Kathrin Lange

Fabelmacht Bundle


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      © 2020 Arena Verlag GmbH

       Rottendorfer Straße 16, 97074 Würzburg

       Alle Rechte vorbehalten

       Text: Kathrin Lange

       Covergestaltung: Irina Smirnov nach Carolin Liepins unter Verwendung von

       Motiven von Shutterstock (© Gunnar Assmy, Lukas Gojda,

       Claudio Divizia, SH-Vector, paulrommer, spirins)

       Umschlagtypografie: Sibylle Bader

       E-Book-Herstellung und Auslieferung:

       readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

       ISBN 978-3-401-80917-5

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      Kathrin Lange

      DIE

      FABELMACHT-

      CHRONIKEN

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      Weitere Bücher von Kathrin Lange im Arena Verlag:

       Herz aus Glas Herz in Scherben Herz zu Asche Schattenflügel Septembermädchen In den Schatten siehst du mich

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      1. Auflage 2017

      © 2017 Arena Verlag GmbH, Würzburg

      Alle Rechte vorbehalten

      Covergestaltung: Carolin Liepins unter Verwendung von

      Motiven von Shutterstock (© Gunnar Assmy, Lukas Gojda,

      Claudio Divizia, SH-Vector, paulrommer)

      ISBN 978-3-401-80718-8

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      Inhaltsverzeichnis

       11

       12

       13

       14

       15

       16

       17

       18

       19

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      Glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick?«

      Mila sah von ihrem abgegriffenen Notizbuch hoch. Sie hatte versucht zu schreiben, aber sie hatte noch nicht viel zustande gebracht.

      Draußen vor dem Zugfenster waren die ersten Ausläufer von Paris zu sehen, schäbige, düster wirkende Hochhaussiedlungen, in denen der Beton alles Leben zu erdrücken schien.

      Der Mann, der Mila diese sonderbare Frage gestellt hatte, war in Straßburg zugestiegen und hatte sich ihr gegenübergesetzt. Bis eben hatte er geschwiegen, sie nur ab und an neugierig betrachtet.

      »Wie bitte?«, fragte Mila.

      »Glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick?«, wiederholte er. Er schien alt zu sein. Er war auf diese besondere Art geschrumpft, wie das nur bei sehr betagten Menschen manchmal vorkam. Mila schätzte ihn auf über achtzig. Sein Gesicht war faltig, die Augen lagen tief in den Höhlen, die von hervorstehenden Wangen- und Stirnknochen gebildet wurden.

      »Keine Ahnung«, antwortete Mila. »Ich habe noch nie darüber nachgedacht.«

      Was gelogen war. Natürlich hatte sie schon ab und zu darüber nachgedacht, ob es Liebe auf den ersten Blick gab, und wenn ja, ob sie ihr irgendwann einmal begegnen würde. Sie war siebzehn. Welches siebzehnjährige Mädchen dachte nicht über solche Sachen nach?

      Aber sie hatte keine Lust, sich mit dem Mann darüber zu unterhalten. Sie hatte überhaupt keine Lust, sich zu unterhalten.

      Sie richtete den Blick wieder auf ihr Notizbuch. Ihr Handy, das sie neben sich auf den leeren Nachbarsitz gelegt hatte, summte zum vierten Mal, seit der Zug Straßburg verlassen hatte. Mila warf einen Blick auf die Textnachricht, die sie erhalten hatte.

      »Wo bist du??????«

      Mittlerweile war ihre Mutter bei sechs Fragezeichen angekommen. Nicht mehr lange und sie würde auch anfangen zu fluchen.

      Du mich auch!, dachte Mila und drehte das Telefon um, sodass sie die Nachrichten nicht mehr sehen musste.

      »Sie sollten ihm antworten«, sagte der alte Mann. Jetzt fiel Mila auf, wie altmodisch sein Französisch klang. Trotzdem konnte sie ihn gut verstehen. Sie war in Paris geboren, aber gleich nach ihrer Geburt hatte ihre Mutter Frankreich verlassen und war mit ihr nach Berlin gezogen. Aus diesem Grund war Mila mehr oder weniger zweisprachig aufgewachsen. Sie sprach Französisch fast genauso gut wie Deutsch.

      Mila sah dem Mann ins Gesicht, und das schien ihm ein wenig unangenehm zu sein. Nervös kratzte er sich mit dem kleinen Finger den Nasenflügel. Seine Nägel waren ein bisschen zu lang für einen Mann und sorgfältig gefeilt. Auch an seinen Händen erkannte man sein Alter: dürr, knotig waren sie, mit faltiger Haut. Mila musste bei ihrem Anblick an den Geruch von Pergament und altem Leder denken.

      Der Mantel, den der Alte trotz der stickigen Luft im Zug nicht ausgezogen hatte, war von einem unauffälligen Grau, was insgesamt zu ihm zu passen schien. Irgendwie wirkte er, als sei er nicht richtig existent.

      »Woher wissen Sie, dass es ein Er ist?«, fragte Mila.

      »Ich habe nur geraten. Seit Straßburg haben Sie vier Nachrichten erhalten und keine davon beantwortet. Dafür haben Sie mindestens zwanzigmal geseufzt.« Er schürzte die Lippen zu einer Art Kussmund, dann zog er sie ein, als müsse er seine Zähne davon abhalten, ihm aus dem Mund zu fallen. »Das lässt mich auf Liebeskummer tippen.«

      »Kein Liebeskummer, nein.« Sie drehte ihren Bleistift zwischen den Fingern.