltenen Reifenprofile mehrerer Fahrzeuge waren auf dem Parkplatz zu finden.

      „Wir werden sie alle sichern müssen“, meinte Orry.

      „Ja, und der Kerl dann noch mal zuschlägt und wir finden am Tatort ein Vergleichsprofil, werden wir wissen, welches das Richtige war“, knurrte Clive etwas missmutig.

      „Der Kerl ist ein Profi. Wir werden nicht damit rechnen können, dass er viele Fehler macht!“

      Clive wandte sich an Lieutenant Pherson. „Können Sie irgendetwas dazu sagen, wie lange dieses Fahrzeug hier schon steht?“

      Sie schüttelte den Kopf.

      „Nein, Sir. Im Moment ist unsere Personalsituation sehr angespannt, sodass wir die Abstände zwischen den Patrouillenfahrten vergrößern mussten.“

      Sam und Mell nahmen den Wagen sehr gründlich unter die Lupe. Sie fanden ein paar Haare, aus denen sich vielleicht genug DNA gewinnen ließ, um einen Test durchzuführen.

      „Wenn wir Glück haben, war der Kerl mal wegen irgendeiner Gewalttat verurteilt.“

      „Ja, aber das müsste dann schon sehr lange her sein, denn der Killer, mit dem wir es tun haben, ist äußerst geschickt“, sagte Clive. „Er muss viel Erfahrung haben.“

      „Die DNA-Reste könnten auch von den rechtmäßigen Besitzern des Wagens kommen“, gab Orry zu bedenken. „Das müssen wir erst abgleichen.“

      Schließlich kam ein Autotransporter, mit dem der Wagen nach New York zu den Labors der SRD gebracht werden sollte.

      Mell und Sam hatten ihre Untersuchungen inzwischen fürs Erste abgeschlossen.

      „Wir haben eine Substanz gefunden, die sich unter den Schuhen festgesetzt haben muss“, stellte Mell fest. „Keine Ahnung, was das ist, aber ich bin überzeugt davon, dass wir es herausfinden können.“

      „Dann wissen wir über den Kerl jetzt, dass er gut 1,90 m groß ist und irgendwann in jüngerer Zeit mal in den Dreck getreten ist“, konnte sich Orry eine sarkastische Bemerkung nicht verkneifen. „Viel ist das noch nicht!“

      „Er war außerdem Country-Fan!“, verkündete Mell.

      Die anderen sahen ihn erstaunt an. „Wie kommst du darauf?“

      „Auf dem Sender, den er eingestellt hatte, läuft von morgens bis abends Country-Musik“, erklärte Mell. Er grinste. „Ich weiß das, weil ich ihn selbst gerne höre.“

      19

      Milo und ich fuhren am Abend in die Avenue B. Den Bereich um die Avenues A, B, C und D nennt man folgerichtig auch Alphabet City. In den letzten Jahren ist dieses Gebiet zu einer Art New Yorker Vergnügungsmeile geworden. Hier konzentrierten sich die Clubs und Diskotheken. Die meisten Neueröffnungen waren hier zu verzeichnen.

      Das Butterfly war allerdings ein Club, der schon seit zwanzig Jahren existierte, auch wenn er zwischenzeitlich den Namen gewechselt hatte und die Innenausstattung alle drei Jahre einer Radikalkur unterzogen wurde.

      Nachdem wir den Türstehern unsere Dienstausweise gezeigt hatten, wurden wir eingelassen. Innen herrschte flackerndes Laserlicht. Auf den Tanzflächen war um diese Uhrzeit noch nicht allzu viel los. Wir gingen an die Bar und erkundigten uns nach Mickey Callaghan.

      Der Barkeeper verschwand für kurze Zeit durch eine Nebeneingang. Er kehrte in Begleitung eines breitschultrigen Mannes zurück, der ein graues Hemd mit weißen Streifen trug.