verursachen durften.
Bount schälte mit einem Messer das Holz in der Umgebung eines Nagels heraus. Nach ihm unendlich lang erscheinender Zeit lockerte sich der Eisenstift etwas. Er arbeitete weiter, bis er den Nagel entfernen konnte. Das war erst der Anfang.
Er brauchte mehr als eine Stunde, bis er endlich das Brett mit beiden Fäusten packen und herunterdrücken konnte. Immer wenn es knackte, hielt er inne, lief zur Tür und lauschte. Die Gangster schienen nichts zu bemerken.
Um durch die Lücke steigen zu können, musste er wenigstens noch zwei weitere Bretter entfernen. Er sah, dass Strother Lynch noch nicht so weit war wie er. Aus der Werkzeugtasche Peter Brass’ gab er dem Mann ein paar Hilfsmittel, die ihm die Schufterei erleichterten.
„Wenn Mabel etwas zustößt, werden die Schufte das bereuen“, murmelte Lynch. „Ich hoffe, Sie helfen mir dabei.“
„Auch ohne ausdrücklichen Auftrag, Lynch. Ich hätte nicht gedacht, dass wir noch einmal auf derselben Seite kämpfen würden.“
Strother Lynch grinste schief. Dann wandte er sich ab und kümmerte sich um seine Bretter.
Bei der zweiten und dritten Bohle ging es etwas schneller. Bount nahm alles mit, wovon er glaubte, es brauchen zu können. Dann zwängte er sich durch den Spalt. Anschließend half er Lynch bei der Vollendung des Durchbruchs.
Endlich standen sie in dem angrenzenden Raum. Bount prüfte die Tür. Wider Erwarten war auch sie verschlossen. Er kehrte in sein Zimmer zurück und öffnete erneut das Fenster. Wieder war die Wache auf dem Posten.
Das hatte er wissen wollen. Hier oben konnte also höchstens ein Gegner lauern. Das war ein Vorteil. Er wandte sich nun dem Schloss zu, und Strother Lynch beobachtete ihn erstaunt.
„Ich stelle immer mehr sympathische Eigenschaften an Ihnen fest, Reiniger. Mit Ihren Fähigkeiten gehören Sie ja direkt zu uns.“
Bount blickte ihn flüchtig an.
„Ich glaube, Mabel würde es gefallen, wenn Sie es wären, der die Fronten wechselt.“
Strother Lynch antwortete nicht. Er sah recht nachdenklich aus.
Mit leisem Klicken gab das Schloss nach.
Bevor Bount die Tür öffnete, sagte er: „Gehen Sie in mein Zimmer, und machen Sie sich an der Tür zu schaffen!“
„Wozu?“
„Um den Gangster abzulenken.“
„Aber dann kann ich Ihnen nicht helfen.“
„Sie haben mir schon geholfen. Beeilen Sie sich! Wir müssen auch noch Benzin besorgen.“
Strother Lynch hatte noch mehr Mühe, durch die Öffnungen zu gelangen, weil er stämmiger war als der Privatdetektiv. Aber er schaffte es.
Wenig später hörte Bount, wie er an der Tür hantierte.
Der Gangster wurde sofort aufmerksam. Bount konnte hören, dass er ganz in der Nähe gesessen haben musste. Jetzt schritt er vorbei und rief missmutig: „Gib Ruhe, Reiniger! Sonst probiere ich aus, ob ich dich durch die Tür hindurch treffe.“
Bount öffnete die Tür vorsichtig einen Spalt. Er sah den breiten Rücken von Shatson vor sich. Der Gangster hielt eine MPi und marschierte damit auf die Tür zu, hinter der er Bount Reiniger vermutete. Bount umklammerte die fremde Pistole. Er hatte sie nicht ausprobieren können. Wenn sie versagte, bedeutete das seinen Tod.
Die Tür knarrte.
Der Gangster stutzte und drehte sich um.
Mit einem weiten Satz sprang Bount aus dem Raum fast bis zur Treppe. Er ging in Hockstellung und zielte auf Shatson, der den Abzug durchriss und einen Viertelkreis beschrieb.
Bount warf sich flach hin und drückte ab. Die Geschosse fauchten heiß über ihn hinweg. Sie hämmerten in das Holz und rissen Späne heraus, die Bount um die Ohren flogen.
Der Gangster war nicht getroffen. Bount rollte blitzschnell weiter über den Boden und feuerte. Die Pistole taugte nichts. Ein gezielter Schuss aus zehn Schritten Entfernung war fast ausgeschlossen. Aber er hatte Glück. Eine Kugel traf.
Shatson brüllte wie ein Stier. Aber er ließ die MPi nicht los. Er klammerte sich daran wie an einen Rettungsanker und richtete sie auf seinen Gegner, der das Magazin leer geschossen hatte.
Sein Gesicht verzerrte sich, als er erneut abdrückte. Gleichzeitig brach er in den Knien ein, so dass die Garbe eine Handbreit über Bount hinwegfegte.
Dafür aber wurde es unten an der Treppe laut. Hurt hatte begriffen, dass es sich hier nicht nur um Warnschüsse handelte. Er kam seinem Komplizen zu Hilfe und fiel Bount in den Rücken.
Bount sprintete vor.
Shatson gab sich noch immer nicht geschlagen. Er lag zwar schon am Boden, aber er wusste, dass sein Gegner ohne Waffe geliefert war.
„Mach ihn fertig, Hurt!“, brüllte er. „Er hat mich reingelegt.“
Hurt tauchte an der Treppe auf. Bount hechtete auf Shatson zu und entriss ihm die MPi.
Hinter ihm peitschten Schüsse auf. Hurt nahm auf seinen verletzten Kumpan keine Rücksicht. Shatson starb im Kugelhagel des Gangsters.
Bount parierte mit einem kurzen Feuerstoß. Dann war auch diese Waffe leer. Das genügte aber. Hurt riss die Arme hoch und polterte rückwärts die Treppe hinunter. Seine MPi folgte ihm.
Bount zögerte nicht. Er durfte den Gangster nicht zur Besinnung kommen lassen. Tot war er sicher nicht. Er hatte lediglich auf die Beine gezielt.
Er raste zur Treppe und sah, wie Hurt auf die Maschinenpistole zukroch.
Da sprang Bount. Er prallte auf den Gangster und schleuderte ihn zur Seite. Ein gezielter Fausthieb setzte den Burschen außer Gefecht.
Bount richtete sich auf. Er war sich bewusst, dass die Überwältigung der beiden Gangster nur der erste kleine Schritt war.
21
Shatson war tot, Hurt am rechten Unterschenkel verletzt. Eine sofortige ärztliche Versorgung war nicht erforderlich.
Strother Lynch hielt es nicht länger hinter der Tür. Er trat auf den Gang und stellte fest, dass es hier für ihn nichts mehr zu tun gab.
„Lassen Sie Palmer und Pool heraus“, sagte Bount. „Ich nehme Jim die Handschellen ab. Die brauchen wir jetzt für Hurt.“
„Wollen Sie den Schwarzen laufenlassen?“
„Er bekommt ein paar feste Stricke. Er ist mir nicht so wichtig wie der Gangster, das sehen Sie wohl ein.“
Lynch brach die Türen auf und befreite den Reverend und den Gefängnisdirektor.
„Dem Himmel sei Dank“, sagte Pool. „Ich habe schon das Schlimmste befürchtet.“
„Für die Gangster ist es schlimm genug“, fand Bount. „Aber jetzt müssen wir an die Frauen denken. Unten steht zwar ein Chrysler, aber wir können ihn nicht bis zur nächsten Tankstelle schieben. Ich schlage vor, dass wir leere Kanister suchen und in verschiedenen Richtungen nach einer Zapfsäule forschen, die auch nachts Benzin ausspuckt.“
Der Reverend lächelte fein.
„Das wird nicht nötig sein, meine Herren“, meinte er. „Fünf Gallonen Benzin werden hoffentlich fürs Erste ausreichen.“ .
Bount staunte. „Und wo wollen Sie die herzaubern?“
„Aus dem Schuppen. Was ich heute Abend ausgeschüttet habe, war simples Wasser. Der kluge Mann baut vor.“
Bount konnte es nicht glauben.
„Sind Sie sicher, dass Sie schon immer Geistlicher waren, Reverend?“, erkundigte er sich lachend. „Sie machen ja den ausgekochtesten